Wirtschaft

Alle wetten auf Elon Musk Der Irrsinn der Tesla-Aktionäre

Tesla-Chef Elon Musk bei der Vorstellung des Model 3 im vergangenen Jahr. Bis heute stockt die Massenproduktion.

Tesla-Chef Elon Musk bei der Vorstellung des Model 3 im vergangenen Jahr. Bis heute stockt die Massenproduktion.

(Foto: picture alliance / Andrej Sokolo)

Tesla verbrennt Milliarden, ächzt unter hohen Schulden und feuert nun plötzlich neun Prozent der Belegschaft. Trotzdem halten die Anleger Elon Musks Wunderkonzern die Stange und pushen die Aktie. Ist das geniale Strategie - oder Wahnsinn?

Dass Tesla ernste Probleme hat, ist nicht mehr zu übersehen. Man merkt es daran, dass Konzernchef Elon Musk immer dünnhäutiger auf Kritik reagiert. Analysten kanzelte er kürzlich bei einer Telefonkonferenz  zu den mageren Quartalszahlen als "Dummköpfe, die langweilige Fragen stellen" ab. Wenig später warf er den Medien in bester Trump-Manier "selbstgefällige Heuchelei" vor.

Der Befreiungsschlag, den Musk gestern angekündigt hat, ist daher ein stilles Eingeständnis, dass seine Kritiker doch nicht ganz unrecht haben: Der Elektroauto-Pionier will neun Prozent aller Mitarbeiter feuern, um die Kosten zu senken: "Wir werden unsere Mission niemals erfüllen können, wenn wir nicht irgendwann demonstrieren, dass wir dauerhaft profitabel sein können."

Es ist das bisher deutlichste Zeichen, dass auch Tesla die Gesetzmäßigkeiten der Wirtschaft nicht völlig aushebeln kann. Der Druck auf Musk, die anhaltenden Probleme bei der Serienfertigung seines ersten massentauglichen Elektroautos Model 3 endlich in den Griff zu kriegen, wächst stetig. Trotzdem hält das die meisten Investoren nicht davon ab, immer neues Geld in die Firma zu pumpen, die seit ihrer Gründung vor 15 Jahren noch kein einziges Mal Gewinn geschrieben hat.

Die Mehrheit der Tesla-Anleger reagierte nicht etwa mit Panik, sondern Freudensprüngen auf Musks Notfallplan: Die Aktie legte noch mehr als drei Prozent zu. Auch von ihrem Allzeithoch von rund 390 Dollar ist sie nicht mehr weit entfernt. Die Anleger liegen Musk weiter zu Füßen. Ist ihr Glaube an den revolutionären Gründergeist des einstiegen Paypal-Miterfinders noch berechtigt - oder trübt die Hoffnung auf Profite ihren Blick?

Musk verbrennt 390.000 Dollar - pro Stunde

Es gibt wohl kaum eine andere Firma, die so gravierende Rückschläge ähnlich leicht weggesteckt hätte wie Tesla. Tote bei Unfällen mit dem Autopilot, eine Kette von Produktionsproblemen, die Revolte kritischer Aktionäre gegen Elon Musk - nichts scheint Tesla und seinem Gründer bisher etwas anhaben zu können. Der hat trotz all der Hiobsbotschaften sogar noch Zeit, auf Twitter zu scherzen, Tesla sei pleite.

Dabei ist das gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt. In jeder Stunde verbrennt der Autobauer 390.000 Dollar. 2017 stand unterm Strich ein Minus von mehr als zwei Milliarden Dollar. Allein im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres hat Tesla fast 800 Millionen Dollar Verlust gemacht. Inzwischen steht Musks Konzern mit fast 80 Prozent seines Vermögens in der Kreide. Allein seinen Kunden schuldet er fast eine Milliarde Dollar. Sie haben das Geld als Anzahlung für bestellte Wagen hinterlegt, die bisher nicht geliefert wurden.

Doch trotz alldem ist Tesla an der Börse inzwischen 13 Mal mehr wert als auf dem Papier. In den Augen der Aktionäre ist Musks E-Auto-Schmiede wertvoller als der Autoriese Ford, der im vergangenen Jahr über sechs Millionen Wagen verkauft und mehr als sieben Milliarden Dollar verdient hat. Der einzige Grund für diesen Optimismus ist ihr ungebrochener Glaube an Elon Musks Vision, "den Wandel der Welt zu nachhaltiger Energie zu beschleunigen". Sie wetten darauf, dass der Tech-Milliardär die Probleme schon irgendwie lösen und Tesla zum Jahrhunderterfolg machen wird.

Tesla steht am Scheideweg

Für die Investoren geht es um alles oder nichts. Entweder bekommt Tesla jetzt die Kurve und schafft es, die Massenproduktion seiner Elektroautos in Gang zu bringen. Oder die Firma wird zum Milliardenflop. Musk hat versprochen, das angepeilte Produktionsziel von 5000 Model 3 nun im Juni endlich zu erreichen und im dritten und vierten Quartal erstmals einen Gewinn einzufahren.

Doch es gibt immer mehr Warnsignale: Die etablierten Autoriesen, die schon seit Jahrzehnten profitabel produzieren, werkeln ebenfalls unter Hochdruck daran, massentaugliche E-Modelle auf den Markt zu bringen. Teslas unbestrittener Innovationsvorsprung schrumpft. Dass Musk einfach so tausende Manager entlassen kann wirft die Frage auf, ob sie eigentlich gebraucht wurden. Und falls doch, ob er sie vielleicht einfach nicht mehr bezahlen kann. Analysten mutmaßen schon länger, dass Tesla angesichts der Produktionsprobleme beim Model 3 bald frisches Geld braucht.

Einige von Teslas führenden Köpfen haben den Glauben an Musk schon verloren. Sein Chefingenieur nahm sich im Mai inmitten der Produktionskrise plötzlich eine Auszeit - angeblich nur für sechs Wochen. Im Februar hatte sich schon Musks globaler Verkaufschef verabschiedet. Und sein Finanzchef hatte dem Konzern schon Anfang 2017 den Rücken gekehrt. Die Aktionäre halten Tesla bisher weiter die Treue.

Quelle: ntv.de

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