Wirtschaft

Handelskonflikt und Syrienkrieg ZEW-Index fällt stärker als erwartet

Die globale Weltlage lässt die Börsen- und Finanzexperten pessimistischer in die Zukunft schauen. Der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen geht stärker runter als erwartet.

Die Stimmung der Börsen- und Finanzexperten hat im April stärker nachgeben als erwartet. Der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen fiel auf minus 8,2 Punkte von plus 5,1 Punkten im Vormonat, wie das Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) mitteilte. Volkswirte hatten nur mit einem Rückgang auf minus 3,0 Punkte gerechnet. Der langfristige Durchschnitt von 23,5 Punkten wird inzwischen erheblich unterschritten.

"Der Rückgang der Erwartungen ist vor allem auf den internationalen Handelskonflikt mit den Vereinigten Staaten sowie die aktuelle Situation im Syrienkrieg zurückzuführen", erklärte ZEW-Präsident Achim Wambach. "Die deutlichen Rückgänge bei Produktion, Exporten und Einzelhandelsumsätzen in Deutschland im ersten Quartal 2018 wirken sich ebenfalls negativ auf die erwartete zukünftige Konjunkturentwicklung aus."

Auch der Index zur Beurteilung der Konjunkturlage gab nach, und zwar auf 87,9 Punkte nach plus 90,7 Zählern im Vormonat. Erwartet worden war ein Rückgang auf plus 87,0 Punkte.

Die Erwartungen der Finanzmarktexperten an die Konjunkturentwicklung in der Eurozone sanken mit einem Rückgang von 11,5 Punkten ebenfalls sehr stark. Der Erwartungsindikator für die Eurozone betrug nur noch 1,9 Punkte. Der Indikator für die aktuelle Konjunkturlage im Euroraum stieg geringfügig. Er lag bei 57,7 Punkten und damit 1,5 Punkte höher als im Vormonat.

Reaktionen von Analysten

Thomas Altmann, QC Partners: "Ein klares Indiz, dass sich der aktuelle Aufschwung seinem Höhepunkt nähert oder diesen bereits überschritten hat. Die Wirtschaft könnte schneller als von vielen erwartet ins Stocken geraten. Offensichtlich befürchten die befragten Analysten und Anleger deutliche Auswirkungen des Handelskonflikts zwischen den USA und China. Auch die Einschätzung der aktuellen Lage ist den dritten Monat in Folge im Rückwärtsgang. Das ist ein deutliches Warnsignal. Alle, die den ZEW-Index als verlässlichen Frühindikator sehen, müssen sich jetzt warm anziehen."

Ralph Solveen, Commerzbank: "Neben den zuletzt schwächeren Konjunkturdaten dürfte dies auf den Handelskonflikt zwischen den USA und China zurückzuführen sein, dessen Eskalation die Weltwirtschaft wohl spürbar belasten würde. Allerdings sind dies bisher nur Befürchtungen der vom ZEW befragten Analysten, und der ZEW-Index hat in den vergangenen Jahren häufiger Fehlsignale gegeben. Inwieweit die Wirtschaft derzeit tatsächlich wegen Trumps Protektionismus und anderer Faktoren an Fahrt verliert, werden kommende Woche die Einkaufsmanagerindizes und das Ifo-Geschäftsklima zeigen. Wir rechnen auch hier mit einem weiteren Rückgang, so dass sich die Anzeichen für ein etwas schwächeres Wachstum in den kommenden Quartalen verdichten dürften. Hierfür dürften der stärkere Euro und ein etwas schwächeres Wachstum in Asien noch eine größere Rolle spielen als die Drohungen aus Washington. Mit einem Ende des Aufschwungs würden wir aber nur bei einer Eskalation des Handelskonflikts rechnen. Ansonsten dürfte die sehr expansive Geldpolitik den Aufschwung in Gang halten."

Thomas Gitzel, VP Bank: "Die Konjunkturerwartungen rauschen in den Keller. Für die vom ZEW befragten Finanzmarktanalysten war die Nachrichtenlage der vergangenen Wochen schweißtreibend. Ein möglicher Handelskrieg, die Russland-Sanktionen und eine Zuspitzung der militärischen Situation in Syrien waren alles andere als aufbauende Themen. Allerdings gilt auch: Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird. Zwar dürfte die Wachstumsdynamik in den kommenden Quartalen nachlassen, doch ein deutlicher konjunktureller Einbruch ist nicht zu befürchten. Der deutsche Arbeitsmarkt ist in einer blendenden Verfassung, die Zinsen sind tief und die Auftragsbücher in der Industrie sind noch gut gefüllt. Die Wachstumseuphorie ging aber vielerorts schlichtweg zu weit. Der Rückgang wichtiger Konjunkturfrühindikatoren holt uns auf den Boden der Tatsachen zurück. Die Konjunkturbäume wachsen eben nicht in den Himmel."

Quelle: ntv.de, wne/DJ/rts

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