Wirtschaft

Trübe Aussichten Brexit lastet auf Windkraftindustrie

Die Windernergie-Branche steht vor großen Herausforderungen.

Die Windernergie-Branche steht vor großen Herausforderungen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Vom kräftigen Ölpreisanstieg profitieren die Aktien von Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien kaum. Die Windenergiebranche ist vom Brexit stark betroffen. Doch steht das Schlimmste noch bevor?

Obwohl der starke Anstieg der Ölpreise der vergangenen Monate die Aktien der Hersteller von Windkraftanlagen hätte beflügeln müssen, tendierten die Papiere lediglich seitwärts. Der Konzentrationsprozess in der Branche läuft auf Hochtouren, und Firmen wie Siemens mischen auch noch die Branche auf. Doch der Brexit, also der angekündigte Austritt Großbritanniens aus der EU, bremst ihre Aktivitäten.

Siemens hat die Investitionspläne für das Rotorenwerk in Hull und die Pläne für den Export der dort produzierten Maschinen auf Eis gelegt, bis die Modalitäten des Brexit geklärt sind. Nach dem Votum in Großbritannien gerieten auch die Aktien von Nordex deutlich unter Druck, denn eine starke Abkühlung der britischen Wirtschaft dürfte innerhalb weniger Monate die Wirtschaft auf dem Kontinent deutlich belasten, immerhin werden Monat für Monat doppelt so viele Güter und Dienstleistungen von Kontinentaleuropa nach Großbritannien exportiert als nach China.

Die Unsicherheit über den Brexit ist das letzte was die Branche gebrauchen kann, ist sie ohnehin schon in einem enormen Umbruch, bei dem die chinesischen Anbieter ebenso wie in vielen anderen Branchen die Platzhirsche aus Europa und den USA zunehmend unter Druck setzen. Im Jahr 2015 hat der chinesische Hersteller Goldwind vom Boom auf dem Heimatmarkt profitiert und ist mit einem Weltmarktanteil von 12,8 Prozent auf den ersten Platz gesprungen. Damit hat Goldwind den langjährigen Branchenprimus Vestas aus Dänemark (12 Prozent) auf den zweiten Platz verwiesen, vor dem US-Konzern General Electric (9,2 Prozent).

Die Rangliste wird aber schon bald wieder kräftig durcheinandergewirbelt werden, denn Siemens ist nicht nur in Großbritannien aktiv. Das Unternehmen schließt sein Windenergiegeschäft mit dem des spanischen Wettbewerbers Gamesa zusammen und übernimmt 59 Prozent des neuen Gemeinschaftsunternehmens. Siemens ist vor allem bei Offshore-Windanlagen in der Nord- und Ostsee und in Nordamerika stark, die Spanier hingegen bei Anlagen an Land in China, Südamerika und Indien. Der Deal soll im ersten Quartal 2017 abgeschlossen werden. Durch den Zusammenschluss von Siemens, mit einem Weltmarktanteil von 7,7 Prozent, mit dem von Gamesa (5,5 Prozent) kommt es im Jahr 2016 – je nach dem Geschäftsverlauf bei Goldwind, Vestas und Siemens – zu einem Kopf-an-Kopf-Rennen um die Nummer eins.

Margendruck belastet Branche

Das Gemeinschaftsunternehmen kommt bei einem Jahresumsatz von rund 9,3 Milliarden Euro auf einen Gewinn vor Zinsen und Steuern von rund 840 Millionen Euro. Siemens verspricht sich durch den Zusammenschluss kräftig Synergien, allerdings besteht die Gefahr, dass die Margen in der Branche unter Druck kommen werden. Siemens-Chef Joe Kaeser hatte erst kürzlich deutlich gemacht, dass er weiter stark auf das Windkraftgeschäft setzt – die Kosten für Windkraft könnten noch um 40 Prozent sinken. Allerdings wächst damit die Gefahr, dass sich der Preisdruck in der Branche verstärkt, zumal laut den Schätzungen des dänischen Beratungsunternehmens MAKE Consulting der chinesische Markt im Jahr 2016 von 33 Gigawatt (GW) auf nur mehr 21 GW einbrechen soll. Das Problem: Nach dem Boom der Vorjahre hält der Ausbau der Stromnetze mit dem Ausbau der Kapazitäten der Windkraftanlagen nicht mehr Schritt. Daher gibt es deutliche Überkapazitäten bei Windkraftanlagen. Gleichzeitig setzen viele örtliche Regierungen und Versorger auf die billige Kohle, um die Industrie zu stützen.

Der kleine Siemens-Wettbewerber Nordex hat ebenfalls in Spanien zugekauft. Nordex-Chef Lars Bondo Krogsgaard treibt die Integration der spanischen Tochter Acciona Windpower, die nach der Übernahme ab dem zweiten Quartal 2016 in die Zahlen von Nordex einfließt, voran. Durch die Transaktion expandiert der Konzern kräftig in die Emerging Markets, wie Mexiko, Brasilien und Indien sowie in die USA, in denen Nordex bislang nur schwach oder gar nicht vertreten ist. Zuletzt stammten 75 Prozent des Auftragsbestands aus Europa. Mit dem Zukauf steigt der Konzern von einem mittelständischen Anbieter zu einem globalen auf. Für das Gesamtjahr prognostiziert Krogsgaard einen Umsatz von mehr als 3,4 Milliarden Euro, was einem "leichten" Wachstum entsprechen würde. Die operative Marge werde bei mehr als 7,5 Prozent liegen – ebenfalls eine leichte Verbesserung.

Durch den Brexit trüben sich die Perspektiven für die Hersteller von Windkrafthersteller ein. In den vergangenen Monaten hatte selbst die kräftige Rally beim Ölpreis die Aktien der Windkraftanlagenhersteller nicht nach oben getrieben, obwohl sich bei höheren Ölpreisen die Perspektiven für Nordex & Co. aufhellen, weil sich die Windkraftanlagen eher rechnen als zuvor. Daher dürften die Papiere von Nordex und Vestas in den nächsten Monaten bestenfalls seitwärts laufen, insbesondere wenn der Ölpreis wegen der bevorstehenden Abschwächung der Weltwirtschaft nach unten dreht.

Quelle: ntv.de

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