Wirtschaft

Griechenland bekommt das Geld Brüssel hebt den Daumen

Spanien ging es schon besser, weiß Wirtschaftsminister Luis de Guindos.

Spanien ging es schon besser, weiß Wirtschaftsminister Luis de Guindos.

(Foto: REUTERS)

Beim großen Treffen der Euro-Finanzminister stehen sich Hilfsempfänger und Retter Auge in Auge gegenüber: Der Schuldenschnitt macht es möglich, Venizelos kann frische Milliarden fest einplanen. Doch es gibt neue Sorgen - Spanien verfehlt seine Defizitziele. Die Aufstockung des ESM bleibt vorerst ungelöst.

Wie bedankt man sich für 130 Mrd. Euro? Minister Venizelos begrüßt Jean-Claude Juncker.

Wie bedankt man sich für 130 Mrd. Euro? Minister Venizelos begrüßt Jean-Claude Juncker.

(Foto: AP)

Das neue Griechenland-Paket von 130 Mrd. Euro ist nach monatelangen Verhandlungen unter Dach und Fach. "Es gibt keinen Zweifel, dass das zweite Programm aufgelegt wird", sagte Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble bilanzierte, es gebe beim zweiten Paket "materiell keine Zweifel" mehr.

Die formelle Freigabeentscheidung soll allerdings erst Mitte der Woche fallen, wenn alle förmlichen Voraussetzungen erfüllt sind. In einigen Mitgliedsländern sind noch parlamentarische Hürden zu nehmen. Auch der Berliner Haushaltsausschuss soll noch informiert werden. Eine eigene Sitzung des Ausschusses ist nach Angaben des haushaltspolitischen Sprechers der Unionsfraktion im Bundestag Norbert Barthle aber nicht mehr nötig. Für Mittwoch wurde Diplomaten zufolge eine Telefonkonferenz der Finanzstaatssekretäre der Eurozone anberaumt. Dann wird das Hilfsprogramm wohl endgültig freigegeben.

Griechenland erreicht bei dem angestrebten Verzicht der privaten Gläubiger auf 110 Mrd. Euro der insgesamt gut 200 Mrd. Euro ausstehender Anleiheforderungen eine Beteiligungsquote von 96 Prozent. "Ich bin sehr zuversichtlich, dass es eine durchgängige Beteiligung bei der Privatsektorbeteiligung gibt", sagte der griechische Ressortchef Evangelos Venizelos. Der Umtausch von 177 Mrd. Euro sei abgeschlossen. "Die Märkte verstehen, dass die Annahme unseres Angebots eine einmalige Chance ist", sagte Venizelos. Das endgültige Ergebnis der Tauschaktion wird aber erst Ende März feststehen. Denn weitere 10 Mrd. Euro sind von griechischen Staatsbetrieben begebene Anleihen.

Abgesehen davon sind weitere 17 Mrd. Euro Staatspapiere nach internationalem Recht begeben. Diese haben keine Umschuldungsklausel, mit deren Hilfe bei einer Verzichtzusage von zwei Dritteln der Gläubiger die übrigen zum Mitziehen gezwungen werden könnten. Die Tauschfrist für diese Gläubiger wurde bis zum 23. März verlängert, nachdem die Beteiligungsquote hier erst bei gut zwei Dritteln lag.

IWF drückt Deutschlands Beitrag

Die Euro-Finanzminister hatten Ende vergangener Woche zunächst nur grünes Licht für 35,5 Mrd. öffentlicher Hilfen aus dem zweiten Paket von insgesamt 130 Mrd. Euro gegeben. Diese Sofort-Hilfe wurde zur Absicherung des Schuldenschnitts benötigt. Nun geht es noch um die übrigen knapp 95 Mrd. Euro. Der Internationale Währungsfonds (IWF) könnte noch in dieser Woche beschließen, 28 Mrd. Euro davon zu übernehmen, wenn das IWF-Direktorium folgt. Der Bundestag hatte die deutsche Beteiligung an dem Paket bereits gebilligt.

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,07

Durch die Beteiligung des IWF dürfte der deutsche Anteil am Rettungspaket sogar niedriger liegen als die vom Bundestag bewilligten 38 Mrd. Euro. Vorsorglich habe man einer Summe zugestimmt, die ohne eine IWF-Beteiligung kalkuliert worden war, erklärte Unionsfraktionssprecher Barthle.

Griechenland ist der schwerste Problemfall der Schuldenkrise in der Eurozone. Das Land soll jetzt durch die größte Umschuldungsaktion aller Zeiten vor der Pleite bewahrt werden. Der Forderungsverzicht privater Gläubiger in Griechenland .

Die Verhandlungen darüber hatten sich über mehr als sieben Monate hingezogen: Zum einen mussten die Anleger - vor allem Banken und Fonds - zu höherem Verzicht gedrängt werden, weil sich die Lage des Landes noch verschlechtert hatte. Zum anderen sträubten sich die Parteipolitiker in Athen lange Zeit gegen die harten Einsparungen und Reformen, die Griechenland zu seiner Sanierung vornehmen muss.

Mit dem zweiten Hilfspaket soll der Schuldenstand von derzeit mehr als 160 Prozent des Bruttoinlandsprodukts bis 2020 auf gut 120 Prozent gesenkt werden. Die Finanzierung läuft allerdings nur bis 2014. Sollte sich Griechenland danach noch immer nicht selbst am Kapitalmarkt finanzieren können, wären weitere Hilfen notwendig.

Neues Ziel: Wachstum

Weil die griechische Wirtschaft schrumpft, bleibt das Land ein Sorgenfall: "Wir hoffen, ", sagte die österreichische Ressortchefin Maria Fekter. Eine Expertengruppe der EU will dem Land helfen, die Wirtschaft anzukurbeln und den maroden Staatsapparat mit Reformen auf Vordermann zu bringen. Die "Task Force" traf zu Wochenbeginn in Athen ein. Binnen Tagen will der deutsche Chef Horst Reichenbach dann seinen Bericht mit konkreten Vorschlägen vorlegen.

Die 17 Finanzminister der Eurozone ringen derweil mit neuen Sorgen an der Defizitfront. Sie debattierten die verfehlten Ziele Spaniens bei der Neuverschuldung im vergangenen und im laufenden Jahr. Schäuble traf unmittelbar vor der Brüsseler Konferenz mit dem spanischen Wirtschaftsminister Luis de Guindos zusammen.

Madrid muss sich erklären

"Spanien hat große Fortschritte gemacht", sagte der CDU-Politiker. Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy hatte beim EU-Gipfel zu Monatsbeginn angekündigt, sein Land werde im laufenden Jahr eine Neuverschuldung von 5,8 Prozent der Wirtschaftsleistung erreichen - statt der vereinbarten 4,4 Prozent. Grund seien schlechte Konjunkturaussichten.

Die Euro-Minister pochen nun darauf, dass Madrid - wie vereinbart - im kommenden Jahr die erlaubte Defizitmarkte von 3,0 Prozent der Wirtschaftsleistung wieder einhält. "Was im laufenden Jahr passieren wird, wird diskutiert, ohne endgültige Beschlüsse", sagte Juncker, der als Eurogruppenchef an den Gesprächen teilnahm. Dem Vernehmen nach könnte dem Land bei der Budgetsanierung 2012 mehr Flexibilität eingeräumt werden.

Ungelöst ist weiter der Streit um die Aufstockung der Rettungsschirme EFSF und ESM. Juncker sagte, er strebe eine Entscheidung dazu bei dem als informell bezeichneter Ministertreffen Ende des Monats in Kopenhagen an. Die EU-Institutionen, viele EU-Länder und der IWF fordern, die Schutzmauern der Europäer gegen die Schuldenkrise zu stärken.

Im Gespräch ist, den Umfang des ständigen Rettungsfonds ESM von bisher 500 Mrd. Euro auf 750 Mrd. Euro oder sogar 1,0 Billion Euro zu erhöhen. Berlin tritt aber bisher auf die Bremse. Der irische Ressortchef Michael Noonan sagte: "Wir fürchten stets eine Ansteckung (in der Schuldenkrise)." Die Schutzmauern seien für sein Land sehr wichtig.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen