Wirtschaft

Autobranche zittert vor China VW, BMW und Co. befürchten "Vergeltung"

Jedes Jahr verkaufen Europas Automobilbauer mehr Autos nach China - allen voran die deutschen Hersteller Audi, BMW, Daimler, VW und Porsche. Das Reich der Mitte ist für manchen Konzern schon der wichtigste Absatzmarkt der Welt. Nun droht Ärger. Hausgemacht, denn Hintergrund ist der Streit um Solar-Strafzölle.

Der Handelsstreit der EU mit China könnte Europas Autobauern auf dem weltgrößten Absatzmarkt schaden. Außer Strafzöllen auf europäischen Wein erwäge die Regierung in Peking auch zusätzliche Zölle auf den Import von Autos aus Europa, befürchtet der Verband der europäischen Fahrzeughersteller Acea. Damit sei zu rechnen, falls die EU-Kommission nicht von ihrer gegenwärtigen Handelspolitik gegenüber China abweiche und die Strafzölle auf chinesische Solarmodule zurücknehme. Wenn es keine Verbesserung des politischen Klimas gebe, dann werde China voraussichtlich "Vergeltung" bei Fahrzeug-Einfuhren üben, sagte ein Acea-Sprecher.

Nach Angaben des Verbands ging beim Handelsministerium in Peking eine Beschwerde über unzulässige Beihilfen ein, mit deren Hilfe europäische Autobauer ihre Fahrzeuge in China unter Wert verkauften. Die Regierung habe daher ein Prüfverfahren für Strafzölle auf europäische Oberklasse-Wagen angekündigt. Erste Strafzölle könnten ab September erhoben werden, im Visier stünden Autos mit einem Hubraum von mehr als zwei Litern.

Boom-Markt

Dieses vor allem von deutschen Herstellern wie Audi, VW, BMW, Daimler und Porsche dominierte Marktsegment machte zuletzt laut des deutschen Herstellerverbands VDA acht Prozent des chinesischen Automarkts aus. Die Mehrheit der Autokäufer erwirbt hingegen kleinere Pkw mit einem Motorhubraum zwischen 1,1 bis 1,6 Liter.

Insgesamt wurden in China im vergangenen Jahr 13,2 Millionen Pkw verkauft - zwanzig mal mehr als im Jahr 2000. Zum Vergleich: In Europa fielen die Verkaufszahlen 2012 mit gut zwölf Millionen Neuwagen auf den tiefsten Stand seit 1995. Der Autoexport aus Europa nach China brummt: 2011 gingen laut Acea knapp 545.000 Pkw im Wert von mehr als 17 Mrd. Euro nach China, knapp ein Fünftel der europäischen Autoausfuhren in alle Welt.

VDA fordert "konstruktiven Dialog"

Der Branchenverband VDA erklärte: "Strafzölle sind eine Sackgasse." Die gegenwärtigen Unstimmigkeiten zwischen der EU-Kommission und der chinesischen Regierung müssten am Verhandlungstisch ausgeräumt werden. An die EU-Kommission appellierte der Verband, den "Weg des konstruktiven Dialogs" auszuschöpfen, so wie es auch die Bundesregierung wolle. Die deutsche und die chinesische Automobilindustrie pflegten eine schon Jahrzehnte währende Partnerschaft. Bei den Mitgliedsfirmen des VDA war keine Stellungnahme zu erhalten.

Neben den USA und dem europäischen Heimatkontinent ist China für die deutschen Hersteller ein wichtiger Markt, für VW sogar der weltweit größte. Jedes fünfte Auto, das in China neu verkauft wird, zählt zu einer deutschen Konzernmarke. Der Import aus Deutschland macht aber nur einen Bruchteil aus, denn längst produzieren VW, Audi, BMW und Daimler die meisten im Reich der Mitte ausgelieferten Autos vor Ort: 2012 rollten in den chinesischen Werken der deutschen Autobauer 2,9 Millionen Pkw vom Band, in China eingeführt wurden lediglich 285.000 Pkw "Made in Germany" im Wert von gut 12 Mrd. Euro. Beliebt sind bei wohlhabenden Chinesen Sportwagen und langgestreckte Limousinen für Chauffeur-Dienste mit viel Sonderausstattung, was den meisten deutschen Automarken satte Profite beschert.

Auslöser für den eskalierenden Handelsstreit waren Strafzölle der EU auf Solarenergiemodule, die Brüssel Anfang der Woche wegen angeblicher chinesischer Dumping-Preise verhängte. Seit Donnerstag werden Importzölle von im Schnitt 11,8 Prozent erhoben, ab 6. August sollen die Aufschläge auf durchschnittlich 47,8 Prozent steigen. Mit diesen Schutzzöllen will die EU-Kommission die strauchelnde europäische Solarindustrie vor Importen der chinesischen Konkurrenz schützen, die ihre Solarmodule zu billigen Preisen in Europa verkauft.

Am Mittwoch drohte die Volksrepublik der EU mit Vergeltung für diese Strafzölle und kündigte ihrerseits Strafabgaben auf Wein-Importe aus Europa an, die vor allem Frankreich als großen Exporteur treffen würden. Auch bei Chemikalien erwägt Peking Strafmaßnahmen. EU-Handelskommissar Karel De Gucht hoffte trotz der Zuspitzung des Streits zuletzt auf eine Verhandlungslösung. Auch China signalisierte grundsätzlich Verhandlungsbereitschaft.

Quelle: ntv.de, rts

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