Wirtschaft

Eurozone wächst Litauen schwächt Bundesbank

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist künftig nicht mehr bei jeder Sitzung des EZB-Rats stimmberechtigt.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist künftig nicht mehr bei jeder Sitzung des EZB-Rats stimmberechtigt.

(Foto: REUTERS)

Die Eurozone wird erweitert. Die Finanzminister geben grünes Licht für den geplanten Beitritt Litauens. Bundesbankpräsident Weidmann verliert damit gehörig an Einfluss auf den Kurs der EZB.

Litauen wird am 1. Januar kommenden Jahres den Euro einführen. Die Finanzminister werden sich im Tagesverlauf einer entsprechenden Empfehlung der EU-Kommission anschließen, Eine förmliche Entscheidung der EU für den Beitritt ist für den Juli geplant. Litauen wird damit das 19. Mitglied der Eurozone - und löst dadurch entscheidende Veränderungen bei der Europäischen Zentralbank aus. Der Einfluss der Bundesbank und damit Deutschlands im für die Geldpolitik entscheidenden Rat wird unweigerlich sinken.

Denn Bundesbank-Präsident Jens Weidmann ist dann nicht mehr bei jeder Sitzung stimmberechtigt, sondern muss sich alle fünf Monate bei den Abstimmungen über die Leitzinsen oder neue Krisenmaßnahmen mit einer Zuschauerrolle begnügen.

Für manche deutsche Politiker und auch viele machtbewusste Bundesbanker ist das wohl eine Horrorvorstellung. Doch auf Schützenhilfe der Bundesregierung dürfen sie nicht hoffen. Finanzminister Wolfgang Schäuble sieht keinen Grund, den Kompromiss wieder aufzuschnüren - zumal Änderungen nur einstimmig beschlossen werden können. Außerdem sei die EZB sei europäischen Interessen verpflichtet und nicht nationalen.

Hintergrund ist das vor mehr als zehn Jahren beschlossene Rotationsverfahren für die Mitglieder des EZB-Rats, das ab dem 19. Mitgliedsland erstmals greifen wird. Denn sobald insgesamt 25 Zentralbanker am großen Ratstisch im obersten Stockwerk des Frankfurter Euro-Tower Platz nehmen - 19 Notenbankgouverneure der Euro-Länder und die sechs EZB-Direktoren, greift eine umständliche Regelung - angelehnt an die Rotation bei der US-Notenbank Federal Reserve, bei der die Stimmrechte der Chefs der regionalen Fed-Ableger im Jahresturnus rotieren.

Lautenschläger im EZB-Rat

Die gemessen an ihrer Wirtschaftskraft und der Größe ihrer Finanzsektoren fünf größten Länder erhalten insgesamt vier feste Stimmrechte im EZB-Rat. Das Stimmrecht rotiert jeden Monat, wodurch stets eines der größten Euroländer nicht mitstimmen darf, also auch Deutschland. Die restlichen Länder - mit Litauen wären dies 14 - bekommen zusammen elf Stimmrechte. Übersteigt die Zahl der Mitgliedsländer der Eurozone 22, so wird diese zweite Gruppe weiter unterteilt: Die den größten fünf Ländern folgende Hälfte rotiert dann um acht Stimmrechte, die restlichen kleinsten Länder rotieren um drei Stimmrechte. Teilnehmen dürfen an den EZB-Ratssitzungen allerdings alle Mitglieder bei allen Sitzungen. Bundesbank-Chef Weidmann kann seinen Einfluss also auch geltend machen, wenn er am Ende nicht mitstimmen darf - dies wird alle fünf Monate der Fall sein.

In der Vergangenheit war aus Deutschland wiederholt Kritik an dem künftigen Rotationsverfahren gekommen. Viele, vor allem konservative Politiker, fürchten um einen schwindenden Einfluss der Bundesbank und damit Deutschlands, da im Zweifelsfall für Deutschland kritische Entscheidungen dann bei Sitzungsterminen durchgepaukt werden könnten, an denen die Bundesbank sich nicht dagegen wehren kann.

Allerdings ist Deutschland auch ohne das Stimmrecht der Bundesbank im EZB-Rat vertreten, nämlich über seinen - traditionellen, wenn auch nicht rechtlich fixierten - Sitz im EZB-Direktorium. Dort ist im Januar die bisherige Vizepräsidentin der Bundesbank, Sabine Lautenschläger, eingezogen. Und dem Vernehmen nach hat die EZB bereits in jüngster Zeit Beschlüsse gegen Weidmanns Stimme gefasst.

Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa

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