Wirtschaft

30 Jahre Dax Deutschlands Leitindex führt in die Irre

Ein Blick auf den Kursindex wäre  ernüchternder.

Ein Blick auf den Kursindex wäre ernüchternder.

(Foto: picture alliance / Frank Rumpenh)

Für viele ist er zum Synonym für den deutschen Aktienmarkt geworden: Seit 30 Jahren repräsentiert der Dax als Leitindex das Börsengeschehen. Doch damit verleitet er uns zu einer verzerrten Wahrnehmung.

Der Dax hat sich durchgesetzt: Vor 30 Jahren, am 1. Juli 1988, wurden erstmals die aktuellen Notierungen des Index der 30 größten und liquidesten Unternehmen am deutschen Aktienmarkt veröffentlicht. Schnell verdrängte der Dax die zuvor in der Fachwelt führenden Börsenbarometer wie den FAZ-Index, den Commerzbankindex oder seinen direkten Vorläufer den BZ-Index der Börsenzeitung. Der neue Index war transparent, mit seiner Berechnung im Minuten-, später Sekundentakt technisch auf der Höhe der Zeit. Und er war neutral. Mit dem Commerzbankindex wollten sich zuvor die konkurrierenden Geldhäuser nicht anfreunden, gegen den FAZ-Index sträubten sich die anderen Medien.

Der Dax - auch wenn die Börsenzeitung an seiner Entstehung beteiligt war - setzte sich dagegen in kürzester Zeit als Leitindex durch. Mehr noch: Ab den 90er Jahren drang er mit der zunehmenden Berichterstattung und dem Aktienhype um die Privatisierung von Telekom und Post in Abendnachrichten und täglichen Börsensendungen bis in die Wohnzimmer der Deutschen vor. Dort wurde der neue Index zum Synonym für den gesamten deutschen Aktienmarkt. Und als das fungiert der Dax - genauer: der Dax30 Performance Index -  bis heute, obwohl er dafür gar nicht geeignet ist.

Denn im Vergleich zu führenden internationalen Indizes hat der Dax vor allem zwei entscheidende Nachteile: Mit nur 30 Unternehmen klammert er einen Großteil der für viele Anleger interessanten Aktiengesellschaften aus. Und: Als Performance Index spiegelt er nicht nur die Kursentwicklung wieder, sondern bezieht auch ausgeschüttete Dividenden in voller - das heißt in für Anleger nicht erreichbarer - Höhe mit ein.

Blick auf zweite Reihe verstellt

Der zweite Punkte ist vor allem ein Problem der internationalen Vergleichbarkeit. Zum Vergleich etwa der Entwicklung des deutschen und des US-Aktienmarktes werden oft die Kurse des Dax und des Dow Jones oder S&P500-Index herangenzogen. Dabei schneidet der deutsche Markt regelmäßig viel zu gut ab. Denn es wird die Entwicklung der Kurse plus die ausgeschütteten Dividenden auf deutscher Seite mit der reinen Kursentwicklung auf der amerikanischen Seite verglichen.

Für dieses Problem ist technische Abhilfe längst vorhanden: Die Deutsche Börse berechnet den Dax auch als Kursindex. Der steht übrigens derzeit bei deutlich unter 6000 Punkten. Unser aller bekannter Dax dagegen bei über 12.000 Punkten. Die riesige Differenz zeigt die große Verzerrung, die entsteht, wenn man Kurs- und Performance-Indizes miteinander vergleicht.

Zu Verzerrungen anderer Art führt die geringe Zahl der im Dax geführten Unternehmen. Die Zahlen in den Namen verraten es: Der britische Leitindex FTSE100 beinhaltet 100 Titel der S&P500 eben 500. Der omnipräsente Dax versperrt für viele deutsche Anleger den Blick auf die zweite Reihe. Seit Jahren schon entwickeln sich die sogenannten Nebenwerte im MDax deutlich besser als die oft behäbigen Dax-Konzerne in ihren teilweise gesättigten Märkten.

Viele Anleger orientieren sich dennoch am deutschen Leitindex, beispielsweise wenn es um die immer beliebteren ETFs - Fonds, die Indizes nachbilden - geht. Durch die Fokussierung auf die 30 Dax-Werte entgeht den Anlegern nicht nur Rendite. Noch schwerer wiegt, dass Unternehmen jenseits des Dax es sehr schwer haben, die Aufmerksamkeit bei Fondsmanagern, Analysten und Investoren und schließlich Kapital zu gewinnen.

Quelle: ntv.de

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