Wirtschaft

Milliarden für Konjunktur China nimmt sich EZB als Vorbild

Die jüngsten Konjunkturdaten beunruhigen die chinesische Regierung. Deshalb ist es nun wahrscheinlich, dass die Notenbank die EZB-Methode übernimmt und die Geldschleusen öffnet. Das wäre ein Richtungswechsel in der Volksrepublik.

Enttäuschende Konjunkturdaten rufen Chinas Notenbank auf den Plan.

Enttäuschende Konjunkturdaten rufen Chinas Notenbank auf den Plan.

(Foto: REUTERS)

Angesichts der Konjunkturabkühlung im Reich der Mitte erwägt die chinesische Zentralbank offenbar, die Geldschleusen nach dem Vorbild ihres europäischen Pendants noch weiter zu öffnen. Um mehr Liquidität zu schaffen und die Kreditvergabe anzukurbeln, überlegt die People's Bank of China (PBOC) von den Lokalregierungen ausgegebene Rettungsanleihen gegen Bargeld einzutauschen. Sollte diese Strategie umgesetzt werden, wäre dies ein Richtungswechsel in der Geldpolitik des Landes und würde zeigen, wie beunruhigt die Pekinger Regierung über das Verfehlen auch der bereits gesenkten Wachstumsprognosen ist.

Am Sonntag hatte die Zentralbank mitgeteilt, den Mindestreservesatz für große Geldhäuser um einen Prozentpunkt auf 18,5 Prozent zu senken, um den Banken mehr Spielraum bei der Kreditvergabe an Unternehmen einzuräumen. Es ist bereits die zweite Senkung des Satzes in weniger als einem Quartal und die größte seit Dezember 2008. Durch die Maßnahme stehen den Geldhäusern 200 Milliarden US-Dollar mehr für Kredite zur Verfügung.

Wenige Tage zuvor hatten enttäuschende Konjunkturdaten Sorgen über das Wirtschaftswachstum in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt geschürt. Demnach legte das Bruttoinlandsprodukt seit Januar um 7 Prozent zu. Das ist die niedrigste Wachstumsrate in China seit sechs Jahren.

Daher erwägt die Zentralbank Alternativen, um die Geldschleusen weiter zu öffnen, zumal das jüngste Schuldenumstrukturierungs-Programm des Finanzministeriums ein Problem verursachen könnte: Es zielt darauf ab, die Finanzierungskosten der hoch verschuldeten Lokalregierungen zu senken und die Fristen zur Schuldentilgung zu verlängern. Allerdings läuft die Regierung durch das Programm auch Gefahr, die Mittel für die Kreditvergabe abzuwürgen und die Zinsen in die Höhe zu treiben - und das zu einer Zeit, wo nach Einschätzung vieler Volkswirte mehr und billigere Kredite notwendig sind.

Zugang zu langfristigen Krediten

Um negative Nebenwirkungen dieses Schuldenumstrukturierungs-Plans abzuwenden, versuchte die PBOC zunächst, den Banken mehr Mittel für die Kreditvergabe einzuräumen. Doch die chinesische Zentralbank erwägt auch Alternativen, um mögliche nachteilige Auswirkungen zu umgehen.

Eine Option beinhaltet demnach, den Banken Zugang zu langfristigen Krediten zu geben, um die Kreditvergabe insbesondere an die wichtigen Sektoren wie Landwirtschaft und Wohnungsbau sowie an kleine und mittelständische Unternehmen anzukurbeln. Im Gegenzug für Kredite würden die chinesischen Banken von den Lokalregierungen ausgegebene Anleihen als Sicherheit nutzen.

Die Strategie ähnelt den längerfristigen Refinanzierungsgeschäften (LTRO) der Europäischen Zentralbank (EZB), wie die Gewährspersonen sagten. Ende 2011 vergab die EZB dreijährige Kredite im Umfang von Billionen Euro über diese liquiditätszuführenden Mechanismen an Banken. Denn viele Geschäftsbanken in der Eurozone konnten sich wegen der Schuldenkrise weder über den Interbankenmarkt noch über den Kapitalmarkt ausreichend refinanzieren und waren bei der Refinanzierung auf die EZB angewiesen.

Die chinesische Version würde darauf abzielen, ausreichend Liquidität sicherzustellen. Denn die chinesische Zentralbank kann nicht länger auf große Summen an Kapitalzuflüssen bauen, um ihre Geldbasis zu erhalten. Seit Ende vergangenen Jahres vermehren sich die Anzeichen für eine Geldflucht aus China. Die Yuan-Positionen in der PBOC-Bilanz, ein Maß für Kapitalflüsse, gingen im ersten Quartal um einen Rekordwert von 251,1 Milliarden Yuan oder 40,5 Milliarden Dollar zurück.

Quelle: ntv.de, wne/DJ

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