Wirtschaft

Schöne Grüße von der Krise Bankenbeben aus Portugal erschüttert Märkte

Die Banco Espirito Santo in Lissabon sowie die Muttergesellschaft stecken im Abwärtsstrudel fest.

Die Banco Espirito Santo in Lissabon sowie die Muttergesellschaft stecken im Abwärtsstrudel fest.

(Foto: REUTERS)

Die Lage an den Finanzmärkten hat sich in den vergangenen Monaten beruhigt. Doch dies könnte sich nun als Trugschluss erweisen. Zahlungsprobleme einer portugiesischen Bank erschüttern rund um den Globus die Börsen.

Eines von Portugals führenden Finanzinstituten ist in einen Abwärtsstrudel geraten. Begonnen hat der Abstieg bereits gegen Ende vergangenen Jahres, als Fragen wegen Unregelmäßigkeiten in Bezug auf die Bilanzen der Muttergesellschaft aufkamen. Die Aktien der Banco Espirito Santo SA wurden am Donnerstag vom Handel ausgesetzt, nachdem das Papier um weitere 17 Prozent eingebrochen war. Aktien des kontrollierenden Anteilseigners Espirito Santo Financial Group SA wurden ebenfalls ausgesetzt, "wegen anhaltender erheblicher Schwierigkeiten".

Die Abwärtsspirale hat bislang gut ein Drittel des Marktwertes der Bank ausradiert und Portugals Leitindex mit nach unten gezogen. Auch der deutsche Leitindex Dax sowie die Wall Street in New York gaben teils deutlich nach. Doch auch in anderen Teilen Südeuropas gab es Verwerfungen. Dies zeigt , wie nervös die Anleger in Bezug auf die Stabilität des europäischen Finanzsystems sind. In Spanien haben eine Bank und ein Baukonzern jeweils die geplante Ausgabe von Anleihen abgeblasen. Ein italienischer Pharmakonzern machte einen Rückzieher von seinem Börsengang. Ein Verkauf griechischer Staatsanleihen fiel kleiner aus als erwartet.

Das Geldhauses galt bislang als ein Inbegriff der Seriosität. Hinzu kommt ein Machtkampf innerhalb der Gründerfamilie des alteingesessenen Geldhauses um die Nachfolge des langjährigen Konzernchefs Ricardo Salgado. Die Ratingagentur Moody's hatte die Kreditwürdigkeit der Holding Anfang der Woche auf Ramschniveau herabgestuft.

Die Bank spielt in der Wirtschaft Portugals eine herausragende Rolle. Seit langem kursiert in dem Land der Spruch: "Wenn es Espírito Santo gut geht, geht es auch Portugal gut." Zu den Werbeträgern gehört der Weltklassefußballer Cristiano Ronaldo. Portugals Ministerpräsident Pedro Passos Coelho hatte kürzlich davor gewarnt, die - von der Gründerfamilie kontrollierte - Holding mit der Bank zu verwechseln.

Buchprüfung bestätigt Vermutung

Espirito Santos (auf Deutsch: Heiliger Geist) Schwierigkeiten gehen auf den Dezember 2013 zurück, als das "Wall Street Journal" erstmals über Sorgen in Bezug auf die Art und Weise berichtete, wie die Konzernmutter - ein breit aufgestelltes Konglomerat namens Espirito Santo International SA - an Geld kommt und bestimmte Assets bewertet. Die portugiesische Zentralbank setzte eine Prüfung der Bücher an. Im Mai teilte die in Lissabon gelistete Banco Espirito Santo mit, die Überprüfung habe ergeben, Espirito Santo International befinde sich in "ernster finanzieller Verfassung". Zudem gebe es "Unregelmäßigkeiten" in den Büchern.

Die Probleme verstärkten sich diese Woche, als Espirito Santo International Zinszahlungen bei einigen seiner kurzfristigen Verbindlichkeiten verschob. Das signalisierte den Investoren eine Verschlechterung der finanzielle Lage des Konglomerats.

Lage an Finanzmärkten weiter fragil

Es ist mehr als ein Jahr her, dass die Sorgen über die Gesundheit des europäischen Finanzsystems die Märkte durchgeschüttelt haben. Nach Jahren der Krise hat die Zuversicht von Investoren, Bankern und Regulatoren über die Stabilität des Finanzsystems jüngst wieder zugenommen. Regulierungsbehörden hofften, dass sich die verbesserte Verfassung der europäischen Banken in den anstehenden Stresstests für mehr als 120 große Finanzinstitute widerspiegeln wird. Doch der rapide Abstieg von Espirito Santo und der Kollateralschaden in anderen europäischen Märkten zeigen, die Lage ist weiter prekär.

Espirito Santo International war stark vom Verkauf von Schuldtiteln abhängig, die über Fonds der eigenen Bank vertrieben wurden, wie vergangenes Jahr aus Dokumenten hervorging, in die das "Wall Street Journal" Einsicht hatte. Über einen Zeitraum von 21 Monaten verkaufte das Unternehmen kurzfristige Schuldtitel über mehr als sechs Milliarden Euro an einen seiner eigenen Investmentfonds. Zwar ist das Manöver legal. Wirtschaftsexperten und Juristen sagten jedoch, dass die Praktiken höhere Risiken für Investoren bedeuteten.

RBC: Keine Lösungsvorstellung

"Die Zuspitzung der Krise da unten dehnt sich auch auf Spanien und Italien aus", meinte ein Händler in Frankfurt. Investoren werde immer schmerzlicher bewusst, dass sie in Anleihen dieser Staaten überinvestiert waren. Kurzzeitig lagen Spaniens Renditen sogar unter denen der US-Treasuries. "Das wird nun angesichts der Espirito-Krise massiv korrigiert", hieß es am Markt. Bereits in den vergangenen Tagen waren die Renditen Portugals, aber auch Spaniens und Italiens deutlich gestiegen.

"Wenn es irgendwelche Probleme mit einheimischen Banken (Banco Espirito Santo) geben sollte, dann ist nicht wirklich klar, wie diese gelöst werden", hieß es von RBC. Und selbst wenn es sich bei der Banco Espirito Santo um einen Einzelfall handeln sollte, so zeige dieser doch die Probleme auf, die ein früher Exit aus dem Rettungsschirm bei einer gleichzeitig schwachen Konjunktur, einem wackeligen Bankensystem und maroden Staatsfinanzen aufwerfe.

Das Volumen der ausstehenden Schuldtitel von Espirito Santo International ist unbekannt, da sich das Unternehmen in privater Hand befindet. Vergangene Woche teilte die Espirito Santo Financial Group mit, dass sie per 30. Juni ausstehende Schuldtitel des Konglomerats im Volumen von 2,35 Milliarden Euro auf den Büchern hatte. Das Unternehmen wurde im März gezwungen, 700 Millionen Euro zurückzustellen, um für Rückzahlungen an Kunden aufzukommen.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/dpa

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