Wirtschaft

Zeitenwende im Edelmetallhandel London ändert das Silber-System

Ein Regal voller Anlegerträume: Bei einem Münchner Edelmetallhändler liegt Gold und Silber für den physischen Einstieg in den "sicheren Hafen" bereit.

Ein Regal voller Anlegerträume: Bei einem Münchner Edelmetallhändler liegt Gold und Silber für den physischen Einstieg in den "sicheren Hafen" bereit.

(Foto: REUTERS)

Neue Regeln am Silber-Markt: In London brechen die Aufseher mit einer fragwürdigen Tradition. Sie stellen die Referenzkurse auf ein elektronisches Verfahren um. Die Zeiten mündlicher Absprachen in elitärer Runde sind vorbei.

Der Edelmetallmarkt muss sich auf ein neues Verfahren einstellen: Nach 117 Jahren ist das sogenannte Silber-Fixing in London nach altem Stil Geschichte. Das Verfahren, das zur Ermittlung eines Referenzkurses im Handel mit Silber dient, wurde vor dem Wochenende erstmals nicht mehr mittels einer Telefonkonferenz zwischen einer Auswahl an Großbanken ermittelt. Das neue Silber-Fixing gilt als Modell für den Handel mit Gold.

Der Londoner Referenzkurs hat enorme Bedeutung: Der börsentäglich ermittelte Wert dient Anlegern und Unternehmen in aller Welt als Grundlage für Edelmetall-Geschäfte. Das neue Verfahren per Auktion läuft elektronisch, ist dadurch transparent und vor allem überprüfbar und soll zudem auch mehr Marktteilnehmer einbinden als bisher. Stichtag für die Änderung ist der 15. August. Ab sofort gelten damit neue Regeln im Silberhandel.

Neu, elektronisch, nachprüfbar

Der erste Referenzkurs nach dieser Art wurde am Freitag bei 19,86 Dollar je Feinunze festgelegt. Federführend bei dem neuen Verfahren sind der Finanzdatenanbieter Thomson Reuters, zu dem auch die Nachrichtenagentur Reuters gehört, und der amerikanische Börsenbetreiber Chicago Mercantile Exchange in Zusammenarbeit mit der London Bullion Market Association (LBMA).

  Die Umstellung bricht im konservativen Londoner Handelsgeschehen mit einer fast zwölf Jahrzehnte alten Tradition. Mit dem neuen Verfahren ziehen die Aufsichtsbehörden erste Konsequenzen aus den Skandalen um Manipulationsversuche im Silberhandel.

Verschiedene Banken hatten dabei über Jahre hinweg versucht, die grundlegende Referenzwerte wie etwa den Zinssatz Libor, Devisenkurse oder auch den Preis für Gold und Silber durch Vorspiegelung falscher Daten zu ihren Gunsten zu beeinflussen.

Tricksereien mit Billionenwerten

Da sich die Manipulationen in den Bereichen hinter dem Komma abspielten und das althergebrachte Verfahren zur Preisermittlung von außen nicht einsehbar war, blieben die illegalen Tricksereien lange unentdeckt. Die an der Befragung teilnehmenden Banker waren lediglich an ihr eigenes Ehrgefühl gebunden - eine Herausforderung, der offenbar mehrere Teilnehmer moralisch nicht gewachsen waren.

Der Betrug ging nach Angaben der Behörden zu Lasten der übrigen Marktteilnehmer, die in der Masse mit künstlich nach oben verschobenen Notierungen geschädigt wurden. Als die Vorwürfe bekannt wurden und sich die Hinweise verdichteten, lief eine Welle der Empörung um die Welt. Aufseher und Investoren reagierten aufgeschreckt.

Die Rede war von einem neuerlichen moralischen Versagen im Inneren der Großbanken - nachdem die übersteigerte Profitgier zuvor bereits mehrere Großbanken an den Rand des Zusammenbruchs und die Welt ins Chaos der Finanzkrise gestürzt hatte.

Moralisches Versagen

Mehrere Geldinstitute sind mittlerweile in den USA wegen des Verdachts der Manipulation des Silberpreises verklagt worden, darunter auch die Deutsche Bank. Diese hatte zu Jahresbeginn beschlossen, sich aus der Feststellung der offiziellen Referenzpreise für Gold und Silber zurückzuziehen. Eine Reihe von Banken hat im Zusammenhang mit dem Libor-Skandal bereits hohe Strafzahlungen hinnehmen müssen, darunter UBS, Barclays und die RBS.

Auch die bis zuletzt am Fixing beteiligten Institute HSBC und die kanadische Bank of Nova Scotia sehen sich mit dem Vorwurf konfrontiert, sie hätten über Jahre hinweg das Silber-Fixing beeinflusst. Auch das System zur täglichen Ermittlung der Referenzpreise für Gold steht im Ringen der Branche nach mehr Transparenz vor einem Umbruch.

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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