Wirtschaft

US-Strafzölle gegen China "Trump könnte sich noch 180 Grad drehen"

Donald Trump im November bei seinem offiziellen Besuch bei Präsident Xi in Peking.

Donald Trump im November bei seinem offiziellen Besuch bei Präsident Xi in Peking.

(Foto: REUTERS)

Donald Trump macht im Handelsstreit weiter Ernst. Die Welt sei eine Drehung der Zollspirale vom Handelskrieg entfernt, sagt der Ökonom Holger Schmieding n-tv.de. Allerdings sei der US-Präsident auch für Überraschungen gut. Sein Umgang mit Nordkorea habe das trefflich bewiesen.

n-tv.de: Donald Trump hat die Strafzölle auf Importwaren aus China genehmigt. Peking will in gleichem Ausmaß zurückschlagen. Die europäischen Vergeltungsmaßnahmen für US-Stahlzölle greifen bereits am 1. Juli. Ist das der befürchtete globale Handelskrieg oder lässt er sich noch wegverhandeln?

Holger Schmieding: Noch ist das Wort "Handelskrieg" wohl etwas zu hoch gegriffen. Mit den neuen US-Zöllen auf Einfuhren aus China hat Trump allerdings eine weitere Runde der Handelskonflikte eingeleitet. Sollte die Eskalationsschraube sich weiter drehen, sollten also die USA auf wahrscheinliche Vergeltungsmaßnahmen Chinas mit nochmaligen US-Zöllen auf weitere Einfuhren aus China reagieren, wäre das Wort vom Handelskrieg wohl angemessen. Allerdings ist Trump als sehr sprunghaft bekannt. In kurzer Zeit hat er sich im Umgang mit Nordkorea ja um 180 Grad gedreht. Der "Raketenmann" ist für ihn jetzt zum Ehrenmann geworden. Es bleibt gut möglich, dass Trump sich nach weiteren Verhandlungen mit China auf einen "Deal" einlässt, mit dem alle neuen Handelsschranken wieder aufgehoben werden und in dem China sich gleichzeitig zu mehr Einfuhren von Flüssiggas aus den USA sowie zu einem besseren Schutz geistigen Eigentums verpflichtet.

Europas Antwort auf US-Zölle auf Stahl und Aluminium lautet: Zölle auf Bourbon-Whiskey, Erdnussbutter, Harley-Davidson-Motorräder und Levi's-Jeans. Ist das angemessen oder sollte Europa vielleicht entschiedener reagieren?

Europa hat genau richtig reagiert. Es verhängt nach angemessener Zeit für Verhandlungen einige gezielte Gegenmaßnahmen. Und es geht genau nach den Regeln der Welthandelsorganisation WTO vor. Die Europäische Union wehrt sich, ohne den Streit selbst zu eskalieren.

Die wirtschaftlichen Bremsspuren durch den Handelsstreit werden mittlerweile sichtbar. Die Bundesbank hat sich zu der wachsenden Gruppe der Konjunkturskeptiker gesellt, die ihre Prognosen wegen des Handelsstreits zurückfahren. Das gibt zu denken ...

Ja, es gibt Anlass zur Sorge. Die Trumpschen Drohungen mit einem Handelskrieg sind ein wesentlicher Grund dafür, dass sich die Geschäftserwartungen in Deutschland und der Eurozone in den vergangenen Monaten eingetrübt haben. Statt der 2,5 Prozent Wachstum, die sonst in diesem Jahr sowohl in Deutschland als auch der Eurozone möglich gewesen wären, werden es jetzt wohl nur 1,5 Prozent. Sollte ein echter transatlantischer Handelskrieg ausbrechen, wäre der Schaden wohl noch größer.

Deutschen Unternehmen droht laut dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag DIHK sogar eine Doppelbelastung: Sie werden die europäischen und die amerikanisch-chinesischen Zölle zu spüren bekommen, weil viele Niederlassungen und Engagements in beiden Ländern haben. Wie schlimm könnte das noch werden?

Für einzelne Unternehmen könnte der Schaden erheblich sein. Wir sollten aber nicht das große Umfeld aus dem Auge verlieren. Dank der US-Steuerreform läuft die US-Konjunktur derzeit besonders gut. Deutsche Unternehmen werden deshalb wahrscheinlich trotz einiger möglicher Handelsschranken ihren Absatz in den USA in diesem Jahr steigern können.

Die US-Regierung spricht bereits über Auto-Zölle. Rechnen Sie als Nächstes eher mit Friedensangeboten aus China und der EU oder eher mit weiteren Vergeltungsmaßnahmen?

Holger Schmieding, Chefvolkswirt Berenberg Bank.

Holger Schmieding, Chefvolkswirt Berenberg Bank.

Der nächste Schritt dürften Verhandlungen sein, vermutlich mit gewissen Friedensangeboten beider Seiten. Allerdings dürften alle Seiten sich dabei auf weitere Schritte vorbereiten. So wird die EU sich sicherlich überlegen, wie sie auf mögliche US-Zölle auf Automobileinfuhren reagieren würde.

Nutzen Trumps Strafzölle der US-amerikanischen Wirtschaft wirklich oder schaden sie eher?

Insgesamt sind die Strafzölle für alle beteiligten Länder schädlich, da sie das Vertrauen in die Regeln des Welthandels untergraben. Allerdings könnten die USA kurzfristig einen kleinen Gewinn davon haben, dass sie durch die bereits verhängten Zölle ein paar Staatseinnahmen erzielen. Die gehen zwar zum Teil auf Kosten der eigenen Verbraucher, aber eben zum Teil auch auf Kosten ausländischer Produzenten. Rechnet man die Gegenmaßnahmen anderer Länder mit ein, ist die Bilanz aber für alle Länder negativ.

Die Maßnahmen des Präsidenten sind selbst unter Trumps Parteikollegen umstritten. Ein Gesetz zum Schutz der nationalen Sicherheit gibt dem US-Präsidenten allerdings das Recht, im Alleingang Zölle zu erheben. Nur der Kongress und das Repräsentantenhaus könnten ihn stoppen. Werden sie Trump daran hindern, den Konflikt weiter zu führen?

Es gibt zwar durchaus eine Chance, dass der Kongress Trump stoppen wird. Dafür müsste aber eine große Zahl von Republikanern mit den oppositionellen Demokraten zusammenarbeiten. Danach sieht es derzeit leider nicht aus. Denn bei der Basis der Republikaner ist Trump derzeit recht beliebt. Sollte eine Mehrheit im Kongress Trump Daumenschrauben anlegen wollen, könnte Trump dagegen ein Veto einlegen. Dieses Veto könnte nur mit einer Zweidrittelmehrheit in beiden Häusern des Kongresses überstimmt werden. Dass die Freihändler eine solche Mehrheit erreichen können, ist derzeit leider nicht sehr wahrscheinlich. Stattdessen ist es möglich, dass der Druck aus Wahlkreisen mit Unternehmen, die von Gegenzöllen anderer Länder besonders betroffen wären, auch von Trump und seinen Beratern beachtet wird.

Mit Holger Schmieding sprach Diana Dittmer

Quelle: ntv.de

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