Wirtschaft

Schärfste Waffe im Handelskrieg Autozölle sind Trumps "trojanisches Pferd"

Donald Trump muss gute Stimmung bei seinen Wählern machen. Hier sind es Arbeiter beim Flüssiggas-Produzenten Cameron in Louisiana.

Donald Trump muss gute Stimmung bei seinen Wählern machen. Hier sind es Arbeiter beim Flüssiggas-Produzenten Cameron in Louisiana.

(Foto: REUTERS)

Der US-Präsident wird Zölle gegen EU-Autobauer wohl um sechs Monate verschieben. Anlass für Entwarnung ist das nicht. Trump werde sich "gnadenlos auf die deutschen Autobauer einschießen", sobald er sich im Zollkrieg mit China geeinigt habe, sagt Autoexperte Dudenhöffer n-tv.de.

Durch die Europäische Union geht ein Raunen der Erleichterung. "Sollte sich die Nachricht bestätigen, wäre das aus Sicht der deutschen Automobilindustrie ein positives Zeichen", kommentiert der Präsident des deutschen Branchenverbandes VDA, Bernhard Mattes, die US-Medienberichte, wonach Donald Trump die geplanten US-Autozölle auf EU-Importe offenbar um bis zu sechs Monate verschieben will. Die Zeit müsse nun gut genutzt werden, um in den Verhandlungen "zu konstruktiven Ergebnissen" zu kommen.

Brüssel und Berlin werden es damit jedoch schwer haben. Sollte US-Präsident Trump seine Entscheidung über die Autozölle hinauszögern, bedeutet das keine Entwarnung. Am Samstag verstreicht die Frist, bis zu der Trump eigentlich über die Einführung entscheiden müsste: Im Februar hatte das US-Handelsministerium einen Bericht vorgelegt, in dem Autoimporte sehr wahrscheinlich als Gefahr für die nationale Sicherheit dargestellt werden.

Trump hatte laut Gesetz 90 Tage Zeit, daraus Konsequenzen zu ziehen - eben bis Mitte Mai. Doch Trump wird offenbar weiterpokern, möglicherweise sogar höher denn je. Der Handelsstreit mit der EU hat jede Menge Potenzial, in den kommenden Monaten weiter zu eskalieren.

Dass Trump die Autoimporte aus der EU ein Dorn im Auge sind, hat er mehrfach wissen lassen. Laut einem Experten der Bank of America könnten die Gespräche über Autozölle deshalb noch eine überraschende Wendung nehmen. Er könnte sie als Druckmittel für einen umfassenderen Deal - wie ein "trojanisches Pferd" - nutzen, um die europäischen Zölle auf US-Agrarprodukte zu senken, sagt der Ökonom und Europa-Experte David Hauner dem US-Sender CNBC. Eigentlich pocht die EU darauf, die Themen nicht zu vermischen.

Mit Autozöllen durch die Hintertür

Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer ist überzeugt, dass Trump genau dies im Sinn hat. "Er will Europa schwächen, um seine Wiederwahl abzusichern", sagt er n-tv.de. Trump ziele "ganz klar auf die Zölle bei landwirtschaftlichen Produkten" ab. Die Autozölle seien nur ein "Hebel". "Wenn er seinen Farmern zeigen kann, dass er den Europa-Agrarmarkt öffnet, hat er viele Wähler auf seiner Seite."

Zunächst einmal spielt Trump jedoch auf Zeit. "Einen Mehrfrontenkrieg mit allen wichtigen Handelspartnern der Welt würde er auch im eigenen Land nicht überstehen", sagt Dudenhöffer. Nach einer Vereinbarung mit China werde Trump sich "gnadenlos auf die deutschen Autobauer einschießen".

Das US-Außenhandelsdefizit mit der EU ist zuletzt auf 181 Milliarden Dollar angewachsen. Die angedrohten Autozölle sollen dazu beitragen, die Schieflage auszugleichen. Nicht nur bei Autos, sondern auch bei Agrarprodukten ist das Handelsgefälle offensichtlich: Während sich die US-Importe für landwirtschaftliche Güter aus EU-Ländern im Vorjahr auf knapp 24 Milliarden Dollar beliefen, betrugen die Exporte aus den USA in die EU-Länder nur 13,5 Milliarden Dollar. Dass Washington die durch den Aufschub gewonnene Zeit dazu nutzen könnte, um das Agrarthema auf den Tisch zu legen, ist nicht abwegig.

Landwirte sind eine wichtige Wählerschaft von Trumps republikanischer Partei. Ausgerechnet ihnen macht sein Handelskrieg inzwischen aber schwer zu schaffen. Die Bauern leiden nicht nur unter den Vergeltungszöllen, die Peking im Streit mit Washington im vergangenen Jahr auf US-Agrarerzeugnisse wie etwa Sojabohnen und Schweinefleisch verhängt hat. Zusätzlich bekommen die Farmer seit vergangenen Sommer auch noch die Vergeltungszölle der EU auf bestimmte Agrarprodukte und Lebensmittel aus den USA zu spüren. Die waren wiederum die Retourkutsche der EU für Strafzölle der USA auf Stahl und Aluminium. Wiedergutmachung ist geboten, wenn Trump 2020 wiedergewählt werden will.

Deutsche Autoindustrie leidet am meisten

Der starke Außenhandel ist die große Achillesferse Europas. Immer höhere Handelsbarrieren schaden der Wirtschaft. Der Binnenmarkt ist zu schwach, große Dämpfer beim Export zu kompensieren. Autozölle gegen die EU sind das perfekte Druckmittel für Trump - auch um eben mehr Zugeständnisse von Brüssel in anderen Fragen zu erreichen.

Treffen würden die Zölle vor allem die deutsche Autoindustrie. Laut Ifo-Institut könnten sie die Wertschöpfung der deutschen Autoindustrie um sieben Milliarden Euro drücken. Innerhalb der EU würden etwa 60 Prozent des Schadens für die Wirtschaftskraft allein auf Deutschland entfallen. 

Schon jetzt - auch ohne die Autozölle - ist die Situation für die deutschen Autobauer schwierig. Denn auch der US-chinesische Handelsstreit setzt ihnen zu. VW, Daimler und BMW sowie deutsche Zulieferer haben Standorte in den USA, von denen aus sie den chinesischen Markt beliefern. Das heißt, Pekings Gegenzölle auf US-Ausfuhren treffen auch sie. Schaukeln sich Washington und Peking weiter hoch, droht eine Negativspirale vor allem zulasten der deutschen Industrie. Auf kurze Sicht sei der US-chinesische Handelsstreit sogar das größere Risiko für die Branche, beurteilen die Auto-Experten der Boston Consulting Group die Lage.

"Wir sollten uns auf Krieg vorbereiten. Es ist zu 99 Prozent sicher, dass er kommt", sagt Dudenhöffer. Trump werde nicht davon ablassen, seinen Farmern den EU-Agrarmarkt zu öffen. Ab Samstag tickt wieder die Uhr. Die nächste Frist läuft in 180 Tagen ab.

Quelle: ntv.de

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