Wirtschaft

"Takatas Versagen nicht akzeptabel" Airbag-Desaster sprengt alle Maßstäbe

Der Skandal rund um den japanischen Hersteller Takata weitet sich zur größten Rückrufaktion der Automobilgeschichte aus: In den USA müssen wegen lebensbedrohlicher Mängel fast 34 Millionen Autos in die Werkstätten.

Mehr als 100 Verletzte, mindestens sechs gesicherte Todesfälle und fast 34 Millionen möglicherweise defekte Fahrzeuge: Das ist die vorläufige Horrorbilanz der gravierenden Qualitätsmängel bei dem japanischen Zulieferer Takata.

Mangelhafte Airbags zwingen den Spezialhersteller in den USA zu einem landesweiten Rückruf in bislang nie da gewesenen Ausmaßen. Unter dem Druck der US-Verkehrsaufsicht räumte das japanische Unternehmen zuletzt Gefahren bei insgesamt 33,8 Millionen Fahrzeugen ein. Deshalb dürften in den USA nun auf einen Schlag mehr Autos in die Werkstätten beordert werden als jemals zuvor.

Mechaniker überfordert

Der größte Rückruf der Automobilgeschichte: US-Verkehrsminister Anthony Foxx.

Der größte Rückruf der Automobilgeschichte: US-Verkehrsminister Anthony Foxx.

(Foto: REUTERS)

Verkehrsminister Anthony Foxx sprach von der wohl komplexesten Rückrufaktion der US-Geschichte. Es handele sich um die umfangreichste Rückholaktion in der Geschichte der amerikanischen Automobilindustrie, bestätigte die US-Verkehrssicherheitsbehörde.

Aufgrund der enorm großen Zahl an betroffenen Fahrzeugen dürften Werkstätten und Ersatzteillogistik schnell an ihre Grenzen geraten. Wie die Probleme binnen kurzem gelöst werden sollen, ist noch unklar. Lange Wartezeiten - oder schlimmstenfalls neue Unfälle mit Takata-Airbags - dürften den juristischen und wirtschaftlichen Problemsturm für Takata nur vergrößern.

Aufklärung mit Schockbildern: Bei einer Anhörung vor dem Verkehrsausschuss in Washington berichtet ein Takata-Opfer von einer verhängnisvollen Airbag-Zündung in ihrem Kleinwagen (Archivbild).

Aufklärung mit Schockbildern: Bei einer Anhörung vor dem Verkehrsausschuss in Washington berichtet ein Takata-Opfer von einer verhängnisvollen Airbag-Zündung in ihrem Kleinwagen (Archivbild).

(Foto: Reuters)

Takatas Airbags sorgen schon länger für Unruhe. Aufgrund von eklatanten Verarbeitungsmängeln können sie Experten zufolge unter Umständen unvermittelt auslösen und dabei Teile ihrer Metallverkleidung sprengen. Die Behörden gehen inzwischen von mehr als 100 Verletzten und mindestens sechs Todesopfern im Zusammenhang damit aus. Wie hoch die Zahl der Opfer tatsächlich ist, ist Gegenstand intensiver Ermittlungen. Dabei werden auch Unfallereignisse aus den vergangenen Jahren neu aufgerollt. Experten rechnen mit einer deutlich höheren Dunkelziffer.

Belastungsfaktor für BMW

Seit 2013 wurden in den USA im Zusammenhang mit dem Takata-Debakel bereits etwa 17 Millionen Fahrzeuge von Autoherstellern zurückgerufen. Diese Zahl wird sich nun noch einmal fast verdoppeln. Takata habe sich, so Verkehrsminister Foxx, zu einer effektiven Zusammenarbeit mit den Aufsehern und den betroffenen Autobauern verpflichtet.

Begünstigen Hitze und Feuchtigkeit die Fehlzündung: Anhand von Klimakarten erläutert NHTSA-Experte David Friedman vor Senatoren den Stand der Ermittlungen (Archivbild).

Begünstigen Hitze und Feuchtigkeit die Fehlzündung: Anhand von Klimakarten erläutert NHTSA-Experte David Friedman vor Senatoren den Stand der Ermittlungen (Archivbild).

(Foto: Reuters)

Betroffen sind insgesamt elf namhafte Hersteller, darunter auch ein Autobauer aus Deutschland: Zum Kreis der Takata-Partner zählen BMW, Fiat Chrysler, Ford, General Motors, Honda, Mazda, Mitsubishi, Nissan, Subaru und Toyota. Auf deutscher Seite ist BMW der einzige Hersteller, der die fraglichen Airbags verbaut hat. Takata stellt weltweit jeden fünften Airbag her.

"Wir sind froh"

"Wir sind froh, diese Einigung mit der US-Verkehrsaufsicht erreicht zu haben, die einen klaren Weg nach vorne darstellt, um das Vertrauen in die Autohersteller wieder herzustellen", ließ Takata-Chef Shigehisa Takada in einer Mitteilung verlauten. Trotz aller Anstrengungen, die Takata unternehme und bereits unternommen habe, sei es aber klar, dass die abschließende Prüfung der Vorfälle noch Zeit in Anspruch nehmen werde. Die höflichen Worte aus Japan stehen in krassem Widerspruch mit den bisherigen Ergebnissen.

Erst im Februar hatten die US-Behörden Takata wegen mangelnder Kooperation bei den Ermittlungen zu einer Strafe von täglich 14.000 Dollar (rund 12.500 Euro) verdonnert, solange der Konzern sich weigert, beim Krisen-Management mit den Aufsehern zusammenzuarbeiten. "Takatas Versagen [...] ist nicht akzeptabel und wird nicht toleriert", hatte Verkehrsminister Foxx damals erklärt.

Zu schwach für den Ansturm

Der Konflikt war eskaliert, nachdem Takata Forderungen nach einem landesweiten Rückruf zunächst abgelehnt hatte. Das Unternehmen machte das heiße und feuchte Klima in Bundesstaaten wie Kalifornien oder Florida für das unvermittelte Auslösen der Airbags verantwortlich. Es wollte die Rückrufe deshalb auf diese Regionen beschränken.

Angesichts der begrenzten Verfügbarkeit von Ersatzteilen gibt es durchaus Experten, die den Ansatz gutheißen. Dadurch würden zunächst die Gegenden an die Reihe kommen, in denen sich die Unfälle häuften. Takata hat nicht die Produktionskapazität, die nötigen Teile für einen Massen-Rückruf rasch zu liefern.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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