Wirtschaft

Gold-Debakel im Zentralbankkeller Schweiz verliert Milliarden

Seltener Einblick: In den Tresorräumen der Schweizer Notenbank SNB, hier am Standort Bern, lagert das Gold in Barren penibel registriert und zu ordentlichen Stapeln aufgeschichtet (Archivbild).

Seltener Einblick: In den Tresorräumen der Schweizer Notenbank SNB, hier am Standort Bern, lagert das Gold in Barren penibel registriert und zu ordentlichen Stapeln aufgeschichtet (Archivbild).

Eine Neubewertung der Schweizer Goldreserven beschert der Schweizer Nationalbank drastische Verluste. Der Wert der Barren, Münzen und Feinunzen in den Tresoren sinkt um 15 Milliarden Franken. Eine Gewinnausschüttung werde dadurch, so heißt es bei den Eidgenossen, "verunmöglicht".

Der stark gefallene Goldpreis drückt die Schweizer Notenbank tief in die roten Zahlen. Aufgrund des Rückgangs beim Goldpreis sei 2013 insgesamt ein Verlust von 9 Milliarden Franken (7,3 Milliarden Euro) angefallen, teilte die Schweizerische Nationalbank (SNB) auf Basis vorläufiger Berechnungen mit. Das außergewöhnlich desolate Ergebnis hat Folgen: Zum ersten Mal in der über hundertjährigen Geschichte des Hauses kann die Zentralbank der Schweiz keine Gewinne an die Staats- und Gemeindekassen auszahlen.

Der Wert der Goldbestände sei um 15 Milliarden Franken gesunken, hieß es in einer knapp gehaltenen Mitteilung. Dem scharfen Buchwertverlust konnten die Notenbanker Einnahmen in Höhe von rund 3 Milliarden Franken aus dem Handel mit Fremdwährungen gegenüberstellen. Zur Abmilderung der Verluste aus der Goldbewertung trug auch der Gewinn bei, den die Notenbank mit dem Rettungsvehikel für die in der Finanzkrise in Schieflage geratene Großbank UBS erzielte. Die Abwicklung des sogenannten StabFund im vergangenen Jahr brachte der SNB über 3 Milliarden Franken ein.

Wegen des Verlustes, der einschließlich der Rückstellungen für Währungsreserven zwölf Milliarden Franken beträgt, müssen Bund und Kantone auf Gewinnzuweisungen der SNB verzichten. In die öffentlichen Kassen flossen letztes Jahr rund eine Milliarde Franken. Die gut 2000 privaten Aktionäre erhielten zuletzt 15 Franken pro Titel. Die SNB am Aktienmarkt in der Rechtsform als "spezialgesellschaftliche Aktiengesellschaft" auf. Die Anteilsscheine sind an der Schweizer Börse notiert. Größter Privataktionär der SNB ist mit knapp 6000 Titeln der ehemalige Haniel-Chef Theo Siegert. Die SNB-Aktie wurde zuletzt bei 1025 Franken gehandelt.

Der Grund für die hohen Wertverluste in den Gold-Beständen liegt in den außergewöhnlich widrigen Entwicklungen am Edelmetallmarkt. Der Goldpreis war im Gesamtjahr 2013 um fast 28 Prozent gefallen. Erstmals seit Beginn des Jahrtausends verzeichnete der Markt beim Goldpreis auf Jahressicht Verluste. Da die Schweiz im internationalen Vergleich besonders hohe Goldreserven vorhält, ist die Bilanz ihrer Zentralbank davon entsprechend stark betroffen.

Die SNB wollte zunächst keine Angaben zur Höhe der aktuellen Goldbestände machen. Traditionell gehen die Schweizer mit solchen Informationen sehr zurückhaltend um. Genaue Zahlen sollen im vollständigen Jahresbericht am 7. März veröffentlicht werden. Nach Informationen des Londoner Brancheninformationsdienstes World Gold Council vom April 2013 verfügt die Schweiz über mehr als 1040 Tonnen Gold. Das kleine Land steht damit weltweit an siebter Stelle nach China, Frankreich, Italien, dem Internationalen Währungsfonds, Deutschland und den USA.

Für die öffentlichen Kassen in der Schweiz ergeben sich aus dem Gold-Debakel einschneidende Konsequenzen. Angesichts des Fehlbetrages kann die SNB nach eigenen Angaben "gemäß den Bestimmungen des Nationalbankgesetzes sowie der Gewinnausschüttungsvereinbarung zwischen Eidgenössischem Finanzdepartement und Nationalbank" keine Ausschüttungen vornehmen - zum ersten Mal überhaupt.

"Gewinnausschüttungen verunmöglicht"

Wörtlich hieß es in einer Mitteilung, der "Jahresverlust der Nationalbank verunmöglicht Gewinnausschüttungen". Das betreffe sowohl die Dividende an die Aktionäre als auch die Ausschüttung an Bund und Kantone.

Der Totalausfall bei der Gewinnausschüttung reißt unerwartete Löcher in die Haushalte des Bundes sowie einen Großteil der Schweizer Kantone. Die Lücken müssen nun durch Sparmaßnahmen und zum Teil auch durch Kredite geschlossen werden. Besonders problematisch ist die fehlende Gewinnausschüttung der Zentralbank für die Kantone. Sie müssten auf erhoffte Gewinnanteile in Höhe von 667 Millionen Franken verzichten, sagte der Präsident der Finanzdirektorenkonferenz, Peter Hegglin.

"Fehlt dieser Betrag, fallen durchschnittlich 0,8 Prozent der gesamten Erträge der Kantonshaushalte weg", erklärte Heggelin. Rund 20 der 26 Kantone hätten in ihren Haushaltsplänen fest mit einer Gewinnausschüttung gerechnet. "Eine Nullrunde ist deshalb nicht erfreulich", meinte der Experte.

Es ist nicht das erste Mal, dass die Notenbank rote Zahlen schreibt. Bereits 2010 fuhr die SNB ein Minus von rund 20 Milliarden Franken ein. Danach erzielte sie 2011 einen Überschuss von 13 Milliarden, der 2012 auf rund sechs Milliarden zurückging.

Der ausführliche Bericht zum Jahresabschluss mit den endgültigen Zahlen wird am 7. März 2014 erwartet. Den Geschäftsbericht wollen die Notenbanker am 25. März vorlegen.

Zentralbank mit Doppelsitz

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) lenkt laut Selbstdarstellung als "unabhängige Zentralbank die Geld- und Währungspolitik des Landes". Die Währungshüter der Schweiz müssen "gemäß Verfassung und Gesetz vom Gesamtinteresse des Landes leiten lassen, als vorrangiges Ziel die Preisstabilität gewährleisten und dabei die Konjunktur berücksichtigen".

Ihre Hauptsitze unterhält die SNB in der Hauptstadt Bern und in Zürich, dem wichtigsten Finanzstandort der Schweiz. Mit weiteren Niederlassungen ist die Zentralbank in Basel, Genf, Lausanne, Lugano, Luzern und St. Gallen vertreten. Dazu kommen 14 sogenannte "Agenturen" der SNB, die von Kantonalbanken geführt werden und der Geldversorgung des Landes dienen.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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