Wirtschaft

Defizitäre Pisten in der Provinz Brüssel kappt die Airport-Stütze

Flughafenförderung als Instrument der regionalen Wirtschaftspolitik: Die neuen Vorgaben aus Brüssel könnten die Landkarten der Luftfahrt verändern.

Flughafenförderung als Instrument der regionalen Wirtschaftspolitik: Die neuen Vorgaben aus Brüssel könnten die Landkarten der Luftfahrt verändern.

(Foto: REUTERS)

Ein eiskalter Seitenwind erfasst die Betreiber von kleineren Urlaubs- und Geschäftsflughäfen: Die EU-Kommission will unwirtschaftlich arbeitenden Standorten den Geldhahn der sogenannten Betriebsbeihilfen abdrehen. Auch deutsche Airports sind betroffen.

Regionalflughäfen in Europa müssen sich künftig auf weniger Geld vom Steuerzahler einstellen. Die EU-Kommission hat beschlossen, die staatlichen Beihilfen für Flughäfen in der EU zu kappen. Dem Entwurf der neuen EU-Leitlinien zufolge sind für regionale Flughäfen Betriebsbeihilfen nur noch höchstens zehn Jahre lang erlaubt. Nach dieser Phase der Anschubfinanzierung müssen sich die Standorte aus eigener Kraft tragen.

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Die Entscheidung aus Brüssel dürfte eine Reihe langfristig angelegter Pläne regionaler Wirtschaftspolitiker schlagartig durchkreuzen. In vielen abgelegenen Regionen Europas gelten die öffentlich subventionierten Anbindungen an den Flugverkehr als wichtige Stütze der örtlichen Wirtschaft. Gerade in strukturell benachteiligten Gegenden dienen Flughäfen mitunter als letzter verbleibender Wirtschaftsmotor, Unternehmensmagnet und Garant solide bezahlter Arbeitsplätze.

Wirtschaftsmotor Flughafen

Daneben spielen verkehrsgerecht ausgebaute Anlagen nicht nur im Tourismus, sondern auch bei der Ansiedlung größerer Unternehmen eine zentrale Rolle als Standortfaktor. Selbst wenn der Flugbetrieb defizitär arbeiten sollte, so argumentieren die Airport-Befürworter, kann die wirtschaftliche Gesamtwirkung in der Region unterm Strich positiv ausfallen.

Im besten Fall zieht ein Flughafen umfangreiche Gewerbeansiedlungen nach sich. Typische Branchen sind Hotels, Tagungs- und Konferenzveranstalter sowie Logistikunternehmen.

Die wirtschaftliche Bedeutung der Provinzflughäfen ist den EU-Kommissaren durchaus bewusst. So jedenfalls lässt sich eine größere Ausnahme erklären, die durch den Beschluss ausdrücklich bestätigt wurde. Bei Investitionen in die Infrastruktur dürfen kleinere Flughäfen mehr Subventionen erhalten als große Airports, heißt es. Allerdings fällt es den großen Drehkreuzen in der Regel auch sehr viel einfacher profitabel zu arbeiten als den kleineren Anlagen.

"Eine Beihilfemaßnahme wird als nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar angesehen, wenn dasselbe Ziel auch durch andere politische Instrumente oder Beihilfeinstrumente, die den Wettbewerb weniger stark verfälschen, erreicht werden kann", lautet eine der Kernaussagen der neuen EU-Leitlinie.

Brüsseler Kriterien

Generell gelten Beihilfen in den Augen der EU-Kommission als "Beitrag zur Verwirklichung eines Ziels von gemeinsamen Interesse" - und damit als förderungswürdig -, wenn sie

  • "Zugangspunkte" zum innereuropäischen Flugverkehr schaffen
  • "der Überlastung des Luftraums an den großen europäischen Drehkreuz Flughäfen entgegenwirken" oder
  • die "regionale Entwicklung begünstigen".

Der Betrieb mehrerer unrentabler Flughäfen "im selben Einzugsgebiet" und die "Schaffung zusätzlicher ungenutzter Kapazitäten" sind demnach "nicht mit dem Binnenmarkt vereinbar". Im Klartext: In solchen Fällen müssten Beihilfezahlungen eingestellt werden.

In die Wirtschaftlichkeit "hineinwachsen"

Die neuen Leitlinien sollen im März mit der Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft treten. Für Airports, die die drei genannten Kriterien nicht voll erfüllen, befürchten Branchenkenner das Schlimmste. Viele kleine Flughäfen müssten nun um ihre Existenz fürchten, heißt es.

Der deutsche Flughafenverband ADV reagierte prompt und begrüßte die neuen Leitlinien der EU-Kommission. Brüssel gestehe kleineren Flughäfen zu, für ihren Betrieb zehn Jahre lang öffentliche Unterstützung zu bekommen, hob die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Verkehrsflughäfen (ADV) hervor. Sie erhielten damit "die Chance, in die Wirtschaftlichkeit hineinzuwachsen".

Wer bezahlt die Feuerwehr?

"Die EU-Kommission hat erkannt, dass Flughäfen Arbeitsplätze sichern und volkswirtschaftlich von unverzichtbarer Bedeutung sind. Die vorliegenden Leitlinien sind ein Beitrag zu einer verantwortungsvollen EU-Luftverkehrspolitik", sagte ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel.

Nun sei die Bundesregierung gefordert, in Brüssel eine nationale Regelung anzumelden, wie sie die EU-Kommission erlaube. "Kleinere und mittlere Flughäfen dürfen im europäischen Wettbewerb zu anderen Flughafenstandorten nicht benachteiligt werden", ergänzte Beisel. So dürften etwa Ausgaben für die Feuerwehr nicht den Betriebskosten zugerechnet werden, "wenn in unseren Nachbarländern hierfür der Staat aufkommt".

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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