Wirtschaft

"Mit leeren Händen" Deutsche Bank enttäuscht Agrar-Experten

Für die einen ist es ein riesiges Geschäft ...

Für die einen ist es ein riesiges Geschäft ...

(Foto: picture alliance / dpa)

Treiben verantwortungslose Spekulanten die Lebensmittelpreise in die Höhe? Oder tragen die Investitionen zu mehr Stabilität an den Agrarmärkten bei? Die Deutsche Bank bittet unabhängige Experten zum Gespräch - und erntet ernüchterte Reaktionen.

... für die anderen ein lebenswichtiges Grundnahrungsmittel.

... für die anderen ein lebenswichtiges Grundnahrungsmittel.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Kritiker von Spekulationsgeschäften mit Lebensmittel-Rohstoffen haben ein Treffen mit führenden Vertretern der Deutschen Bank enttäuscht verlassen. "Die Deutsche Bank kam mit leeren Händen", erklärte der Geschäftsführer der Verbraucher-Organisation Foodwatch, Thilo Bode, nach der siebenstündigen Experten-Diskussion in der Zentrale der Deutschen Bank in Frankfurt. "Weder konnte sie entkräften, dass ihre Finanzprodukte zu Preissteigerungen von Lebensmitteln beitragen, noch hat sie endlich einen Schlussstrich unter die Geschäfte mit dem Hunger gezogen." Ein konstruktiver Dialog sei unmöglich, so lange die Deutsche Bank nicht offen über den Umfang ihrer Spekulationsgeschäfte informiere.

Organisationen wie Foodwatch und Oxfam werfen Banken vor, durch die hauseigenen Termingeschäfte mit Getreide, Öl und anderen Rohstoffen die Preise für Nahrungsmittel in die Höhe zu treiben - mit teils verheerenden Folgen für Menschen in Entwicklungsländern und angrenzenden Weltregionen. Tatsächlich haben Geschäfte mit Agrarrohstoffen wie etwa Getreide, Mais, Zucker oder auch Pflanzenöl in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Das Volumen der investierten Gelder ist durch den Zustrom breiter Anlegerschichten - und den Mangel an Alternativen am Anlagemarkt - massiv angeschwollen.

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Mittlerweile investieren längst nicht mehr nur Landwirte und Agrarhändler in spezielle Finanzprodukte, die ursprünglich zur Absicherung gegen Preisschwankungen am Markt entwickelt worden waren. So können sich zum Beispiel Bauern mit dem Kauf der an Börsen gehandelten Papiere gegen fallende Preise absichern.

Die Vorwürfe gegen die Banken allerdings wiegt schwer: Indirekt trügen die Geldhäuser durch ihre milliardenschweren Spekulationsgeschäfte zur Instabilität und zum Hunger in der Dritten Welt bei, heißt es. Nicht wenige Experten sehen in den rapide gestiegenen Lebensmittelpreisen ab 2010 auch einen der wichtigsten Auslöser für die Umsturzbewegungen des sogenannten "Arabischen Frühlings".

Teil des Weltgeschehens

Die Deutsche Bank sieht sich als weltweit aktive Großbank bereits seit längerem mit diesen Vorwürfen konfrontiert. In einer Geste der Dialogbereitschaft ging sie nun auf ihre Kritiker zu und bat namhafte Vertreter aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen zum Gespräch nach Frankfurt ein.

Zu dem Treffen waren fast 40 Vertreter von Kirchen, Nichtregierungs-Organisationen, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft geladen, unter anderem aus dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft und von der Allianz. Der Versicherer, der unter anderem über seine Fondstochter Pimco zu den Investmentschwergewichten zählt, hatte einen Zusammenhang von Spekulationsgeschäften und Nahrungsmittelpreisen ebenfalls zurückgewiesen.

"Geheimkonferenz" in der Zentrale

Die Tagung unter dem Motto "Preisentwicklung bei Agrarrohstoffen - Wer ist wie in der Verantwortung?" fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der "Spiegel" sprach in diesem Zusammenhang von einer "Geheimkonferenz", die unter der sogenannten "Chatham House Rule" stattfinden sollte. Diese Vertraulichkeitsregel ist nach einer berühmten britischen Denkfabrik benannt, die für ihre hochkarätig besetzten Gesprächsrunden bekannt wurde.

Die Regelung ist eigentlich nicht weiter ungewöhnlich: Sie soll Teilnehmer schlicht davor schützen, Rücksicht auf juristische Formulierungen nehmen zu müssen. Gerade in Bankkreisen ist eine solche Vereinbarung oft die einzige Möglichkeit, Gesprächsteilnehmer eine offene und freie Auseinandersetzung zu ermöglichen - ohne, dass die Beteiligten fürchten müssen, für ihre Äußerungen belangt zu werden.

Wer saß mit am Tisch?

Konkret dürfen Teilnehmer nach einer solchen Veranstaltung zwar über die debattierten Themen sprechen, nicht aber aufdecken, wer sich konkret wie geäußert hat. Auch wer an der Runde überhaupt teilgenommen hat, soll nach der Chatham-Regel eigentlich im Schutz der Vertraulichkeit bleiben. Problematisch ist in diesem Zusammenhang nur, dass die Kritiker der Bank seit Jahren für mehr Offenheit in Fragen der Agrarspekulation plädieren. Zumindest in diesem Punkt konnte die Gesprächseinladung der Bank also wenig Neuigkeiten bringen.

In der Branche zeigt der öffentliche Gegenwind allerdings bereits Wirkung. Spekulationsgeschäfte mit Nahrungsmitteln sind vielen Deutschen nicht geheuer. Aktivitäten in diesem Bereich gelten mittlerweile als Image-Risiko. Eine ganze Reihe deutscher Banken hat bereits reagiert und sich öffentlichkeitswirksam aus dem Rohstoff-Derivatemarkt zurückgezogen. Auch die Deutsche Bank reduzierte ihr Geschäft mit den sogenannten physisch gehaltenen Rohstoffen zurück, hält aber am Derivate-Handel weiter fest.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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