Wirtschaft

Milliardenwahnsinn an der Börse Beyond Meat macht Anleger wuschig

Aktionäre von Beyond Meat dürften richtig gute Laune haben.

Aktionäre von Beyond Meat dürften richtig gute Laune haben.

(Foto: imago/Levine-Roberts)

Auf Erspartes gibt es keine Zinsen mehr, die Grünen sind die neue Macht im Land, und fast alle wollen irgendwie öko sein. Der Zeitgeist zeigt sich an einer Aktie, deren Kurs durch die Decke geht: Beyond Meat. Sogar Christian Lindner ist dabei.

Während die Republik darüber diskutiert, ob man angesichts der Klimaschädlichkeit überhaupt noch Fliegen darf, stürzen sich Anleger auf eine Öko-Aktie: Beyond Meat.

Beyond Meat
Beyond Meat 6,07

Zur Einordnung: Die Lufthansa erfliegt im Jahr einen Umsatz von rund 35 Milliarden Euro, macht dabei über die Jahre geglättet rund 1,5 Milliarden Euro Gewinn. Mal mehr, mal weniger. Der Preis für das Unternehmen an der Börse beträgt rund 8 Milliarden Euro. Dies ist weniger als die 8,4 Milliarden Dollar, die für Beyond Meat aufgerufen werden.

Die Firma stellt Fleischalternativen auf pflanzlicher Basis her und kommt lediglich auf einen Umsatz von rund 100 Millionen, fährt fast die Hälfte davon als Verlust ein. Investoren drehen bei der Aktie jedoch völlig durch. Warum? Weil in Beyond Meat der Zeitgeist steckt.

Da ist der vegane Trend und die Diskussion um Fleischersatz. Herrlich. Weniger Emissionen, Burger, die genauso schmecken wie echtes Fleisch. Was braucht man noch? Na klar, große Namen, die investieren und Geld verballern könnten. Prima, haben wir - Bill Gates ist dabei und auch Leonardo DiCaprio. Weiterhin hilfreich: Geld, das man sich fast kostenlos leihen kann. Die Zinsen in Europa sind mitunter unter null, in den USA sind sie weiter auf tiefem Niveau. Klasse. Zuletzt aber braucht es einen starken Trend. Das ist die Umwelt- und Ökobewegung. Und erst der Name - Beyond Meat. Welch ein Glanz. Da stört nicht, dass der Laden mittlerweile mit dem 30-fachen des Umsatzes, für 2020 wohlgemerkt, bewertet ist.

Prominente Investoren in Deutschland finden sich auch schon. FDP-Chef Christian Lindner äußerte jüngst, wie sehr er sich über den Börsenkurs von Beyond Meat freue. Einzig - er sollte vielleicht ein paar seiner Aktien verkaufen, ehe derTrend kippt. Denn nach alten Maßstäben, die irgendwann auch wieder für Beyond Meat gelten, ist die Aktie haltlos überbewertet.

Teure Wetten

"Mit einem Kursanstieg von 300 Prozent seit dem Börsengang im Mai war die Aktie in den vergangenen Wochen unter Etoro-Investoren weltweit einer der beliebtesten Titel. Einige werden sich nun vielleicht entscheiden, nicht für den Hauptgang zu bleiben und ihre Gewinne jetzt mitzunehmen, anstatt die Aktie langfristig zu halten. Dies könnte zu einem Abwärtsdruck auf den Kurs führen", sagt Dennis Austinat vom Broker Etoro.

Hinzu kommt, dass der jüngste Sprung um weitere zwei Milliarden Wertzuwachs auch einen technischen Grund hat: Einige Investoren hatten darauf gesetzt, dass der Hype um die Aktie schnell verfliegt und der Kurs fällt. Eine solche Wette kann man etwa durch Leerverkäufe eingehen, einen so genannten Short Sale. Das heißt: Investoren verkaufen die Aktie in der Hoffnung, sie später billiger zurückkaufen zu können. Doch diese Wette ging gehörig schief, denn der Aktienkurs von Beyond Meat stieg immer weiter. Die Zocker mussten sich also mit teuren Aktien eindecken und trieben so deren Preis immer höher. Börsianer nennen diese schmerzhafte Erfahrung  "Short Squeeze".

Das Volumen der Leerverkäufe bei Beton Meat ist gewaltig. Es beträgt inzwischen 51 Prozent des Free Floats, also der umlaufenden Aktien. In der ersten Handelswoche waren es noch sieben Prozent. Damit gehört die Aktie zu den zehn am stärksten geshorteten US-Unternehmen.

Werden dann auch noch ordentliche Geschäftszahlen wie am vergangenen Freitag veröffentlicht, kann das für Short-Seller richtig teuer werden. In der Vergangenheit kannte man dies beispielsweise von Tesla oder Volkswagen, manch einer erinnert sich.

"Erhebliche Risiken"

Zu den Kursgewinnen trägt bei, dass sich Analysten positiv über Beyond Meat äußern. JP Morgan zufolge haben Anleger nämlich grundsätzlich allen Grund zum Optimismus. "Wir betrachten das Wachstumspotenzial als außergewöhnlich", schreiben die Analysten. Sie sind der Meinung, dass der Markt Fleischprodukte auf Pflanzenbasis in 15 Jahren auf 100 Mrd. Dollar explodieren könnte. Im gleichen Zeitraum könne der Umsatz von Beyond Meat auf fünf Mrd. Dollar nach oben schießen. Das wäre ein großer Sprung, denn im vergangenen Jahr hatte er bei 88 Mio. Dollar gelegen.

Doch nicht alle sind so euphorisch - beispielsweise die am Börsengang beteiligten Goldman Sachs und Crédit Suisse. Die Perspektiven seien "inzwischen mehr als fair eingepreist", meinen die Analysten von Goldman Sachs, und es gäbe "erhebliche Risiken", die Produktion langfristig kräftig zu steigern und sich von den Wettbewerbern abzugrenzen.

Dazu kommt, dass neue Konkurrenz auf den Markt mit Fleischersatzprodukten drängt. Ein Beispiel ist der große US-Gigant Tyson Foods, der bereits an Nahrungsmitteln auf pflanzlicher Basis arbeitet. Derweil ist der Beyond Meat-Konkurrent Impossible Foods eine Kooperation mit Burger King eingegangen. Auch Riesen wie Nestlé werden den Markt nicht Emporkömmlingen kampflos überlassen wollen. Oder um es mit Christian Lindner zu sagen: Die Aktie von Beyond Meat ist eine Chance, aber zum aktuellen Preis eine ziemlich dornige.

Quelle: ntv.de

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