Wirtschaft

Wenn die Börsen panisch zucken Der heikle Tag nach der US-Wahl

Börsianer müssen jetzt die Nerven bewahren.

Börsianer müssen jetzt die Nerven bewahren.

(Foto: REUTERS)

Der Ausgang der US-Wahl ist noch völlig unklar. Aber eins steht fest: Die Börsen werden am Mittwoch, einen Tag nach der Wahl, heftig ausschlagen - unabhängig davon, wer gewinnt.

Als sich Barack Obama vor acht Jahren gegen John MacCain im Rennen um die US-Präsidentschaft durchgesetzt hatte, reagierte die Börse mit einem zweitägigen Kursrutsch. Mehr als zwei Billionen Dollar an Aktienvermögen wurden vernichtet. Vier Jahre später, als er wiedergewählt wurde, lief es nicht besser. Damals erlitt der S&P500 seinen größten Verlust des gesamten Jahres.

Die ersten Reaktionen nach einer Präsidentenwahl in den USA sind seit jeher heftig. Ob Republikaner oder Demokrat - die Börse macht da keinen Unterschied. Die gute Nachricht ist: Über die weitere Kursentwicklung an den Börsen sagt das gar nichts aus. Während der Amtszeit von Obama liefen die Aktienmärkte gut: Der S&P 500 gewann im Schnitt jedes Jahr 13,3 Prozent. Unterm Strich lief der Index sogar besser als während neun seiner zwölf Vorgängerregierungen.

Dax
Dax 18.492,49

Schon im Vorfeld der jetzigen Wahlen, bei denen sich Hillary Clinton und Donald Trump ein enges Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, zeigen sich Börsianer extrem nervös. Vier Prozent hat die Unsicherheit über den Wahlausgang den deutschen Leitindex Dax in der vergangenen Woche gekostet. Am Montag, einen Tag vor der Wahl geht es wieder in die andere Richtigung. Börsianer bewegen sich zwischen Hoffen und Bangen. Diese hypervolatile Börse gibt einen Vorgeschmack darauf, was am Mittwoch passieren könnte.

Mittwoch könnte heftig werden

Bloomberg hat Statistiken ausgewertet, die zeigen, dass die Ausschläge an den Nachwahltagen im Schnitt zwei Mal so heftig sind wie an normalen Handelstagen. Der S&P 500 schwankte in der Vergangenheit an diesem Tag durchschnittlich um 1,5 Prozent. Experten erklären dieses Phänomen damit, dass es sich die Börsianer auch nach der Wahl mit ihren Einschätzungen der neuen Präsidenten nicht leicht machen. Investoren würden sich eine zweite Meinung bilden, dabei komme es auch zu Überreaktionen, zitiert Bloomberg David Brown, Professor an der Universitiy of Wisconsin. Insbesondere "böse Ereignisse" führten dazu, dass Menschen kurzfristig reagierten.

Auch wenn die derzeitigen nervösen Zuckungen nichts Gutes für den Mittwoch ahnen lassen, zeigen sich die Börsen zuletzt aber immer noch erstaunlich robust. Denn historisch betrachtet liegt die Volatilität in diesem November deutlich niedriger als in den Vorjahren - und das, obwohl gewählt wird. Die Schwankungsbreite im S&P 500 lag zuletzt bei 16,8, das sind 55 Prozent weniger als am Schnitt. Das könnte bedeuten, dass Anleger entweder stärkere Nerven haben als in den Jahren zuvor. Oder aber, sie sind auf dem Sprung.

Plötzlich scharenweise abspringen könnten sie, wenn Trump gewählt würde. Der Immobilienmagnat ist das Schreckgespenst der Börsianer. Sollte er in die Lage kommen, sein Programm voll oder annähernd voll umzusetzen, würde die US-Wirtschaft zunächst langsamer wachsen und dann in eine Rezession fallen, prognostiziert der Chefvolkswirt des Vermögensverwalters Amundi, Didier Borowski. Ein ungebremster Trump wäre für die USA verheerend.

Trotzdem gilt auch für einen Trump-Sieg: Dass mit den ersten heftigen Reaktionen die Richtung für die darauffolgenden zwölf Börsenmonate vorgegeben wird, ist eher unwahrscheinlich. Laut Finanzagentur ist der S&P 500 in den zurückliegenden 22 Präsidentschaftswahlen am Tag nach der Wahl 15 Mal gefallen. Im Jahr darauf sind die Kurse aber in neun von zehn Fällen wieder gestiegen.

Demokrat oder Republikaner ist eins

Ob ein Demokrat oder ein Republikaner gewählt wird, ist für die Börsen letztlich nicht entscheidend. Auch das belegen die Statistiken. Laut Leuthold Group LLC hat der S&P-500-Index seit 1928 nach der Wahl eines Demokraten 27,7 Prozent zugelegt, nach einem republikanischen Wahlsieg waren es 27,3 Prozent. Für Doug Ramsey, Chef-Investment-Banker von Leuthold gibt es dafür drei Gründe: Die Märkte hätten die Wahl des jeweiligen Präsidenten vorweggenommen, die Kandidaten seien in den Kursen also bereits "eingepreist"; nach der Wahl gebe es andere kursbewegende Ereignisse; oder den Investoren sei es am Ende schlicht egal, wer regiere.

Wahlen seien emotionale Ereignisse für Börsianer und Kaufentscheidungen rund um Wahlen schwierig, sagt Thomas Melcher, Chef-Investment-Banker bei PNC Asset Management Group Bloomberg. Erfahrungen mit großen Emotionen rund um eine Wahl konnten Anleger kürzlich mit dem Brexit-Votum sammeln. Das Referendum für den EU-Austritt hat viele kalt erwischt. Umfragen hatten ein anderes Szenario prognostiziert, Anleger wogen sich fälschlicherweise in Sicherheit. Erik Davidson von Wells Fargo gehörte zu denen, die ihre Ängste am 24. Juni nach dem Votum im Griff hatten, als der S&P-Index 3,6 Prozent verlor, zitiert ihn Bloomberg. Seitdem hat sich der Aktienmarkt wieder um 2,3 Prozent zugelegt.

"Wenn Trump gewinnt, könnte es einen Ausverkauf an den Märkten geben, so wie nach dem Brexit-Votum. Wir haben aber auch gesehen, dass die Märkte sich wieder erholen", so Davidson. "Wenn Donald Trump gewählt wird, ist das besorgniserregend, es gibt aber so viele andere Dinge, die gut laufen." So bitter ein Ausverkauf auch sei, er biete auch immer eine Kaufgelegenheit, sagt Melcher. "Der Staub wird sich legen und die Leute werden begreifen, dass die US-Wirtschaft gut läuft."

Anleger sollten also nicht in Panik verfallen. Zur Beruhigung der Hinweis: Die Vorzeichen stehen immer noch auf eine Administration "Clinton light" und nicht "Trump hardcore". Und selbst wenn Trump gewinnen sollte, liegt die Wahrscheinlichkeit, dass er durchregieren kann und die Republikaner in allen Häusern die Macht haben, nahe null. Wer schwache Nerven hat, sollte die kommenden Handelstage verschlafen. Gut möglich, dass die Börsen dann - wenn man die Spitzen kurz vor und nach der Wahl ausklammert - eine Flatline zeigen, so als wäre nichts gewesen.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen