Wirtschaft

Konjunktur trübt sich ein Wirtschaftsweise senken Prognose

Der wirtschaftliche Aufschwung schwächt sich ab.

Der wirtschaftliche Aufschwung schwächt sich ab.

(Foto: dpa)

Die Wirtschaftsweisen schrauben ihre Erwartungen herunter. Grund sind die weltweiten Handelskonflikte sowie der Brexit. Hierzulande geht die größte Gefahr vom demografischen Wandel aus. Die Regierung sollte gegensteuern.

Der Chef der Wirtschaftsweisen sieht Deutschland auch angesichts einer eingetrübten Konjunktur vor wichtigen Weichenstellungen. "Ich wünsche mir vor allem eine klare Linie für die Zukunft, die der Frage, wie künftig Wohlstand geschaffen werden kann, mehr Raum gibt", sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Christoph M. Schmidt. Er sieht Herausforderungen vor allem in der Arbeitsmarkt-, Renten- und Steuerpolitik.

Die fünf Wirtschaftsweisen senkten ihre Konjunkturprognose für das laufende Jahr deutlich. Für 2018 wird nun ein Wachstum des Bruttoinlandsproduktes (BIP) um 1,6 Prozent erwartet, wie aus dem Jahresgutachten des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung hervorgeht. Im Frühjahr waren die Experten noch von einem Wachstum von 2,3 Prozent ausgegangen.

Schmidt forderte die Bundesregierung auf, den Solidaritätszuschlag ganz abzuschaffen. Angesichts der vor allem in Großstädten angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt sagte er, Grund für die Preissteigerung sei die Nachfrage, die gegenüber dem Angebot sehr stark gestiegen sei. "Statt wie mit der Mietpreisbremse in das Preisgefüge einzugreifen, sollten das Wohngeld angepasst, der soziale Wohnungsbau besser ausgestaltet, mehr Bauland ausgewiesen und die Grundsteuer sowie die Grunderwerbssteuer reformiert werden."

"Unserer Einschätzung nach wird es weiterhin beim Aufschwung bleiben, aber mit vermindertem Wachstumstempo", sagte Schmidt, der auch Präsident des RWI - Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung in Essen ist: "Wir sehen keine akute Gefahr einer Rezession." Zugleich aber seien die Risiken für die konjunkturelle Entwicklung nach wie vor hoch. "Auf der internationalen Ebene ist dies vor allem die zunehmende Abkehr von der multilateralen globalen Wirtschaftsordnung, die bislang weltweit viel Wohlstand geschaffen hat. Deutschland hängt in besonderem Maße davon ab." Das Risiko einer Eskalation von Handelskonflikten sei größer geworden.

Engpässe bei Fachkräften

Dazu komme die Frage, wie die Europäische Union mit dem Ausstieg Großbritanniens aus der EU umgehe und wie die EU gestärkt werden könne. National würden sich die Folgen des demografischen Wandels immer stärker zeigen, sagte Schmidt. "Zurzeit haben wir eine demografische Atempause, die sich aber dem Ende zuneigt. In der nächsten Dekade gehen die geburtenstarken Jahrgänge in den Ruhestand. Das wird uns vor große Herausforderungen stellen."

Auf dem Arbeitsmarkt gebe es außerdem zunehmend Engpässe bei Fachkräften, insbesondere in der Gesundheitsversorgung und in der Pflege. "Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, braucht es einen Politik-Mix", sagte Schmidt. "Das bestehende Arbeitskräftepotenzial sollte besser ausgenutzt werden - beispielsweise, indem man mehr Möglichkeiten schafft, aus der Teilzeit in die Vollzeit zurückzukehren, flexible Arbeitszeiten ermöglicht und Betreuungszeiten von Kitas ausbaut."

Gleichzeitig sollte das Arbeitskräftepotenzial ausgeweitet werden, durch die Einbindung von mehr älteren Arbeitnehmern und die Zuwanderung von Fachkräften. Die Bundesregierung unternehme mit dem geplanten Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz Schritte in die richtige Richtung.

Wichtiges Thema Rente

In der Rentenpolitik warb Schmidt um eine Versachlichung der Debatte. "Hier gibt es viele Ängste in der Diskussion um das sinkende Sicherungsniveau. Diese Größe ist aber ja nur der Ausdruck der relativen Höhe der Rente eines Standard-Rentners im Vergleich zum Einkommen des durchschnittlichen Beitragszahlers. Bei starkem Wirtschaftswachstum kann ein sinkendes Sicherungsniveau daher durchaus mit einem besseren Lebensstandard verknüpft sein." Es gehe beim Thema Rente vor allem um Generationengerechtigkeit, sagte er. "Die nachfolgenden Generationen haben bereits jetzt vergleichsweise hohe Lasten zu tragen."

Es wäre laut Schmidt sinnvoll, ab 2030 die Lebensarbeitszeit an die weiter steigende Lebenserwartung anzupassen: "Eine höhere Lebenserwartung von drei Jahren könnte zwei Jahre länger arbeiten und ein Jahr länger Ruhestand bedeuten." Für die ab 1990 Geborenen würde eine solche Verlängerung der Lebensarbeitszeit nach Darstellung des Ökonomen eine Rente ab 70 bedeuten. "Berechnungen zufolge wird die restliche Lebenserwartung von 65-jährigen Männern bis dahin bei rund 22 Jahren liegen, gute vier Jahre höher als heute."

Quelle: ntv.de, wne/dpa/AFP

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