Wirtschaft

Scheitert die Strategie der Opec? "Bis 2020 könnte Öl günstig bleiben"

Am Freitag werden die Ölminister der Opec erneut in Wien zusammenkommen.

Am Freitag werden die Ölminister der Opec erneut in Wien zusammenkommen.

(Foto: REUTERS)

Es rumort in der Opec: Von dem Treffen der 12 Ölminister in Wien erwarten sich einige Mitglieder Signale für eine Drosselung der Förderung. Doch Saudi-Arabien hält an der bisherigen Strategie fest, die Martkanteile zu halten - trotz niedriger Preise. Warum die Scheichs so hartnäckig sind und was das für den Ölpreis in den kommenden Jahren bedeutet - darüber spricht n-tv.de mit dem Rohstoffexperten Frank Klumpp von der LBBW.

n-tv.de. Im Augenblick pochen einige Opec-Mitglieder darauf, dass die Öl-Fördermenge des Kartells gesenkt wird, um die Preise wieder nach oben zu treiben. Andere halten dagegen, allen voran Saudi-Arabien. Wieso befindet sich die Opec derzeit in diesem Zwiespalt?

Frank Klumpp: Die Opec hat sich vor einem Jahr dazu entschieden, lieber Marktanteile zu behalten und dafür niedrigere Ölpreise in Kauf zu nehmen. Nun steckt man mittendrin in dieser Strategie und steht vor der Frage, wie lange man diese noch beibehalten möchte. Das Ziel, das sie mit dieser Strategie verfolgt, hat die Opec noch nicht erreicht: Für andere Förderstaaten außerhalb der Opec - vor allem den USA – durch die niedrigen Ölpreise die Förderung unrentabel zu machen und sie dazu zu bringen, ihre Produktion zu senken.

Einige Opec-Mitglieder werden zunehmend ungeduldig. Warum?

Die niedrigen Preise bereiten einigen Opec-Mitgliedern schon jetzt große Sorgen, allen voran Venezuela, die gerne die Fördermenge senken würden, um die Preise deutlich in die Höhe zu treiben.

Weil der Staatshaushalt mancher Opec-Mitglieder stark von den Einnahmen aus dem Ölgeschäft abhängig ist …

Ja, aber das ist selbst bei Saudi-Arabien der Fall, wo der Staatshaushalt auf einen Preis von 100 Dollar je Barrel Öl ausgerichtet ist. Saudi-Arabien hat allerdings hohe Geldreserven, andere Länder haben diese nicht. Daher sind die Belastungen innerhalb der Opec ungleich verteilt.

Dennoch hält das Kartell an dieser Strategie fest?

Die Länder, die nun nach einer Drosselung der Fördermenge rufen, finden im Grunde kein Gehör. Zu einer Drosselung der Fördermenge müssten sich schon die Golf-Staaten, allen voran Saudi-Arabien, durchringen. Saudi-Arabien als Opec-Schwergewicht würde auch gerne Staaten außerhalb der Opec - wie etwa Russland - mit ins Boot nehmen. Wenn Russland mitmachen würde, wäre eine Fördermengenkürzung der Opec schon denkbar. Aber danach sieht es im Moment nicht aus.

Eine andere Entwicklung könnte dem Ölpreis wieder auf die Sprünge helfen – eine steigende Nachfrage. Gibt es in dieser Hinsicht bereits Reaktionen auf das billige Öl?

Die Nachfrageseite hat schon deutlich stärker auf die niedrigen Ölpreise reagiert als gedacht. Es war schon eine der großen Überraschungen dieses Jahres, dass die Ölnachfrage 2015 circa um 1,8 Millionen Barrel pro Tag zulegen dürfte. Zu Jahresanfang war man noch von einer knappen Million Barrel pro Tag ausgegangen. In einem intakten Wachstumsumfeld wird zu tiefen Preisen also deutlich mehr Öl nachgefragt, als es zu hohen Preisen der Fall wäre. Das ist ein Anzeichen, dass sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage auch von der Nachfrageseite wieder schließt. Damit schließt sich die Schere zwischen hohem Angebot und geringer Nachfrage allmählich.

Sind auch Reaktionen auf der Angebotsseite erkennbar?

Die Angebots-Seite reagiert etwas verzögert auf die tiefen Preise. Im laufenden Jahr erwies sich das Angebot außerhalb der Opec, das ja von der Opec aus dem Markt gedrängt werden soll, noch äußerst robust. Es ist jedoch nur eine Frage der Zeit, bis die reduzierten Investitionen eine niedrigere Förderung zur Folge haben - 2016 dürfte sich dies stärker bemerkbar machen, als dies im laufenden Jahr der Fall war. Das wird letztlich dazu führen, dass sich bis Ende 2016 wieder eine Balance zwischen Angebot und Nachfrage finden wird. Das sollte dann auch wieder zu einer Erhöhung der Ölpreise führen.

In welchem Ausmaß?

Wir denken, dass der Ölpreis zum Jahresende 2016 in Richtung 60 Dollar pro Barrel laufen könnte. Sollte das Opec-Meeting am Freitag wider Erwarten doch Überraschungen bringen, müsste man dies sicherlich nochmal überdenken.

Welche Auswirkungen hat das auf die Ölindustrie in den USA, dem größten Konkurrenten der Opec?

Sobald sich der Ölpreis erholt, steigt auch wieder das Angebot aus den USA, da die dortige Schieferölindustrie relativ schnell auf solche Preisbewegungen reagieren kann. Bei einem Ölpreis um die 60 Dollar pro Barrel lohnt sich für viele Projekte die Förderung dann wieder. Allerdings werden derzeit auch langfristige Investitionen gestrichen: etwa in den Abbau von kanadischen Ölsanden und in Förderprojekte in der nordamerikanischen Arktis. Dies sind wesentlich größere und kapitalintensivere Vorhaben. Bei diesen kann die Ölindustrie bei Weitem nicht so schnell auf eine sich ändernde Nachfragesituation reagieren wie bei der Schieferöl-Förderung.

Könnten die Zeiten von 100 Dollar pro Barrel Öl demnach wiederkehren?

Ich denke, dass der Ölpreis für längere Zeit auf einem Niveau unter 70 Dollar je Barrel bleiben wird. Vielleicht sogar über die Jahre 2017 und 2018 hinaus. Aber danach fehlen die erwähnten großen, kapitalintensiven Projekte weltweit, um die steigende Nachfrage zu decken; schließlich dürfte die Ölnachfrage jedes Jahr weiter steigen. Sobald diese Nachfrage nicht mehr gedeckt werden kann, sind auch wieder größere Preisverschiebungen möglich, die den Ölpreis auch wieder in Richtung 100 Dollar führen könnten. Aber das sehen wir nicht vor dem Jahr 2020.

Mit Frank Klumpp sprach Kai Stoppel.

Quelle: ntv.de

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