Wirtschaft

"Kaufwelle" im Rüstungssektor Anleger steigen in Militär-Aktien ein

Mehrausgaben für den Ernstfall: Anschaffung, Wartung und Betrieb von Militärtechnik lenken in großem Umfang Steuergelder in den Verteidigungsbereich.

Mehrausgaben für den Ernstfall: Anschaffung, Wartung und Betrieb von Militärtechnik lenken in großem Umfang Steuergelder in den Verteidigungsbereich.

(Foto: REUTERS)

Die ungewöhnliche Ballung geopolitischer Spannungen wirkt an der Börse wie ein Kaufsignal: Rund um Nordkorea, den Persischen Golf und das Südchinesische Meer rüsten Staaten massiv auf. Was heißt das für deutsche Aktien?

Der Börsenmonat Juni beginnt für Analysten im Rüstungssektor mit auffallenden Kursbewegungen. Händler berichten von einem lebhaften Interesse an Aktien aus dem Verteidigungsbereich, das neue Aufmerksamkeit auf einen seit Monaten anhaltenden Trend lenkt.

In Deutschland zeige sich die neue Nachfrage nach Rüstungsaktien an Aktienkäufen von MTU Aero und Rheinmetall, hieß es aus dem Handel. Die Börsenkurse von MTU und Rheinmetall legen zeitweise um mehr als zwei Prozent zu - und steigen damit deutlich kräftiger als der Gesamtmarkt. In Paris verteuern sich die Aktien von Thales um 1,0 Prozent. Anteilsscheine von Safran ziehen um 1,8 Prozent an. In London gewinnt BAE Systems 1,4 Prozent. "Da scheint eine Kaufwelle im Sektor rund um den Globus zu schwappen", meinte ein Händler.

Weltweite "Kaufwelle"

Die auffallenden Kursbewegungen im Rüstungssektor hätten in Asien begonnen, hieß es. In Indien stiegen die Aktien des staatskontrollierten Rüstungskonzerns Bharat Electronics um 1,4 Prozent, in Israel verteuerten sich die Aktien von Elbit Systems zeitweise um 1,7 Prozent.

Der indische Staatskonzern Bharat Electronics entwickelt unter anderem Radarsysteme sowie Steuerungs- und Kommunikationselektronik. Knapp 70 Prozent der Anteile liegen in Staatshand. Elbit Systems wiederum gilt als Hightech-Rüstungskonzern mit Schwerpunkten in der Luft- und Raumfahrt. Die Elbit-Aktien sind an der Börse in Tel Aviv und an der New Yorker Nasdaq gelistet. Elbit-Ingenieure entwickeln unter anderem Drohnen, Artilleriesysteme und Spionagesatelliten

Beim Thema Rüstung sehen Analysten derzeit exzellente Einstiegsargumente. In zahlreichen Schwellenländern laufen massive Aufrüstungsprogramme an. In Südostasien etwa befeuert der Dauerstreit um die Inseln im Südchinesischen Meer den neuen Rüstungswettlauf. Gefragt sind hier vor allem Fregatten, Seeaufklärer, Überwachungselektronik und U-Boote.

Hightech gegen Raketen

Rund um den Persischen Golf sind es dagegen die Rivalitäten zwischen schiitischen und sunnitischen Mächten, und damit vor allem zwischen dem Iran und Saudi-Arabien, die für massive Investitionen in Militärtechnik sorgen. Der saudische Großauftrag in Höhe von rund 110 Milliarden Dollar, den US-Präsident Donald Trump von seinem Staatsbesuch am Golf mit nach Hause nehmen konnte, umfasst neben der Anschaffung von Munition, Raketen und gepanzerten Fahrzeugen im großen Stil auch den Aufbau eines kompletten Raketenabwehrsystems vom Typ THAAD.

Zusätzlichen Auftrieb im Rüstungssektor löst der US-Präsident auch mit seiner harten Linie im Streit um die atomare Aufrüstung in Nordkorea aus. Nicht wenige Beobachter fürchten hier eine Eskalation bis hin zu einem echten Krieg. Vor allem mit dem "Tomahawk"-Angriff in Syrien im April und dem Einsatz einer überschweren Moab-Bombe in Afghanistan knapp eine Woche später bewies Präsident Trump, dass er tatsächlich bereit ist, mit Waffengewalt in laufende Konflikte einzugreifen.

Kursplus dank Trump?

Das stärkste Argument für Rüstungsaktien sehen Analysten aber in den wiederholten Forderungen Trumps an die Nato-Staaten, ihre Rüstungsausgaben massiv auszuweiten und mehr Geld in die eigene Verteidigung zu investieren. Der US-Präsident spricht in diesem Zusammenhang wörtlich von "riesigen Summen", die Deutschland den USA angeblich "schulden". Im US-Staatshaushalt möchte Trump die Ausgaben für Verteidigung ohnehin erheblich steigern. Sollte es dazu kommen, können wohl vor allem US-Rüstungshersteller mit zahlreichen neuen Aufträgen rechnen.

Worauf sich die aktuellen Kursbewegungen tatsächlich gründen, ist unklar. Womöglich haben sich mehrere schwergewichtige Investoren wie etwa Staats-, Pensions- oder Anlagefonds zum Einstieg in den Rüstungssektor entschlossen und damit weitere Kaufentscheidungen von Kleinanlegern ausgelöst. Fakt hingegen ist, dass sich die Perspektiven im Rüstungssektor schon jetzt so glänzend darstellen wie seit Jahren nicht mehr. Von der erwartbaren Nachfrage nach neuer Militärtechnik dürften mittelfristig auch europäische Rüstungsunternehmen profitieren. Hohes Aufholpotenzial sehen Händler hier zum Beispiel bei MTU, Rheinmetall und Safran.

Spezialisten im MDax

Bei MTU Aero Engines handelt es sich um ein auf Flugzeugtriebwerke spezialisiertes MDax-Unternehmen, das auch für den zivilen Markt produziert. Der Autozulieferer Rheinmetall wiederum verfügt mit seiner Rüstungssparte Rheinmetall Defence über ein starkes Standbein im Geschäft mit "Heerestechnik". Die Rheinmetall-Aktie finden Anleger ebenfalls im MDax.

Die französische Safran Group dagegen ist mit den drei Sparten Luftfahrt, Raumfahrt und Verteidigung breiter aufgestellt. Zudem kontrolliert der französische Staat hier 14 Prozent der Anteile. Die Safran-Aktie ist sowohl im französischen Leitindex CAC-40 wie auch im Eurozonen-Leitindex Eurostoxx50 notiert.

Rheinmetall in der "Top-Liga"

"Bei den globalen Rüstungsaktien haben sich in den letzten Jahren drei klare Cluster mit deutlich unterschiedlichen Performances herausgebildet", erklärt ein Branchenkenner. Diese drei Gruppen spiegeln demnach vor allem die Renditen der Unternehmen und die politischen Rahmenbedingungen ihrer Absatzmärkte wieder.

"Bei Rheinmetall und Safran ist besonders deutlich zu sehen, dass sie jetzt neu bewertet werden", meinte ein Händler. "Sie steigen gerade von der zweiten in die Top-Liga auf", erklärte er. Die Top-Werte der Branche sind seiner Einschätzung nach jedoch weiterhin Thales, Elbit und der US-Konzern Raytheon, der unter anderem auch Abwehrsysteme zum Schutz vor Interkontinentalraketen liefert.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ

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