Wirtschaft

Trotz Twitter-Diplomatie Trump ist keine Job-Maschine

Donald Trump.

Donald Trump.

(Foto: imago/UPI Photo)

Ob GM, Ford oder Amazon: US-Konzerne kündigen eifrig an, Milliarden in den USA zu investieren und viele Jobs zu schaffen. Knicken die Firmen vor dem neuen Präsidenten Trump ein? Mitnichten.

Mangelndes Ego kann man Donald Trump nicht vorwerfen. "Ich werde der größte Schöpfer von Jobs sein, den Gott jemals erschaffen hat", sagte der künftige US-Präsident vergangene Woche zu Beginn einer denkwürdigen Pressekonferenz. Bis dahin ist es ein weiter Weg. Denn unabhängig davon, wieviel Einfluss ein Präsident auf die Entstehung von Arbeitsplätzen in einer Volkswirtschaft hat: In den beiden Amtszeiten von Bill Clinton sind in den USA 21 Millionen Jobs entstanden. Die Latte liegt also hoch.

Was nichts daran ändert, dass der Milliardär nach eigener Wahrnehmung schon vor der Vereidigung am kommenden Freitag damit begonnen hat, seine Mission zu erfüllen: Amerika wieder groß zu machen, indem er Jobs zurück in die USA holt. Und tatsächlich sieht es auf den ersten Blick durchaus so aus, als verzeichne Trump bereits Erfolge: General Motors, Ford und Amazon sind nur die bekanntesten Unternehmen, die in den vergangenen Tagen angekündigt haben, Tausende Arbeitsplätze in den USA zu schaffen und dort viel Geld zu investieren.

Es liegt nahe, das als eine Reaktion auf Attacken und Drohungen von Trump zu interpretieren, die vorzugsweise per Twitter vorgebracht werden. Schließlich hatte der künftige Präsident im Wahlkampf und nach seinem Triumph immer wieder US-Unternehmen dafür angegriffen, im Ausland zu produzieren – und mit Konsequenzen gedroht. Kaum stand fest, dass Trump tatsächlich Präsident wird, kündigten zahlreiche Unternehmen eifrig an, Milliarden in den USA zu investieren und dort Jobs zu schaffen. Einige versicherten, auf Jobverlagerungen ins Ausland zu verzichten. Andere versprachen sogar, Jobs in die USA zu verlagern.

Das klingt schon sehr nach vorauseilendem Gehorsam oder Einknicken. Allein, es ist nicht so.

Für die Perspektive: Im November 2016 entstanden in den USA nach Angaben des Dienstleisters ADP insgesamt 216.000 Jobs im privaten Sektor – das sind rund 800 Arbeitsplätze alle drei Stunden. Da erscheinen Ankündigungen einzelner Unternehmen, einige Tausend Jobs in den USA zu schaffen, nicht besonders eindrucksvoll. Und es zeigt auch: Entscheidend in Sachen Jobs sind Kräfte wie Konjunktur, Demografie oder Ereignisse im Ausland.

"Das tönt zwar gut"

Die Ankündigungen der Firmen sind vor diesem Hintergrund zu sehen. Die Investitionsentscheidungen werden nicht spontan getroffen, sie sind schon lange geplant – völlig unabhängig von Trump. Oder wie es General-Motors-Sprecher Patrick Morrissey ausdrückte: "Keine Frage, dass in den USA derzeit das Schaffen von Jobs stark betont wird." Es sei deshalb nun eine gute Zeit, mitzuteilen, was GM mache, sagte er dem Sender "Fox News". Es ist im gegenwärtigen politischen Klima schlicht opportun, Investitionen in den USA herauszustellen.

Das frühere Vorstandsmitglied von General Motors, Bob Lutz, meinte derweil in Sachen Trump-Tweets: "Das tönt zwar gut, ist aber dummes Geschwätz." Die Tweets machten zwar viele Manager nervös, aber zu Änderungen von Investmententscheiden würden sie nicht führen, sagte er der Schweizer "Handelszeitung".

Auch im Fall des US-Autobauers Ford, der Pläne für eine Fabrik in Mexiko aufgab, habe das wenig mit Trumps getwitterten Drohungen zu tun gehabt. Vielmehr laufe das Geschäft mit den Kleinwagen schlecht, sagte Lutz und ergänzte: "Die Tweets von Trump waren eher eine willkommene Ausrede, um die Investition zu annullieren."

Und warum investieren GM oder Ford kräftig in den USA? Sie profitieren davon, dass die US-Wirtschaft in den vergangenen sieben Jahren stetig gewachsen ist. Hinzu kommt: Die Benzinpreise sind niedrig, die Zinsen auch. Darum brummt der Automobilmarkt der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt – und darum investieren GM oder Ford wieder kräftig in den USA.

Was auch daran liegt, dass US-Amerikaner sich wieder ihre geliebten SUVs und Pickups leisten. Diese Autos produzieren GM und Ford ohnehin in den USA, nicht im Ausland. Und so hat GM – das übrigens von den Regierungen George W. Bush und Barack Obama vor dem Zusammenbruch gerettet wurde – seit 2009 mehr als 21 Milliarden Dollar in den USA investiert. Das sind im Schnitt drei Milliarden Dollar pro Jahr. Zudem hat der Konzern in den vergangenen vier Jahren nach eigenen Angaben die Zahl der außerhalb der USA Beschäftigten um 15.000 reduziert und die meisten dieser Jobs in die USA gebracht. Die Ankündigung von GM, zusätzlich eine Milliarde Dollar in seine heimische Produktion zu stecken und etwa 1500 neue Arbeitsplätze zu schaffen, ist die Fortsetzung von dem, was seit geraumer Zeit geschieht.

Was GM und Trump nicht herausstellen: Der Konzern schafft nicht nur Jobs in den USA, er streicht auch welche. Derzeit wird ein bereits angekündigter Abbau von 3300 Stellen in drei Fabriken umgesetzt. Und in Mexiko wird auch weiter investiert.

Bei Ford ist das ähnlich. Zwar kündigt Ford-Chef Mark Fields an, dass die "von Trump und dem Kongress angekündigte wachstumsfördernde Politik" ein Grund dafür sei, in den USA zu investieren. Doch dahinter steckt das gleiche Kalkül wie bei GM: US-Autohersteller bauen gerne Autos, die groß, teuer und mit viel Technik ausgerüstet sind. Warum? Weil die US-Amerikaner diese Autos lieben. Und weil Konzerne mit diesen Fahrzeugen sehr viel mehr Geld verdienen – sie sind nicht nur teurer, auch die Margen sind viel höher als bei günstigen Kleinwagen. Und dank der guten Konjunktur und des billigen Benzins können sich US-Amerikaner diese derzeit leisten.

Ein weiterer Punkt: Ford setzt auch auf Elektromobilität. Diese Fahrzeuge sollen ebenfalls in den USA entwickelt und gebaut werden – denn ihre Produktion erfordert anspruchsvolle Forschung und gut ausgebildete Arbeiter an den Fertigungsstraßen.

Roboter ersetzen Menschen

Doch nicht nur Autohersteller kündigen das Schaffen von vielen Jobs in den USA an. Auch Amazon tut das beispielsweise. Und wie bei den Autoherstellern gilt: Das liegt nicht an Trump, sondern vielmehr an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, für die eher Barack Obama und Notenbank-Chefin Janet Yellen gesorgt haben.

Anfang Dezember gab es in den USA lediglich 5,5 Millionen offene Stellen, die Arbeitslosigkeit liegt unter fünf Prozent. Das heißt: Wenn ein boomendes Unternehmen wie Amazon viele Stellen besetzen will, muss es den Arbeitnehmern auch etwas bieten – zeitlich befristete Stellen oder Gelegenheitsjobs reichen häufig nicht mehr aus. Die eigene große Nachfrage nach Arbeitskräften und das vergleichsweise geringe Angebot zwingen Amazon, Vollzeitjobs auch für Stellen anzubieten, die eine eher geringere Qualifikation erfordern.

So gut das für die Betroffenen auch ist: Zehntausende Jobs, die bei Amazon entstehen, bedeuten, dass anderswo Arbeitsplätze verschwinden – der Erfolg von Amazon geht zulasten des Einzelhandels. Lowe, Macy's und KMart sind nur drei Ketten, die in den letzten Wochen angekündigt haben, Tausende Jobs zu streichen.

Der einzige Deal, den Trump für sich in Anspruch nehmen kann, ist Carrier. Die Tochter von United Technologies stellt Klimaanlagen her und war im Wahlkampf eine der bevorzugten Zielscheiben von Trump. Der Grund: Carrier wollte Stellen nach Mexiko verlagern.

Die Firma hat ihren Sitz im Bundesstaat Indiana, wo der künftige Vizepräsident, Mike Pence, Gouverneur war. Nach dem Wahlsieg Trumps kündigte das Unternehmen an, 800 Stellen weniger ins Ausland zu verlagern als bisher geplant und diese am Standort Indianapolis zu belassen. Was Trump im Jubel darüber nicht erwähnte: Im Gegenzug gibt es für Carrier Steuervergünstigungen. Und 1300 Jobs gehen dennoch nach Mexiko.

Nachhaltig ist diese Methode Trumps, Jobs zu schaffen, nicht. Zumal alleine im vergangenen Jahr 2,2 Millionen Stellen in den USA entstanden sind – weit mehr, als der Milliardär aushandeln kann. Doch es entspricht eben Trump, einen Deal unter Männern zu machen und den als spektakulären Erfolg zu verkaufen – und die gesamtwirtschaftlichen Kräfte geflissentlich zu ignorieren.

Zu diesen gehört auch, dass die meisten Stellen in der US-Produktion nicht wegen der Verlagerung ins Ausland verloren gegangen sind, sondern durch die Automatisierung. Autos werden immer mehr von Robotern gebaut anstatt von Menschen. In Zahlen ausgedrückt: In den vergangenen 40 Jahren ist die Industrieproduktion in den USA laut Fed um 150 Prozent gestiegen. Die Zahl der Jobs in diesem Sektor sank im gleichen Zeitraum um rund ein Drittel.

Der Klimaanlagen-Hersteller Carrier kündigte übrigens noch an, 16 Millionen Dollar in die Fabrik in Indianapolis zu investieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Was das bedeutet, erläuterte Greg Hayes, der Chef der Mutter United Technologies: Der größte Teil dieser Summe wird in die Automatisierung gesteckt.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen