Wirtschaft

"Zocker sind am Werk" Chinas Börsen crashen wieder

Vorbei ist es mit der Beruhigung am chinesischen Aktienmarkt: Stattliche 8,5 Prozent büßt der Leitindex Shanghai-Composite zum Wochenauftakt ein. Die Gründe sind vielschichtig.

Mit dem größten Tagesverlust seit acht Jahren wartet der Leitindex Shanghai Composite zum Wochenstart auf. Um 8,5 Prozent sackte er ab. Der Shenzhen Composite Index gab 7,0 Prozent nach. An der mit Schanghai verbundenen Nachbarbörse in Hongkong verlor das Marktbarometer 3,2 Prozent. In Taiwan fiel der Index um 2,4 Prozent auf ein Neunmonatstief. Nach schwachen Vorgaben vom Freitag aus Europa und den USA, wo der Dow Jones die schwächste Börsenwoche seit Januar verzeichnete, verlor der Tokioter Nikkei-Index 0,9 Prozent auf 20.353 Punkte. In Seoul ging es um 0,3 Prozent bergab.

Shanghai Composite
Shanghai Composite 2.993,14

Die Investoren vertrauten momentan nicht darauf, dass die Börsenkurse wieder nach oben gingen, zitierte die Nachrichtenagentur Bloomberg den Börsenhändler Jimmy Zuo. Nachdem in Shanghai die Kurse unter 4000 Punkte gefallen seien, wollten die Anleger nun noch "ihre Gewinne einstreichen".

Staat probiert und probiert

In den vergangenen Wochen waren die Aktienkurse in China dramatisch gesunken. Der Shanghai Composite etwa büßte mehr als 30 Prozent an Wert ein. Insgesamt wurden umgerechnet mehrere Billionen Dollar Kapital vernichtet. Um die Börsen zu stabilisieren, griff die chinesische Regierung zu drastischen Maßnahmen: Sie verbot unter anderem Großaktionären und Managern börsennotierter Unternehmen, ihre Aktien in den kommenden sechs Monaten zu verkaufen.

Offenbar ist ein Test, ob die Börse auch ohne staatliche Stützungsmaßnahmen wieder stabil ist, nach hinten losgegangen. "Die vorangegangene Unterstützung der Regierung wird offensichtlich nicht durchzuhalten sein", warnte Fu Xuejun, Marktstratege bei Huarong Securities. "Sie dürften heute ihre Stützungsmaßnahmen zurückgefahren haben, um zu testen, ob der Markt widerstandsfähiger geworden ist. Die Regierung will die staatlichen Fonds zur Stabilisierung des Marktes einsetzen, und nicht etwa dazu, den Index über Nacht wieder auf 5000 Punkte nach oben zu treiben", erläuterte der Experte. Er rechnet damit, dass der Staat in den nächsten beiden Tagen wieder stützend auf den Plan treten wird.

Unternehmensgewinne schrumpfen

Die Kursrutsche vor allem in China schüren weltweit Ängste vor einem Crash an den Börsen der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt. Das hätte dann auch Auswirkungen auf die Entwicklung der Weltwirtschaft. Erste Anzeichen sind bereits im Reich der Mitte spürbar.

So sanken die Gewinne der chinesischen Konzerne trotz weiterer Zinssenkungen im Juni 0,3 Prozent. Im Mai war noch ein Zuwachs von 0,6 Prozent verzeichnet worden, im April sogar von 2,6 Prozent - das war das erste Plus seit September 2014. Insgesamt schrumpften die Gewinne der Unternehmen im ersten Halbjahr um 0,7 Prozent.

"Zocker am Werk"

"Da waren einige Zocker am Werk", sagte n-tv-Börsenexpertin Corinna Wohlfeil. Weil die Kurse zunächst deutlich zugelegt hätten, seien auch Kleinanleger nahezu "blind eingestiegen", hätten auf Pump Aktien gekauft. Als die Notierungen dann drehten, seien sie nervös geworden. Nach einigen Kurseinbrüchen habe die Regierung in Peking interveniert – mit eher durchwachsenem Erfolg, wie sich nun zeigte, so Wohlfeil weiter.

"Das Risiko China ist größer als wir glauben", sagt Wohlfeil. Nun drückten die Verluste zusätzlich auf die Kauflaune. Das wiederum belaste die Konjunktur - und wirke sich auch auf andere Aktienmärkte aus. In Deutschland gab der Dax zum Start in die neue Handelswoche deutlich nach, nachdem er bereits in der Vorwoche rund drei Prozent verloren hatte.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ/AFP

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