Wirtschaft

Zwischen Angst und Euphorie Was Anleger jetzt tun sollten

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(Foto: dpa)

Psychologie ist etwas Feines, und auch am Finanzmark ist sie überaus nützlich. Bestes Beispiel ist der Aktiensommer 2016. Kommt nun der große Crash, oder stehen wir vor einem neuen Rekord im Dax?

Brexit-Sorgen, ein Überangebot am Ölmarkt, rein schuldenfinanziertes Wachstum in China, taumelnde italienische Banken und eine alles andere als robuste Wirtschaft in den USA – all dies scheint Anfang August vergessen. Vielmehr feiert man Konzerne wie Facebook, Alphabet oder Amazon und treibt ihre Kurse auf immer neue Höchststände, den großen S&P 500 im Windschatten gleich mit. Auch im Dax ist die Angst vom "Brexit-Freitag" völlig verflogen.

Dax
DAX 18.051,62

Das passende Barometer, der VDax-New, der die Volatilität und die sogenannten Angstprämien am Markt abbildet, ist auf ein völlig entspanntes Niveau von unter 20 Punkten gesunken. Zur Brexit-Zeit notierte er doppelt so hoch, gleiches galt im Frühjahr als die Investoren wegen China und dem dortigen Wirtschaftswachstum und der Schuldenblase Deckung suchten.

So kann man 2016 eines schon einmal mitnehmen als Investor – kaufe die Panik und verkaufe die Euphorie sind ohnehin gute Ratgeber für mutige Anleger in diesem Jahr hat es brillant geklappt. Das Problem daran ist, dass man sich in beiden Fällen gegen die Masse stellen muss – psychologisch schwierig, aber nutzvoll.

Denn wenn die meisten panisch agieren oder die Angst regiert, muss man selbst mit kühlem Kopf und mutig in den Markt hineinspringen. Gleichzeitig bedeutet dies für die aktuelle Lage Anfang August, dass Anleger kurzfristig eher an die Seitenlinie gehen sollten, auf den nächsten Rückschlag beim Dax warten können, wann immer er auch kommen mag. Dann gilt es auch, auf die Mahner, Warner und Schwarzmaler zu hören, sie aber als Kontraindikatoren zu nutzen. Einer von ihnen ist seit Neustem der berühmte Anleihenmanager Bill Gross. Er rät Anlegern, auf reale Vermögenswerte zu vertrauen.

Gross betont, dass er mittlerweile keine Anleihen und fast keine Aktien mehr mag, er favorisiert dafür reale Vermögenswerte wie Grundstücke und Gold. Für ihn sind Anleihen und Aktien überbewertet. Allerdings – die Bewertungen für Aktien gelten historisch nach Maßstäben, in denen es noch Zinsen gab. Zumindest die Überlegung ist berechtigt, ob ein Konzern wie BASF mit einer Dividendenrendite von rund 4 Prozent und dem Überleben zweier Weltkriege nicht ein solideres Sachinvestment ist als manche hoch gepreiste Immobilie. Im Sommer 2016 könnten die mahnenden Worte von Bill Gross ein Kaufsignal sein, erst recht, wenn sich die notorischen Mahner Albert Edwards und Marc Faber hinzugesellen - so wie im Februar oder rund um den Brexit.

Adidas und Deutsche Bank – zwei Gegenpole

Selbst bei Einzelaktien lässt sich das Phänomen Angst und Euphorie beobachten. Dieser Tage hört man fast nur positive Stimmen zur Aktie von Adidas. Goldman Sachs mochte die Aktie vor Jahren bei rund 60 Euro überhaupt nicht, damals war fast alles schlecht. Nun, bei 145 Euro Kurswert stellt man das Ziel auf 181 Euro, da "die wichtigsten Wachstumstreiber im ersten Halbjahr intakt geblieben sind."

Ein Blick auf den Kursverlauf verrät, dass der Titel seit zwei Jahren nach oben zieht - ein Glücksgriff. Passend zu den olympischen Spielen und nach den jüngsten Quartalszahlen muss man aber feststellen, dass Adidas nach gängigen Maßstäben heillos überteuert ist, ein Rückschlag fast schon mit Ansage kommen muss. Adidas ist die umgekehrte Deutsche Bank, wenn man so will, denn bei den Blauen wird bei Kursen knapp über 10 Euro viel Negatives eingepreist.

Stimmungen am Aktienmarkt sind also so wichtig geworden wie selten zuvor, und Anleger sollten die Psychologie unbedingt in ihre Entscheidungen mit einbeziehen. Ein Punkt beispielsweise wird momentan noch völlig vernachlässigt – die US-Wahl. Nach seinen zahlreichen Patzern scheint Donald Trump momentan abgeschlagen, das Duell Not gegen Elend kippt zugunsten von Hillary Clinton. Doch auch Trump könnte noch einmal aufholen -und dann würde mancher Investor wohl eine negative Überraschung lieber vorher einpreisen, um die Umfrage- und Prognosefehler des Brexit nicht noch einmal zu erleben. Kaufen Sie die Panik und verkaufen Sie die Euphorie, das bleibt daher im zweiten Halbjahr 2016 ein guter psychologischer Taktgeber.

Quelle: ntv.de

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