Wirtschaft

Nebenwirkungen des Zollstreits Brasilien fordert Stahl-Millionen aus Europa

Rohstoffreicher Handelspartner in Südamerika: Erzverladung im nordbrasilianischen Hafen von Sao Louis.

Rohstoffreicher Handelspartner in Südamerika: Erzverladung im nordbrasilianischen Hafen von Sao Louis.

(Foto: REUTERS)

Der Stahlstreit zwischen US-Präsident Trump und den Europäern hat unbeabsichtigte Folgen: Brasilien sieht sich durch die Reaktion der EU auf die Strafzölle unzulässig benachteiligt. Das südamerikanische Land droht, im Gegenzug die eigenen Zollschrauben anzuziehen.

Brasilien hat nach der Verschärfung von Stahl-Einfuhrregeln von der Europäischen Union Entschädigung in dreistelliger Millionenhöhe eingefordert. Die Welthandelsorganisation WTO sei darüber informiert worden, dass gegebenenfalls Gegenmaßnahmen ergriffen werden könnten, teilte die brasilianische Regierung mit.

Die zuständigen Stellen in der Hauptstadt Brasilia blieben aber offen für einen Dialog, hieß es. Einem Regierungsinsider zufolge verlangt Brasilien 180 Millionen Euro. Sollte die EU nicht zahlen, könnte das den Weg für Brasilien öffnen, seinerseits Zölle auf europäische Produkte wie Milchpulver zu erheben.

Die EU hatte am 1. Februar Begrenzungen für Stahlimporte aus wichtigen Exportländern wie China oder Russland eingeführt. Die Maßnahme war als Reaktion auf die neuen Einfuhrzölle von US-Präsident Donald Trump gedacht. Mit den Schadenersatzforderungen aus Brasilien, heißt es, könnten unbeabsichtigte Nebenwirkungen der Anti-Protektionismus-Maßnahme nun auf die EU zurückschlagen und die wirtschaftlichen Beziehungen zu einem aufstrebenden Schwellenland belasten.

Folgen des US-Protektionismus

Brasilien ist die mit Abstand stärkste Volkswirtschaft Südamerikas und gewinnt auch für deutsche Unternehmen immer mehr an Bedeutung. "Es scheint, dass die auf Protektionismus ausgerichtete Handelspolitik der USA an dieser Stelle sogar nützlich ist", meinte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, erst kürzlich in einer Einschätzung. "Viele lateinamerikanische Staaten suchen derzeit aktiv nach neuen Partnerschaften auf den Weltmärkten."

Ein wesentlicher Grund für das stärkere Engagement deutscher Unternehmen ist laut DIHK die beginnende wirtschaftliche Erholung in Brasilien. Fast 90 Prozent der deutschen Unternehmen in Brasilien seien davon überzeugt, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen durch die neue Politik spürbar positiv auf ihr Geschäft auswirken werden. Selbst für Investitionen vor Ort zeigten sich die Unternehmen wieder zuversichtlicher. Auch über Brasilien hinaus ist das Potenzial nach Angaben Treiers groß - insbesondere in Chile, Peru, Kolumbien und zentralamerikanischen Ländern.

Südamerika klopft in Europa an

Hoffnungen auf eine engere Kooperation mit der EU und damit auch deutschen Unternehmen nähmen zu. Große Chancen gebe es in der Landwirtschaftstechnologie, Rohstoffgewinnung und -aufbereitung sowie Industrie-Digitalisierung. "Die Krise in Venezuela hat hingegen aktuell keine großen Auswirkungen auf deutsche Unternehmen", sagte der DIHK-Experte weiter. "Diese haben sich entweder schon längere Zeit aus dem Land zurückgezogen oder ihre operativen Aktivitäten weit heruntergefahren."

Für Lateinamerika insgesamt rechnet der DIHK 2019 mit einem Exportwachstum deutscher Unternehmen von mehr als fünf Prozent. Das jährliche Ausfuhrvolumen würde sich damit von 35,5 Milliarden auf 38 Milliarden Euro erhöhen. "Das ist in den ansonsten eher schwierigen Zeiten ein überdurchschnittlicher Zuwachs", sagte Treier. Die DIHK-Exportprognose gehe insgesamt von plus 2 Prozent aus. Mit den auch wieder zuversichtlichen Investitionsplänen deutscher Unternehmen in der Region könnte sich die Zahl an Beschäftigten in deutschen Tochterfirmen von aktuell 575.000 auf knapp 600.000 erhöhen.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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