Wirtschaft

Raus aus dem Schatten Berlin kann auch Börse

Die deutsche Hauptstadt kann mehr als Party!

Die deutsche Hauptstadt kann mehr als Party!

(Foto: REUTERS)

Berlin steht für Party, Bundesregierung und Pannenflughafen BER. Aber börsennotierte Unternehmen? Auch da tut sich etwas. Der MDax ist ein gutes Beispiel.

Berlin ist nur die Hauptstadt, zum Börsenzentrum Deutschlands ist es noch ein weiter Weg. Die Weltstadt für Politik, Kultur und Medien ist ebenso berühmt für Pleiten, Pech und Pannen wie für außergewöhnliche Gebäude und Architektur, Festivals sowie ein buntes Nachtleben. Eine lebendige Startup-Szene hat sich in den vergangenen Jahren ebenfalls entwickelt, fehlen eigentlich nur die Dax-Unternehmen. Doch sie sind in Berlin höchstens mit Repräsentanzen vertreten.

Angeführt wird die Dax-Rangliste der Städte von München, dort haben neben Siemens mit Allianz, BMW, Linde und Munich Re vier weitere Unternehmen ihre Zentrale. Infineon hat seinen Sitz in Neubiberg, einer Gemeinde im Landkreis München. Platz zwei belegt Frankfurt mit den Zentralen der Commerzbank, der Deutschen Bank und der Deutschen Börse.

Während die Dax-Unternehmen Berlin noch nicht so richtig sexy finden, haben MDax-Firmen die Stadt an der Spree schon für sich entdeckt: Eines davon ist die Startup-Schmiede Rocket Internet, die nach ihrem Börsengang im August 2014 seit Kurzem im Index für die mittelgroßen Werte notiert. Junge MDax-Helden in Berlin sind auch Zalando und Delivery Hero. Inklusive der Immobilienfirma Deutsche Wohnen und des Medienkonzerns Axel Springer haben damit fünf Unternehmen aus dem MDax ihre Firmenzentralen in der Hauptstadt. Mit einem Börsenwert von insgesamt 48 Milliarden Euro machen sie ein Achtel des Indexgewichts aus. Insgesamt kommen die Berliner börsennotierten Unternehmen auf einen Marktwert von rund 53 Milliarden Euro, etwas weniger als Hamburg mit 62 Milliarden Euro und deutlich weniger als München mit einem Börsenwert von 460 Milliarden Euro.

Berlin tut gut

Das Berliner Schwergewicht ist Deutsche Wohnen mit einem Börsenwert von 14,8 Milliarden Euro. Der Konzern vermietet bundesweit mehr als 160.000 Wohnungen und Gewerbeeinheiten und profitiert damit erheblich vom Niedrigzinsumfeld. Wegen der starken Nachfrage nach Wohnraum will das Unternehmen in den nächsten Jahren kräftig neue Wohnungen bauen lassen und zudem bis 2022 mehr als eine Milliarde Euro in Sanierungen und Modernisierungen investieren.

Noch stärker als bei Deutsche Wohnen brummt das Geschäft bei Zalando. Der inzwischen größte Onlinemodehändler Europas plant für den Sommer den Markteintritt in Irland und Tschechien. Der Aktienkurs profitiert bereits von den Aussichten und liegt am Allzeithoch. Damit bringt Zalando aktuell rund 12 Milliarden Euro auf die Börsenwert-Waage.

Etwas weniger wiegt Delivery Hero an der Börse, der mit einem Gesamt-Aktienwert von 9,2 Milliarden Euro jedoch einen eigenen neuen Rekord geschafft hat. Der Essenslieferdienst, für den allein am Hauptsitz in Berlin rund 1000 Menschen arbeiten, wächst rasant, allerdings muss er im Gegensatz zu Zalando noch beweisen, dass er auch liefern kann, sprich profitabel sein kann.

Die Startup-Schmiede Rocket Internet steht bei 4,7 Milliarden Euro und hält Ausschau nach möglichen Investitionsobjekten. "Wir suchen mittlerweile auch Fintechs, Software, künstliche Intelligenz, Proptechs", sagt Firmenchef Oliver Samwer. Proptechs bieten Technik für die Immobilienbranche (Property Technology), Fintechs für die Technik rund um Finanzdienstleistungen. Obwohl die Aktie in den vergangenen Monaten kräftig gestiegen ist, notiert sie noch weit unter dem Ausgabekurs von 42,50 Euro.

Fruchtbarer Boden für kleine Unternehmen

Im Technologieindex TecDax suchen Anleger vergeblich nach Unternehmen mit Sitz in Berlin, dafür gibt es mit HelloFresh, TV-Kabelanbieter Tele Columbus, Finanzdienstleister Hypoport, Adler Real Estate und dem Spezialisten für Gewerbeimmobilien TLG Immobilien gleich fünf SDax-Unternehmen, also Firmen mit einem vergleichsweise kleinen Börsenwert, die ihre Geschäfte aus der Hauptstadt heraus lenken. Sie haben eine Marktkapitalisierung von insgesamt 7,2 Milliarden Euro, was knapp zehn Prozent des SDax entspricht. Damit sind in Berlins Börsenszene eher junge Trendunternehmen plus Immobilienfirmen anzutreffen.

Der Kochboxenversender HelloFresh ist im Juni und damit nur wenige Monate nach dem Börsengang vom November 2017 in den SDax aufgestiegen. Hauptaktionär Rocket Internet ist auch gleich um die Ecke in Berlin. Das scheint dem Unternehmen zu helfen. Nachdem HelloFresh jüngst den US-Wettbewerber Green Chef gekauft hat, wurde die Prognose für das laufende Jahr deutlich erhöht: Der Umsatz soll nun währungsbereinigt um 30 bis 35 Prozent zulegen.

Solch ein Erlöswachstum kennen die meisten Dax-Unternehmen zwar nicht, dafür spielen sie in einer höheren Börsenliga. In die will Rocket Internet auch irgendwann, was den Investor für den Unternehmens- und Börsenstandort Berlin umso wichtiger macht. Wenn sich auch die Schäfchen der Startup-Schmiede gut entwickeln, könnten sie später ebenfalls einen Aufstieg in MDax, TecDax oder SDax schaffen - und damit zeigen, dass Berlin mehr ist als nur Party-Hauptstadt oder BER.

Quelle: ntv.de

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