Wirtschaft

Hochstimmung in Chefetagen Ifo-Index springt auf Allzeithoch

Unter anderem schiebt der Bauboom Deutschlands Wirtschaft an.

Unter anderem schiebt der Bauboom Deutschlands Wirtschaft an.

(Foto: dpa)

Positive Nachrichten aus München: Das Ifo-Institut vermeldet entgegen der Prognosen einen weiteren Anstieg seines Geschäftsklimaindex. Dieser erreicht einen bislang noch nicht erreichten Wert. Die deutsche Wirtschaft setzt ihren Höhenflug fort.

Die Stimmung unter den Führungskräften der deutschen Unternehmen bleibt auch im Juni sehr gut. Der Ifo-Geschäftsklimaindex kletterte von 114,6 auf 115,1 Punkte und erreichte damit ein neues Allzeithoch, wie das Münchner Institut zu seiner Umfrage unter 7000 Managern mitteilte.

"Damit wurde der Rekordwert vom Vormonat überboten", hieß es weiter. Ökonomen hatten mit einem leichten Rückgang auf 114,4 Zähler gerechnet.

"In den deutschen Chefetagen herrscht Hochstimmung", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest. "Die deutsche Wirtschaft setzt ihren Höhenflug fort." Die Unternehmen waren den Angaben zufolge nochmals "deutlich zufriedener " mit ihrer aktuellen Lage. Der entsprechende Index stieg von 123,3 Punkten auf 124,1 Punkte. Auch die Erwartungen an das Geschäft im kommenden halben Jahr verbesserten sich erneut leicht. Der Index erhöhte sich von 106,5 Punkten auf 106,8 Punkte.

Bauboom, konsumfreudige Verbraucher und die von der robusteren Weltkonjunktur profitierenden Exporteure schieben derzeit Europas größte Volkswirtschaft an. Viele Institute hoben deshalb ihre Konjunkturprognose an.

Die Ifo-Forscher korrigierten ihre Wachstumsschätzung für 2017 von 1,5 auf 1,8 Prozent und für 2016 von 1,8 auf 2,0 Prozent. Die Bundesregierung geht dagegen nur von 1,5 und 1,6 Prozent aus.

Anziehen der Investitionen

Der unerwartete Anstieg des Ifo-Index' deutet aus Sicht von ING auf eine anhaltend starke Erholung der deutschen Wirtschaft hin. "Es gibt zunehmend Anhaltspunkte dafür, dass im Verlauf dieses Jahres auch die Investitionen anziehen werden", schrieb ING-Diba-Chefvolkswirt Carsten Brzeski in einem Kommentar.

Die Kombination aus hohen Auftragsbeständen und niedrigen Lagerbeständen sei so günstig wie Mitte 2006 und Ende 2010, die Kapazitätsauslastung auf dem höchsten Stand seit Ende 2008, und die Unternehmen betrachteten ihre Ausrüstungen als einen produktionsbegrenzenden Faktor. "Es sieht so aus, als wäre die Industrie kein Frühindikator, sondern ein nachlaufender Indikator der aktuellen Erholung", analysierte Brzeski.

Weitere Reaktionen von Ökonomen

Thomas Gitzel, VP Bank, Liechtenstein: "Das ist der Wahnsinn. Und er steigt und steigt und steigt... Die deutschen Unternehmen scheinen im siebten Himmel angekommen zu sein. Das wichtigste deutsche Konjunkturbarometer bricht fast alle Rekorde. Es läuft derzeit richtig rund für die deutsche Wirtschaft. Um es aber auf den Punkt zu bringen: Das wichtigste Konjunkturfrühbarometer hat sich deutlich von dem entfernt, was von der deutschen Volkswirtschaft tatsächlich zu erwarten ist. Gemäß dem historischen Muster legt der Ifo-Geschäftsklimaindex derzeit einen BIP-Zuwachs von rund 6 Prozent nahe. Man muss nun kein Volkswirt sein, um festzustellen, dass ein Wachstum in dieser Größenordnung illusorisch ist. Läuft es für die deutsche Wirtschaft weiterhin gut, ist ein Wachstum von knapp 2 Prozent drin - auch das ist noch ein erfreulicher Wert."

Andreas Scheuerle, Dekabank: "Die Party geht weiter! Das Fest wird immer rauschender und die Stimmung schaukelt sich auf. Man kennt das, aber im Unternehmenssektor sind solche Ereignisse eher selten. Gegenwärtig werden wir Zeuge einer solchen Entwicklung. Schon im ersten Quartal war die Stimmung der Unternehmen – egal ob Einkaufsmanagerindex oder Ifo-Geschäftsklima - im Vergleich zur tatsächlichen Entwicklung viel zu optimistisch. Im zweiten Quartal hat sich diese Tendenz noch weiter verstärkt. Das wird sich irgendwann korrigieren, nur dann sollten wir bitte nicht den Fehler machen, dies als den Weg in die nächste Rezession zu interpretieren."

Alexander Krüger, Chefvolkswirt Bankhaus Lampe: "Die Stimmung in der gewerblichen Wirtschaft bleibt fantastisch, auch wenn die Geschäftserwartungen nicht richtig mitziehen. Damit ist die Stimmung im zweiten Quartal 2017 nochmals deutlich besser gewesen als im ersten Quartal. Vor allem die Geschäftslage spricht für einen Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt von klar über einem Prozent gegenüber Vorquartal. Dazu dürfte es aber nicht kommen: Die vergangenen Monate haben gezeigt, dass sich die gute Stimmung nur sehr unterproportional in die harten Konjunkturdaten überträgt."

Uwe Burkert, LBBW-Chefökonom: "Für das Geschäftsklima scheint es kein Halten zu geben. Wir sehen drei maßgebliche Faktoren als Treiber der sehr guten Konjunktur in Deutschland: Die niedrigen Zinsen, den fallenden Ölpreis und den zum US-Dollar unterbewerteten Euro. Solange diese Faktoren wirken, dürfte sich an der Konjunkturdynamik in Deutschland wenig ändern. Risiken wie der Brexit oder eine erratische Politik in den USA, die noch vor Monaten die Wahrnehmung dominierten, werden derzeit ausgeblendet. Mittelfristig droht sogar eine Überhitzung, die sich zum Beispiel in Knappheiten am Arbeitsmarkt oder einem übertriebenen Preisanstieg an regionalen Immobilienmärkten zeigt. Bislang läuft aber alles noch rund."

Viola Julien, Helaba: "Nachdem bereits im Vormonat ein Rekordhoch erreicht worden war, kann der Ifo-Index sich nochmals verbessern und lässt auf eine anhaltend gute Stimmung in den deutschen Unternehmen und ein intaktes Wachstumsszenario schließen. Es muss sich allerdings nun zeigen, ob die realwirtschaftlichen Indikatoren zu den äußerst guten Stimmungswerten aufschließen können."

Quelle: ntv.de, wne/rts/DJ

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