Wirtschaft

"Wirtschaft nimmt Tempo raus" Ifo-Index sinkt tiefer als erwartet

Die Deutsche Wirtschaft verliert an Tempo.

Die Deutsche Wirtschaft verliert an Tempo.

(Foto: dpa)

Die Stimmung in den Führungsetagen der deutschen Wirtschaft verschlechtert sich etwas. Der wichtige Ifo-Index gibt im April etwas deutlicher nach als prognostiziert. Erstmalig beinhaltet der Index auch den Dienstleistungssektor.

Die Stimmung in den Chefetagen der deutschen Wirtschaft hat sich im April erneut eingetrübt. Der Geschäftsklima-Index fiel auf 102,1 Punkte von revidiert 103,3 Zählern im Vormonat, wie das Münchner Ifo-Institut nach einer umfangreichen Überarbeitung seiner Umfrage unter rund 9000 Managern mitteilte. Dies ist nach neuer Berechnung bereits der fünfte Rückgang in Folge. Ökonomen hatten mit 102,7 Punkten gerechnet.

"Die Hochstimmung in den deutschen Chefetagen verfliegt", sagte Ifo-Präsident Clemens Fuest: "Die Wirtschaft nimmt Tempo raus." Die Manager beurteilten sowohl ihre Geschäftslage als auch die Aussichten für die kommenden sechs Monate weniger optimistisch als zuletzt.

Das Forschungsinstitut wertet die Daten aber nicht als Trendwende für die Konjunktur, wie Ifo-Experte Klaus Wohlrabe sagte. Es sei vielmehr eine Normalisierung. "Wir sind weit entfernt von einer Rezession." Im Verarbeitenden Gewerbe verschlechterte sich das Geschäftsklima zum dritten Mal in Folge, dabei lagen die Erwartungen auf dem niedrigsten Wert seit August 2016. Auch bei den Dienstleistern und im Handel trübte sich die Stimmung ein. Am Bau hingegen stieg der Index auf ein Rekordhoch.

Index jetzt auch mit Dienstleistern

Der wichtigste Frühindikator für Europas größte Volkswirtschaft umfasst neben dem Verarbeitenden Gewerbe, Handel und Bauwirtschaft nun auch den Dienstleistungssektor. Als Vergleichsjahr wird zudem 2015 statt wie bisher 2005 zugrunde gelegt. Ferner werden die Antworten der befragten Firmen anders zusammengerechnet. Die Änderungen, die genauere Ergebnisse ergeben sollen, haben auch zur Folge, dass der Index optisch deutlich niedriger ausfällt als bisher.

Der Aufschwung in Deutschland dürfte nach Einschätzung der Bundesbank und der Regierung im ersten Quartal an Fahrt verloren haben. Die führenden Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen mit einem Wachstum von 0,4 Prozent, nach 0,6 Prozent Ende 2017.

Allerdings dürften vor allem Sondereffekte - wie ein vergleichsweise hoher Krankenstand, eine außergewöhnlich hohe Anzahl an Streiktagen und überdurchschnittlich viele Ferientage - zu der Abschwächung beigetragen haben.

Stimmen von Analysten

Alexander Krüger, Chefvolkswirt Bankhaus Lampe: "Der erneute Indexrückgang ist ein klares konjunkturelles Wendesignal. Dieses stellt die Fortsetzung des Aufschwungs zwar nicht infrage. Dass die Bäume aber nicht in den Himmel wachsen, haben gleich mehrere Konjunkturdaten im ersten Quartal gezeigt. Der Stimmungszenit ist überschritten, und der Wachstumshöhepunkt auch."

Jörg Zeuner, Chefvolkswirt KfW-Bankengruppe: "Der neue Ifo-Geschäftsklimaindex schreibt bei seiner Premiere den Abwärtstrend der vergangenen Monate fort. Zentrale Risiken wie die globale Renaissance des Protektionismus oder die politische Hängepartie in Italien belasten die Stimmung auch im April. Dem stehen jedoch fortgesetzte Zuwächse bei Beschäftigung und Löhnen sowie eine leicht expansive Finanzpolitik als verlässliche heimische Treiber der Konjunktur gegenüber."

Andreas Scheuerle, Dekabank: "Das Ifo-Geschäftsklima befindet sich formal auf einem Abwärtstrend, doch damit ist weder klar, wie lange dieser anhält noch wie tief es bergab geht. Zwar ging jeder Rezession ein Abwärtstrend des Ifo-Geschäftsklimas voraus, aber nicht jeder Abwärtstrend endete in einer Rezession. Wir erachten diese Korrektur der Unternehmensstimmung als eine Renaissance des Realismus nach deutlichen Übertreibungen und bleiben daher gelassen. Die gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind trotz der Konjunkturdelle zu Jahresbeginn weiterhin robust."

Thomas Altmann, QC Partners: "Ein ermutigendes Konjunktursignal sieht anders aus. Der aktuelle Aufschwung ist definitiv in der späten Phase angekommen. Der konjunkturelle Höhepunkt dürfte erreicht oder bereits überschritten sein. Der noch immer drohende Handelskonflikt zwischen den USA und China stimmt die Firmenchefs deutlich skeptischer."

Quelle: ntv.de, wne/rts

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