Wirtschaft

Der Druck lässt nach Putin entkommt der Ölpreisfalle

Russland hat die Ölförderung zuletzt kräftig erhöht.

Russland hat die Ölförderung zuletzt kräftig erhöht.

(Foto: REUTERS)

Es ist stets das gleiche Lied. Wenn die Analysten den Abgesang auf ein Land und seine Währung einstimmen, sollte man zugreifen - so wie im Falle Russlands. Der steigende Ölpreis hilft dem Land.

Zugegeben - die russische Wirtschaft steckt noch immer in der längsten Rezession seit 20 Jahren, und Präsident Wladimir Putin sieht sein Land isoliert, die Einnahmeseite bröckelt. Doch dank des jüngst deutlich gestiegenen Ölpreises gibt Hoffnung.

Öl ist so teuer wie seit Juli vergangenen Jahres nicht mehr. Von dem kräftigen Aufwärtstrend profitiert kaum ein Land mehr als Russland, weshalb Putin zuletzt angekündigt hatte, Russland werde sich den Bemühungen der OPEC anschließen, die Förderung zu kürzen und so den Markt zu stabilisieren. Russland, der weltgrößte Energieexporteur, hatte die Ölproduktion allerdings zuletzt auf 11,2 Millionen Barrel pro Tag gesteigert - das ist das höchste Niveau seit dem Ende der Sowjetunion.

Im Fahrwasser der steigenden Notierung des Ölpreises legt der Rubel kräftig zu. Gegenüber dem Rekordtief vom Januar ist die russische Währung um 32 Prozent gegenüber dem Dollar gestiegen, auf zuletzt 62 Rubel je Dollar. Dennoch notiert der Rubel gegenüber dem Greenback um 75 Prozent unter dem Stand von 1998.

Nach dem jahrzehntelangen Verfall des Rubels ist die jüngste Erholung eine mehr als willkommene Nachricht für viele Russen, denn ausländische Produkte werden in Russland billiger, wodurch die Inflation kräftig gedämpft wird. Zuletzt ist die Inflation auf "nur" mehr 6,4 Prozent gesunken – das ist ein 31-Monats-Tief. Im Oktober 2015 hatte sie noch bei 15,6 Prozent gelegen.

Zwar geht Notenbankchefin Elvira Nabiullina davon aus, dass die Inflation im laufenden Jahr stark sinken wird - auf 5,5 bis 6 Prozent. Damit liegt sie allerdings das fünfte Jahr in Folge über dem eigentlich angepeilten Ziel von 4 Prozent. Nabiullina rechnet aber damit, dass das Ziel Ende 2017 erreicht werden wird. Sie hat daher zuletzt ein nie dagewesenes Versprechen abgegeben: Die Leitzinsen sollen bis zum Jahresende bei zehn Prozent bleiben. Damit will sie die immer noch hohe Inflation drücken.

Leichter Zinsanstieg

Mit dem Anstieg des Ölpreises und der nachlassenden Inflation hellen sich die Konjunkturperspektiven zusehends auf. Im September war der Rückgang bei den Einzelhandelsumsätzen auf 3,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Damit hat sich die Lage in den vergangenen Monaten merklich verbessert, nachdem Ende 2015 noch ein Minus von 14,1 Prozent zu Buche gestanden hatte.

Mit den sich aufhellenden Konjunkturperspektiven verbessert sich auch die Lage am Anleihenmarkt, weil Investoren weniger Angst vor einem Zahlungsausfall haben. Zwar sind die Zinsen für russische Anleihen zuletzt etwas gestiegen, was aber vor allem auf den weltweiten Zinsanstieg zurückzuführen sein dürfte. Zuvor waren die Zinsen für russische Anleihen kräftig im Rückwärtsgang und liegen bei fünfjährigen Papieren bei 8,7 Prozent. Das ist im internationalen Vergleich zwar immer noch ein sehr hoher Wert. Damit liegen sie aber meilenweit unter dem Mehrjahreshoch von 15,5 Prozent von Anfang 2015.

Mit dem steigenden Ölpreis lässt zudem der Druck auf den russischen Staatshaushalt etwas nach, machen doch die Einnahmen aus dem Öl- und Gas-Bereich fast 40 Prozent der Steuereinnahmen aus. Die Regierung hat angekündigt, das Haushaltsdefizit von mehr als 3,7 Prozent der Wirtschaftsleistung für 2016 in den nächsten Jahren um jeweils einen Prozentpunkt abzubauen, um den Haushalt 2020 auszugleichen, zumal die Wirtschaft im Jahr 2017 nach zwei Jahren Rezession auf den Wachstumskurs zurückkehren soll. Die Ratingagentur Fitch zeigte sich zuletzt zufrieden mit den Bemühungen der russischen Regierung und hat den Ausblick für das Rating von "negativ" auf "stabil" angehoben. Zudem bestätigte Fitch das Rating mit BBB-, also der untersten Stufe im Investment Grade-Bereich und damit auf einer Stufe mit Indien und der Türkei. Die Ratingagenturen Standard & Poor’s und Moody’s stufen Russland allerdings eine Stufe niedriger ein, also mit der höchsten Stufe im Bereich Ramschanleihen.

Sind russische Aktien günstig?

Die Rally beim Ölpreis heizt auch den Aktienmarkt kräftig an. Zuletzt lag der Micex Index, der auf Rubel-Basis notiert, mit rund 1960 Punkten in der Nähe des Fünfjahreshochs. Gegenüber dem Januartief ist er um 22 Prozent geklettert. Beflügelt wird der Index von dem Öl-und Gasmulti Gazprom, der sich mit einem Indexgewicht von 15 Prozent den Spitzenplatz mit der Sberbank teilt. Anschließend folgt der Ölmulti Lukoil mit 12,2 Prozent. Die Aktie der Sberbank ist im Rally-Modus, weil mit dem steigenden Ölpreis das Risiko von Zahlungsausfällen bei den Öl- und Gasförderern deutlich sinkt, und mit der sich belebenden Konjunktur das Risiko von Kreditausfällen insgesamt abnimmt.

Die Analysten von JPMorgan sind zuletzt auf den fahrenden Zug aufgesprungen und haben russische Aktien auf "übergewichten" hochgestuft. "Eine möglicherweise höhere Spanne beim Ölpreis ist der Grund, weshalb wir Russland hochstufen", schrieben die Analysten. "Die Bewertung in Russland ist niedrig." So seien die Aktien mit lediglich dem 6,2fachen der Gewinne der nächsten zwölf Monate bewertet. Das sei das niedrigste Niveau unter den Aktien aus den Emerging Markets und entspreche nur der Hälfte der Bewertung der Emerging Markets insgesamt. Anleger sollten aber nicht vergessen, dass russische Aktien schon länger mit einem kräftigen Abschlag bewertet werden, was vor allem an der politischen Unsicherheit liegt.

Anleger sollten daher vor allem den Ölpreis genau im Auge behalten. Sollte er weiter steigen, könnte das den russischen Aktienmarkt noch ein wenig beflügeln. Wer sich jedoch an die Analyse vom Jahresbeginn an dieser Stelle erinnert und den damals antizyklische Investment auf Russland umgesetzt hat, sollte zumindest Teile seines Gewinns in Sicherheit bringen. Denn ein Abschnitt der Ölpreis- und Aktienmarktrally könnte erst einmal gelaufen sein. Börsen handeln Zukunft – auch 2016.

Quelle: ntv.de

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