Wirtschaft

Boom oder Blase? "In Frontier-Märkten gibt es keine Garantien"

Nigeria gehört zu den Frontier-Ländern. Börsennotierte Unternehmen des Landes steuern rund ein Fünftel der Marktkapitalisierung des MSCI Frontier Index bei.

Nigeria gehört zu den Frontier-Ländern. Börsennotierte Unternehmen des Landes steuern rund ein Fünftel der Marktkapitalisierung des MSCI Frontier Index bei.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Auf der Jagd nach Rendite entdecken spekulative Anleger die Frontier-Märkte. Milliarden fließen in die kleinen Schwestern der Schwellenländer. Die Kurse klettern deutlich - gleichzeitig werden auch immer mehr warnende Stimmen laut.

Abenteuerlustige Investoren, die auf hohe Renditen hoffen, stecken Milliarden von Dollar in Frontier-Märkte. Doch Manager großer Fonds glauben, dass die Kursgewinne zu früh kommen.

Ausländische Fonds haben in diesem Jahr bereits 2,2 Milliarden Dollar in Frontier-Märkte investiert - die kleineren und weniger beachteten Geschwister der Schwellenmärkte. Gleichzeitig zogen Fonds 720 Millionen Dollar aus Schwellenmarktfonds ab, zeigen Daten des Datendienstleisters EPFR.

Seit Jahresanfang ist der MSCI Frontier Markets Index dadurch um 19 Prozent gestiegen, verglichen mit nur 6 Prozent Kursgewinn im MSCI Emerging Markets und 2,2 Prozent im MSCI World. Damit zählen Frontier-Märkte zu den erfolgreichsten des Jahres. Doch Beobachter fürchten, dass es die Geldflut aus dem Ausland und nicht gute Investmentchancen sind, die die Kurse nach oben treiben.

Der feste Glaube an die Rendite

Während die Märkte in Europa, den USA und einigen anderen Teilen der Welt jüngst stolperten, ging es in den Frontier-Märkten ungebrochen aufwärts.

"Investoren versuchen beinahe verzweifelt, die Kursgewinne nachzuahmen, die sie in den vergangenen zehn Jahren in den Schwellenmärkten erlebten, und sie wollen wirklich glauben, dass sie Renditen von 10 bis 15 Prozent erzielen können", sagt Kemal Ahmed, Portfoliomanager und Leiter für Frontier-Märkte bei Investec Asset Management. Investec verwaltet 123 Milliarden Dollar.

Diese rasant wachsenden Märkte stoßen bei ganz unterschiedlichen Anlegergruppen auf Interesse. Der 886 Milliarden Dollar große norwegische Staatsfonds - der größte der Welt - kaufte im Juni Papiere aus den Frontier-Märkten.

Nur wenige gute Investmentchancen

Das Problem dabei: Es gibt nur wenige gute Investmentchancen, und viele Akteure reißen sich darum. In vielen Indizes sind die Grenzen ausgereizt, bis zu denen sich Werte in ausländischem Besitz befinden dürfen.

10 Werte machen über 35 Prozent des MSCI Frontier Index aus, zeigen Daten von MSCI, während Unternehmen aus Kuwait fast ein Viertel der gesamten Marktkapitalisierung des Index ausmachen. Nigeria steuert immerhin ein Fünftel bei.

Der Gesamtmarktwert der Aktien im MSCI Frontier Markets Index liegt bei 109 Milliarden Dollar, verglichen mit 4 Billionen Dollar im vergleichbaren Schwellenmarktindex. Da der Markt so klein ist, fürchten einige Investoren eine plötzliche Panik. Außerdem sind Frontier-Märkte nicht besonders liquide, was bei einem plötzlichen Abverkauf zu noch steileren Kursrutschen führen kann - wenn sich überhaupt Käufer finden, sagen sie.

Eine Frage der Perspektive

Fondsmanager sagen, dass sich Frontier-Märkte auch deshalb anscheinend zu gut entwickelt haben, weil einige in diesem Jahr neu eingestuft wurden. Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate erschienen stark genug, um ab Juni als Schwellenmärkte zu gelten, wodurch sich Investitionen in Frontier-Märkte auf eine kleinere Gruppe von Ländern verteilten.

Die übrigen Frontier-Märkte haben umso stärker zugelegt. Seit Jahresanfang hat der Hochiminh VN Index von Vietnam 20 Prozent zugelegt, der pakistanische KSE 100 ist um 16 Prozent gestiegen, und der argentinische Merval Index konnte sogar 50 Prozent hinzugewinnen. In den ersten sechs Monaten des Jahres verdienten Frontier-Markt-Investoren laut Morningstar durchschnittlich 9,8 Prozent, verglichen mit 4,7 Prozent in industrialisierten Märkten.

Einige Fonds konnten in den ersten sechs Monaten des laufenden Jahres herausragende Renditen präsentieren, zeigen Daten von Morningstar. Mehrere Frontier-Fonds von Schroders zum Beispiel haben weit über zehn Prozent zugelegt.

Thomas Vester, globaler Investmentchef bei LGM Investments, sagt, dass sich Investments in Frontier-Märkte auch jetzt noch lohnen, wenn man mit den politischen und unternehmerischen Risiken in diesen jungen Märkten umgehen kann. Noch erscheine ihm die Bewertung der Frontier-Märkte nicht übertrieben, sagt Vester.

LGM hat bereits 881 Millionen Dollar in Frontier-Markt-Fonds investiert. Vester hofft vor allem in Vietnam, Bangladesch und Pakisten mit Anlageerfolgen.

Warnendes Beispiel Ecuador

Trotzdem warnt er, dass viele Anleger bei der Jagd nach mehr Rendite auch Geld in "weniger kluge Unternehmen" pumpen. Gelder fließen außerdem nicht nur in Aktien, sondern auch in festverzinsliche Produkte, sagt er.

Ecuador zum Beispiel gab im Juni zwei Milliarden Dollar an zehnjährigen Anleihen aus, die die Ratingagenturen als Schrottpapiere einstuften. Erst 2008 geriet das Land bei 3,2 Milliarden Dollar an Anleihen in Zahlungsverzug.

Doch es gibt auch noch vorsichtige Anleger. "Durch die Entstehung von großen Mengen an Liquidität in den USA, Europa und Japan aufgrund der quantitativen Lockerung und der Nullzinspolitik sind die Renditen für Investoren gesunken. Es braucht nur geringe Mengen an Kapitalzuflüssen, um diese Märkte in die Höhe zu treiben", sagt Peter Marber, Fondsmanager bei Loomis Sayles & Co. in den USA. Die Firma verwaltet 221 Milliarden Dollar.

Marber verwaltet Investments in Frontier- und Schwellenmärkten und sagt, dass er in diesem Jahr eher auf größere Schwellenmärkte vertraut, da sie sich im Vergleich mit anderen Anlageklassen schlecht entwickelt haben und dadurch billiger geworden sind.

Anleger sollten daran denken, dass Frontier-Märkte sehr volatil und riskant sind, warnt Marber. "In Frontier-Märkten gibt es keine Garantien."

Quelle: ntv.de, Jake Maxwell Watts, DJ

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen