Wirtschaft

Raus aus dem Sparbuch Sind Aktien gut für jedermann?

Der Bär und der Bulle vor der Börse in Frankfurt - Symbole für fallende und für steigende Kurse.

Der Bär und der Bulle vor der Börse in Frankfurt - Symbole für fallende und für steigende Kurse.

(Foto: imago/Future Image)

Über ihre Versicherung oder andere Finanzprodukte haben viele Deutsche in Aktien investiert – oft ohne es zu wissen. Aber sich direkt über ein Wertpapier oder einen Fonds am Markt zu beteiligen, wagen die wenigsten. Warum nur?

Ändert sich jemals etwas daran, dass die deutschen Privatanleger Aktienmuffel sind? Die Vermögensverwalter des US-Instituts Goldman Sachs wollten das herausfinden und haben eine Umfrage gestartet. Die Antwort lautet: Nein. Es bleibt, wie es ist, nur etwas mehr als zehn Prozent der Deutschen legen Geld in Aktien an. Warum das so ist - die Antworten finden Sie hier.

Woher kommt die Abneigung gegen Aktien?

Mehr als ein Viertel der Befragten sagt, dass sie nicht in Aktien investiert seien, weil sie sich mit dem Markt nicht auskennen. Banken fordern deshalb seit Jahren unisono, dass Geldanlage bereits in der Schule thematisiert werden soll. Markus Weis, Asset Manager bei Goldman Sachs (GSAM) fügt an: "In Deutschland gibt es kaum eine Wertpapierkultur." Das liegt unter anderem daran, dass Banken erst Mitte der 90er-Jahre damit begonnen haben, Privatanlegern Aktien zu empfehlen, etwa die Telekom-Aktie. Es folgte eine kurze Phase der Euphorie, bis 2000 die Kurse fielen und der sogenannte "Neue Markt" inklusive Telekom-Aktie zusammenbrach. Damit brach auch das Vertrauen der Verbraucher und letztlich hat es sich bis heute nicht erholt. Mehr als 35 Prozent der Umfrageteilnehmer gaben an, dass ihnen das Risiko eines Aktieninvestments zu hoch sei. Und knapp 62 Prozent geben an, dass Sicherheit das entscheidende Kriterium für ein Investment sei.

Warum sind Sparer trotzdem unzufrieden?

Geht man davon aus, dass die Inflation auf dem derzeit niedrigen Niveau bleibt, ist es nur konsequent, sein Geld auf dem Tagesgeldkonto oder dem Sparbuch zu belassen. Die Faustformel lautet: Solange die Zinsen abzüglich der Kontogebühren höher sind als die Inflation lohnt es sich noch. Allerdings beabsichtigt die Europäische Zentralbank (EZB) mit ihrer Politik nicht nur die Zinsen niedrig zu halten, sondern die Teuerungsrate anzufeuern, um so Wirtschaftswachstum heraufzubeschwören. Bislang klappt das nicht. Die Verbraucherpreise steigen wenig und im September sind sie im Vergleich zum August sogar um 0,2 Prozent gefallen. Aber die Niedrigzinspolitik der EZB wird uns noch Jahre oder sogar Jahrzehnte begleiten. Die Inflation bleibt in dieser Zeit ein Risikofaktor für Sparer. Einer der Gründe, weshalb rund 36 Prozent der Sparbuchinhaber unzufrieden mit dem Ertrag ihrer Geldanlage sind.

Werden wir irgendwann doch noch zu Aktienanlegern?

Ein Grund, etwas am Verhalten zu ändern ist der geringe Sparertrag jedoch nicht. Mehr als die Hälfte der Anleger beschäftigen sich laut GSAM-Umfrage alle paar Monate mit ihrem Geld. Die Sparquote ist allerdings auch nicht gestiegen. Aktionäre sind glücklicher mit ihrer Rendite als Sparer: Fast 70 Prozent sind zufrieden oder eher zufrieden. Dieses Maß an Happiness übertreffen nur noch Besitzer von Immobilien oder Immobilienfonds, die zu 78,4 Prozent mit dem Ertrag ihrer Anlage selig sind. Bei der Vermögensverwaltung von Goldman Sachs geht man auf Basis dieser Zahlen davon aus, dass der Turnaround der Aktienmuffeligkeit bevorstehen könnte. "Wir glauben, dass Aktienfonds in den nächsten Jahren aus Renditegesichtspunkten an Bedeutung gewinnen müssten", sagt Vermögensverwalter Markus Weis.

Kann ein Bankberater beim Einstieg in den Aktienmarkt helfen?

Das glaubt jedenfalls Goldman Sachs: Die ausgewählten und qualitätsgeprüften Berater in den Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken seien die wichtigsten Vertriebskanäle für Aktienprodukte aus dem Hause GSAM. Das erklärt sich unter anderem durch den demografischen Wandel. "Der Großteil der Vermögen in Deutschland gehört der älteren Generation", sagt Weis. Die würden lieber zum Bankberater gehen als sich bei den derzeit etablierenden Online-Plattformen im Internet zu informieren. Aber auch die Jüngeren glauben an ihre Bank. Eine repräsentative Umfrage der Gesellschaft für Konsumforschung hat jüngst gezeigt: 20 Prozent gehen lieber in die Filiale, da ihnen die Anlageberatung über das Internet zu kompliziert sei. Und 38 Prozent sind überzeugt, dass sie dort kompetent beraten werden.

Wollen die Banken den Ottonormalverbrauchern überhaupt Aktien verkaufen?

Ab einem Nettoeinkommen von 3000 Euro monatlich sind Kunden für die Wertpapierberatung interessant, heißt es. Allerdings hat die Regulierung des Finanzbereichs durch die EU dazu geführt, dass die Beratung aufwändig und damit teuer geworden ist. Bei einer Anlage von 10.000 Euro verdienen die Institute wenig und es gibt eine Tendenz in den Bankhäusern, erst ab einer gewissen Summe Aktieninvestments in Erwägung zu ziehen. Deshalb gibt es Überlegungen, das über die Regulierung eingeführte und zeitfressende Beratungsprotokoll wieder abzuschaffen. Dabei stellt sich jedoch die Frage, wie Banken alternativ in Haftung für mögliche Fehlberatungen genommen werden können.

Findet der Gesetzgeber eine andere Lösung als die umständliche Dokumentation, wäre eine günstigere Beratung möglich und besser für den kleinen Geldbeutel.

Quelle: ntv.de

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