Wirtschaft

Von der Diesel-Düse zur Software Bosch rechnet mit Dämpfern

"Ich stehe für Kontinuität": Volkmar Denner.

"Ich stehe für Kontinuität": Volkmar Denner.

(Foto: dpa)

Der größte Autozulieferer der Welt kämpft mit seinem Schwerpunkt: Die Solartechnik fällt bis auf weiteres als neues Standbein aus. Der scheidende Chef Fehrenbach übergibt seinem Nachfolger mehr als nur eine Baustelle. Der Ausblick bleibt verhalten optimistisch.

Werkseigene Teststrecke: Bosch arbeitet an einem Elektro-Rad.

Werkseigene Teststrecke: Bosch arbeitet an einem Elektro-Rad.

(Foto: dpa)

Der Technologiekonzern Bosch startet mit einer verhaltenen Prognose in ein schwieriges Geschäftsjahr 2012: Der weltgrößte Autozulieferer zollt der Konjunkturabkühlung Tribut und kalkuliert im laufenden Jahr trotz der boomenden Autonachfrage mit einem schwächeren Umsatzwachstum als im Jahr 2011. Das Unternehmen rechnet für die nächsten Monate mit einem abflauenden Wachstum der Weltwirtschaft, erklärte der scheidende Konzernchef .

"Die wirtschaftlichen Unsicherheiten blei­ben hoch, auch wenn sich die Schuldenkrise in der Eurozone etwas ent­spannt hat",  sagte Fehrenbach. Im ersten Quartal 2012 sei der Umsatz trotz der Abkühlung der Weltkonjunktur und der schwierigen Entwicklung in einer Reihe von europäischen Märkten gegenüber dem Vorjahreswert um rund fünf Prozent gestiegen. Bosch blieb damit am oberen Rand der Erwartungen. "2012 stellen wir uns darauf ein, dass sich das Wirtschaftswachstum in allen Regionen verlangsamt. In Europa schließen wir eine Stagnation der Wirtschaftsleistung nicht aus", sagte Fehrenbach. Nach dem Umsatzsprung im vergangenen Jahr um neun Prozent auf den von 51,5 Mrd. Euro rechnet das traditionell zurückhaltende Bosch-Management in diesem Jahr mit einem moderateren Zuwachs der Erlöse um nur noch drei bis fünf Prozent.

Im abgelaufenen Geschäftsjahr verbuchte Bosch einen Vorsteuergewinn (Ebit) von 2,7 Mrd. Euro, und damit 472 Mio. Euro weniger als im Vorjahr. Bei einem um 9 Prozent gesteigerten Umsatz sank die operative Marge - also das Verhältnis zwischen Erlösen und Ergebnis - auf 5,3 Prozent. Ein Jahr zuvor waren es noch 6,7 Prozent gewesen. Unter dem Strich standen diesmal 1,8 Mrd. Euro, was 669 Mio. Euro weniger als im Vorjahr sind.

Auch der Konkurrent Continental aus Hannover hatte zuletzt auf die Euphorie-Bremse getreten und mit fünf Prozent für 2012 ebenfalls ein schwächeres Umsatzplus als 2011 in Aussicht gestellt. In den ersten drei Monaten dieses Jahres setzte Bosch rund um den Globus mit dem Verkauf von Kfz-Technik, Industrie- und Gebäudetechnik, Solaranlagen sowie Werkzeugen und Haushaltsgeräten fünf Prozent mehr um als im Vorjahreszeitraum.

Abschied am 1. Juli: Franz Fehrenbach geht an seinem Geburtstag.

Abschied am 1. Juli: Franz Fehrenbach geht an seinem Geburtstag.

(Foto: dpa)

Fehrenbach wird zum 1. Juli - seinem 63. Geburtstag - von abgelöst, der in der Bosch-Geschäftsführung bisher Forschung und Entwicklung verantwortet. Der 55 Jahre alte Nachfolger muss den erfolgreichen und finanziell soliden Konzern durch eher unruhiges Fahrwasser steuern. Denn Bosch steht vor einem grundlegenden Wandel seiner Aufgabenfelder.

Das Kerngeschäft als Autozulieferer befindet sich angesichts des sich abzeichnenden Endes der Öl-Ära und der wachsenden CO2-Problematik im Umbruch. Der teure Einstieg in die hat Teilen der Bosch-Bilanz rote Zahlen eingebrockt - und eine Wende ist nicht in Sicht. Über allem schwebt zudem die Frage, wie die wachsende Bedeutung des Internets die Bosch-Welt verändern mag.

Abhängig vom Verbrennungsmotor?

Von den 51,5 Mrd. Euro Umsatz aus dem Geschäftsjahr 2011/12 entfielen rund 59 Prozent (30,4 Mrd. Euro) auf die Kfz-Sparte. Mit 2,3 Mrd. Euro Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) ist dieser Bereich noch immer der Motor der Schwaben. Doch Bosch kämpft mit der Unsicherheit, wann sich die jährlichen 400 Mio. Euro Anschubinvestitionen für die Elektromobilität auszahlen werden. In diesem Jahrzehnt wohl noch nicht, wie Spartenchef Bernd Bohr andeutete.

Seit einiger Zeit kriselt zudem die Kooperation von Bosch mit dem koreanischen Samsung-Konzern. Die Partner beliefern etwa BMW und Fiat mit Batterien für elektrische Auto-Antriebe. Die Zukunft des SB LiMotive genannten Joint Ventures ist ungewiss.

Auf der anderen Seite versprechen das Rennen um spritsparende Autos und die Gesetze zur CO2-Reduzierung weiterhin eine gute Grundlage für die Kfz-Tüftler bei Bosch. Neben Assistenzsystemen wie dem Antiblockiersystem (ABS) und dem Elektronischen Stabilitätsprogramm (ESP) arbeiten die Ingenieure weiter an den Erfolgsgeschichten hocheffizienter Kraftstoffsysteme wie zum Beispiel der Common-Rail-Einspritzdüse für Dieselmotoren.

Im Kampf gegen die steigenden Preise an der Tankstelle sieht Bosch bei sparsamen Motoren noch lange kein Ende. "Allein mit unseren Lösungen können wir den Verbrauch von Benzin- und Dieselmotoren nochmals um ein Drittel senken", sagte der Chef der Bosch-Kfz-Sparte, Bohr. Vor allem die Hochdruck-Direkteinspritzung im Zusammenspiel mit Turboladern solle die Einsparungen möglich machen.

Die Turbolader, die einen Motor gewissermaßen zwangsbeatmen und damit die Leistung erheblich steigern, erlauben eine Verkleinerung im Hubraum der Zylinder. Das wirke sich am Ende auf den benötigten Spritverbrauch aus. Bosch baut Turbolader gemeinsam mit dem Unternehmen Mahle. Die Einspritzsysteme sind bei Bosch der Umsatzbringer Nummer eins.

Es brummt im Kühlschrank-Markt

Größere Sorgen als der bewegte Kfz-Markt dürfte Denner das Thema Solar bereiten. Der massive Preisverfall in der Photovoltaik von bis zu 40 Prozent war dem Unternehmen einfach zu viel. 560 Mio. Euro musste Bosch abschreiben, so dass am Ende in dem zugehörigen Unternehmensbereich Industrietechnik operativ ein Verlust von 364 Mio. Euro stand. Die dritte Säule der Gebrauchsgüter und Gebäudetechnik, in der etwa Kühlschränke und Bohrmaschinen verkauft werden, brummte dagegen. Sie warf aus dem laufenden Geschäft 730 Mio. Euro Gewinn ab.

Die Belegschaft will Bosch - im Gleichschritt mit dem erwarteten Umsatzzuwachs - im laufenden Jahr um rund 12.500 Stellen auf rund 315.000 Beschäftigte aufstocken. Auch in Deutschland werde die Mitarbeiterzahl voraussichtlich leicht steigen, stellte Fehrenbach in Aussicht.

Nach dem Gewinneinbruch im vergangenen Jahr um rund ein Viertel auf 2,6 Mrd. Euro solle das Ergebnis vor Steuern in diesem Jahr wieder steigen, schrieb der scheidende Bosch-Chef seinem Nachfolger ins Stammbuch. Der für die Refinanzierung wichtige Margen-Korridor in Höhe von sieben bis acht Prozent des Umsatzes vor Steuern werde aber wohl 2012 noch nicht wieder erreicht. Anhaltend hohe Rohstoffpreise und Investitionen in neue Geschäftsfelder wie Elektromobilität und Erneuerbare Energien machten dies voraussichtlich "schwierig", sagte Fehrenbach. 2011 schrumpfte die Renditekennzahl auf 5,1 von 7,4 Prozent ein Jahr zuvor.

Bosch entwickelt Software

Vor allem hohe Abschreibungen auf die mit Milliardenaufwand etablierte Sparte Solartechnik in Höhe von rund 560 Mio. Euro schmälerten 2011 den Gewinn. Schon 2009 hatte die mit rapidem Preisverfall bei den Solar-Modulen kämpfende Sparte das Ergebnis des schwäbischen Konzerns belastet: Die von Fehrenbach einst als lukratives Geschäftsfeld geplante Sparte entwickelt sich daher immer mehr zum Milliardengrab für den Konzern im Besitz der Bosch-Siftung.

Die unrentable Sparte Solartechnik will der Konzern dabei nicht auf Dauer mit Gewinnen aus anderen Konzern-Geschäftsfeldern subventionieren. Die Produktionskosten müssten sinken, sagte Fehrenbach. Bosch habe einen langen Atem und setze auf Technologiesprünge. Im Laufe dieses Jahres werde Klarheit herrschen, wie sich die Kosten in der Zukunft entwickelten.

Die Investitionen will Bosch im laufenden Jahr auf hohem Niveau halten und mehr als sieben Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung sowie Sachanlagen stecken. Unter anderem sei in den kommenden Jahren der Ausbau des Software- und Systemhauses geplant, dass derzeit 450 Mitarbeiter beschäftigt. Technische Geräte aller Art kommunizierten künftig über elektronische Schnittstellen selbstständig mit anderen Geräten oder Menschen, sagte der designierte Bosch-Chef Denner. Daher werde die Software-Entwicklung immer wichtiger.

Mit Zukäufen wird sich Bosch in der kommenden Zeit voraussichtlich zurückhalten, obwohl der im Stiftungsbesitz befindliche Konzern über knapp 12 Mrd. Euro liquide Mittel verfügt. "Wir haben intern viele Wachstumsmöglichkeiten", sagte der zur Jahresmitte in den Aufsichtsrat wechselnde Fehrenbach. Sein designierter Nachfolger, Entwicklungschef Denner, sagte mit Blick auf seine Amtsübernahme, "ich stehe für Kontinuität". Es wäre "unglaubwürdig, wenn ich die Weichen künftig völlig anders stellen würde".

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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