Wirtschaft

Favoritenwechsel bei Edelmetall? Palladium zieht an Silber vorbei

Palladium verdrängt zusehends das teurere Platin in den Katalysatoren von Autos.

Palladium verdrängt zusehends das teurere Platin in den Katalysatoren von Autos.

(Foto: REUTERS)

Während der Silberpreis seit Wochen schwächelt, ist der von Palladium auf ein Mehr-Jahres-Hoch gestiegen. Warum? Und wie sind die Aussichten?

Die jüngste Kursschwäche bei Silber wundert viele Investoren. Der Preis ist seit Mitte April um neun Prozent gesunken. Auf den ersten Blick gibt es keinen Grund für diese Schwäche. Etliche Investoren vermuten allerdings, dass der Kursdruck auf die Existenzkrise der Noble Group aus Hongkong, ehemals Asiens größter Rohstoffhändler, zurückzuführen sein könnte.

Dessen Aktie ist ebenfalls seit Mitte April auf Talfahrt. Zuletzt notierte sie auf Mehrjahrestief. Damit liegt der Börsenwert bei umgerechnet nur mehr 308,5 Millionen Dollar - in der Spitze waren es mal mehr als zehn Milliarden Dollar. Die im Januar 2020 auslaufende Anleihe (A1APA1) ist gleichzeitig auf 34,5 Prozent kollabiert.

Gründe für die Abschläge gibt es reichlich: Die Firma leidet unter Verlusten, wiederholten Abstufungen durch die Ratingagenturen. Außerdem versucht sie verzweifelt, sich mit Notverkäufen über Wasser zu halten. Bis 2018/19 will man in die Gewinnzone zurückkehren. Etliche Investoren vermuten viele illiquide Vermögenswerte in den Büchern und schätzen, dass das Unternehmen daher liquide Rohstoffe wie Silber veräußert, frei nach dem Motto: Wenn man nicht das verkaufen kann, was man möchte, verkauft man das, was man kann. Möglicherweise hat das den Silberpreis unter Druck gesetzt.

Ratings auf Ramschanleihen-Niveau

Die Situation ist bedrohlich. Die Ratingagentur Standard & Poor's hatte erst im Mai gewarnt, bei der Nobel Group könnte es innerhalb von zwölf Monaten zu einem Zahlungsausfall kommen. Im gleichen Monat hatten die Kollegen von Fitch das Unternehmens-Rating innerhalb von zehn Tagen zweimal abgestuft und damit immer weiter in den Bereich Ramschanleihen gedrückt. Als Grund gaben sie an, beim Rohstoffhändler würden innerhalb der nächsten zwölf Monate rund zwei Milliarden Dollar an Schulden fällig.

Dass eine Agentur ein Rating innerhalb von so kurzer Zeit zwei Mal senkt und gleich um so viele Stufen ist äußerst selten. "Sie (Noble Group) wird es sehr schwer haben, um eine Restrukturierung (der Schulden) herumzukommen", sagte der berühmte Short-Seller Carson Block, Gründer von Muddy Waters, einem der bekanntesten US-Hedgefonds.

Palladium gefragt

Trotz der Krise hat der ETF-Anbieter Lyxor zuletzt in Europa leichte Nettomittelzuflüsse in Rohstoff-ETFs gemessen, allerdings hat die Dynamik der vergangenen Monate nachgelassen. Lyxor veröffentlicht jeden Monat einen ETF-Trendbarometer für Europa. Besonders marktbreite Rohstoff-ETFs und ETFs auf Edelmetalle standen bei Investoren hoch im Kurs. Das lag möglicherweise auch an Palladium, das im Gegensatz zum Silberpreis in den vergangenen Wochen auf das höchste Niveau seit September 2014 geklettert ist.

Das Industriemetall verdrängt zusehends das teurere Platin in den Katalysatoren von Autos. Die Spezialchemiefirma Johnson Matthey prognostiziert, dass im Jahr 2017 die Nachfrage nach Palladium das Angebot um 792.000 Unzen übersteigen dürfte. Das wäre eine Verfünffachung der Angebotslücke gegenüber dem Vorjahr. Verstärkt wurde der Kursanstieg, weil Investoren auf den fahrenden Zug aufgesprungen sind und zusehends auf steigende Kurse gesetzt haben.

Bleibt die Frage, ob der Aufwärtstrend bei dem Metall anhält, immerhin haben sich die Automärkte in China und den USA zuletzt merklich abgekühlt. Die Autoverkäufe in China sind im Mai den zweiten Monat in Folge gegenüber dem Vorjahr gesunken, nachdem die Umsatzsteuer seit Jahresanfang von 5,0 auf 7,5 Prozent gestiegen ist. Gleichzeitig kam der US-Automarkt nach der Rekordfahrt des vergangenen Jahres unter Druck. In dem Umfeld trüben sich die Perspektiven von Palladium etwas ein, zumal der Preisabstand gegenüber Platin allmählich sinkt und Palladium nur noch um rund 70 Dollar je Unze günstiger ist.

Anleger sollten die Kursentwicklung der beiden Metalle im Auge behalten. Nach der stark unterschiedlichen Entwicklung in den vorangegangenen Monaten könnte es demnächst zu einem Favoritenwechsel kommen.

Disclaimer: Dieser Beitrag stellt keinerlei Empfehlung zum Kauf oder Verkauf von Aktien oder Anlageprodukten dar. Für die Richtigkeit der Daten wird keine Haftung übernommen.

Quelle: ntv.de

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