Wirtschaft

"Besitz ist langweilig" Wem gehört in Zukunft das Auto?

Der Smart Vision EQ fortwo ist für Mercedes das Robotertaxi der Zukunft.

Der Smart Vision EQ fortwo ist für Mercedes das Robotertaxi der Zukunft.

(Foto: Holger Preiss)

Carsharing und autonomes Fahren stellen Hersteller vor die Frage: Wem werden wir künftig Autos verkaufen? Manche glauben, Menschen werden nicht auf Eigentum verzichten. Andere betrachten diese Sichtweise als überholt. Wer hat recht?

In Zeiten von Carsharing-Diensten und möglicherweise bald sogar selbstfahrenden Autos stellt sich immer mehr die Frage, ob Menschen künftig überhaupt noch Autos kaufen wollen. Der Autobauer Hyundai etwa wettet eindeutig dagegen. Die Südkoreaner bereiten sich mit Milliardeninvestitionen auf eine Zukunft vor, in der die Käufer von Autos vor allem große Carsharing-Unternehmen wie Uber, Lyft und Grabtaxi sein werden.

"Der Trend dreht sich", sagte Woongjun Jang, bei Hyundai für die Entwicklung von Fahrassistenten verantwortlich, in einem Interview mit "Bloomberg". "In der Vergangenheit gefiel es den Menschen, ihr eigenes Auto zu besitzen." In der nahen Zukunft hingegen würden die Eigentümer auf einem Markt selbstfahrender Autos vor allem Mobilitätsanbieter sein.

Es gibt aber auch Stimmen unter den Granden der Autoindustrie, die das anders sehen. Dazu zählt Carlos Ghosn, Chef von Renault-Nissan. Und seine Stimme dürfte ein gewisses Gewicht haben, schließlich ist Renault-Nissan im vergangenen Jahr mit rund 10,6 Millionen verkauften Autos nach Stückzahl der zweitgrößte Hersteller der Welt. Ghosn jedenfalls ist der Meinung, dass neue Formen der Mobilität nur geringe Auswirkungen auf den Automarkt haben werden und das traditionelle Modell bestehen bleibt.

Auch der US-Chef des japanischen Herstellers Subaru, Tom Doll, ist überzeugt, dass die meisten weiterhin ein Auto besitzen oder leasen werden. "Für Menschen ist es schmerzhaft, Autos miteinander zu tauschen, alle ihre Sachen herauszuholen - Stifte, Papiere, Hundehaare." Die Menschen wünschten eine langandauernde Beziehung zu lediglich einem oder zwei Autos in ihrer Einfahrt. "Es ist einfach und bequem."

"Wandel zuerst in den großen Städten"

Ferdinand Dudenhöffer, Leiter des CAR (Center Automotive Research) an der Universität Duisburg-Essen, ist hingegen überzeugt, dass sich das persönliche Verhältnis zum Auto derzeit ändert: "Besitz ist langweilig. Die Benutzung ist das Spannende", sagt er n-tv.de. Nutzer würden sich künftig je nach aktuellem Bedarf das passende Auto leihen. Zusammen mit den Fortschritten beim automatisierten Fahren werde dies in den nächsten Jahren dazu führen, dass vor allem in den großen Städten immer seltener Menschen Autos ihr Eigen nennen werden. "In New York, Singapur und Shanghai werden in 20 Jahren grob geschätzt nur noch 40 Prozent der Autos gekauft sein. Der Rest gehört Mobilitätsdienstleistern."

Allerdings werde die Entwicklung regional recht unterschiedlich sein, so der Autoexperte: "In dünn besiedelten Gebieten wird es mit Mobilitätsdiensten schwieriger." Dort dürfte das Auto als Eigentum noch längere Zeit eine Rolle spielen. Auch in Europa dürfte sich der Wandel langsamer zeigen, da es gegenüber neuen Techniken wie autonomes Fahren nicht so aufgeschlossen sei wie etwa China und die USA.

Doch werden Autokonzerne bei einer Zunahme von Carsharing-Diensten und autonomen Taxis nicht Sorgen haben müssen, weniger Autos zu verkaufen? "Es wird nicht weniger Autos geben. Der größte Verlierer wird der öffentliche Nahverkehr sein", glaubt Dudenhöffer. Vor allem, wenn autonom fahrende Autos sich durchsetzen, würden Menschen in Städten immer öfter auf Bus oder Straßenbahn verzichten und auf die Autoflotten von Mobilitätsanbietern umsteigen.

Deutsche Autobauer setzen auf Wandel

Die deutschen Hersteller scheinen angesichts dieser Perspektiven gut aufgestellt für den Automarkt der Zukunft zu sein. BMW etwa will sich künftig noch stärker zum Anbieter von Mobilitätsdiensten wandeln. Ein Schritt in diese Richtung war bereits die Gründung des Carsharing-Dienstes DriveNow im Jahr 2011. Dieser zählt mittlerweile mehr als eine Million Menschen in 13 europäischen Städten zu seinen Kunden. Mit Intel und Mobileye arbeitet BMW zudem am hoch- und vollautomatisierten Fahren.

Auch Daimler setzt mit seinem Dienst Car2Go bereits auf Carsharing: Seit bereits neun Jahren auf dem Markt, hat der Dienst nach Unternehmensangaben bereits knapp drei Millionen Kunden weltweit. Auch bei Robo-Taxis macht der Stuttgarter Autobauer nach eigenen Angaben große Fortschritte. Seit vergangenem Jahr wird gemeinsam mit Bosch gemeinsam daran getüftelt. "Bereits in den kommenden Monaten werden erste Testfahrzeuge auf den Straßen zu sehen sein", kündigte Bosch-Chef Volkmar Denner jüngst an. Anfang des kommenden Jahrzehnts soll der reguläre Betrieb starten.

Marktführer VW macht sich ebenfalls für neue Geschäftsfelder bereit. Die "Strategie 2025" setzt neben neuen Elektromodellen für Endkunden auch auf Digitalisierung und Mobilitätsdienste. "Perspektivisch gesehen könnten wir auch eigene, selbstfahrende Shuttleflotten betreiben, wenn das autonome Fahren in der Stadt in Serie geht“, sagt Matthias Müller. Bis 2025 will der Konzern auch Marktführer in diesem Bereich werden.

Quelle: ntv.de

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