Wirtschaft

Hohe Bewertung Dax stemmt sich gegen US-Zinsängste

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(Foto: picture alliance / dpa)

Beim Dax läuft der längste Bullenmarkt aller Zeiten. Aber ist die Börse deshalb heiß gelaufen? Zumindest ist der Dax kein Schnäppchen mehr - und auch nicht mehr alternativlos.

Zunehmende Verunsicherung bei Dax-Investoren: Nachdem es Anfang März noch so ausgesehen hatte, als ob ein Angriff auf das Rekordhoch vom April 2015 nur eine Frage der Zeit wäre, machen sich nun etliche Investoren Sorgen, dass es zu einer größeren Korrektur kommen könnte - zumal beim Dax der längste Bullenmarkt aller Zeiten läuft. Am 6. März war er acht Jahre alt geworden. Der zweitlängste, der im August 1982 begonnen hatte, hatte es auf sieben Jahre und neun Monate gebracht.

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Um einen Bullenmarkt handelt es sich, wenn der Index um mehr als 20 Prozent gegenüber dem Tief gestiegen ist. Wenn es anschließend zu einer Korrektur um mehr als 20 Prozent gegenüber dem Hoch kommt, liegt ein Bärenmarkt vor. Für die zuletzt etwas schlechtere Stimmung sorgt vor allem die US-Notenbank. Nachdem Fed-Chefin Janet Yellen zuletzt signalisiert hat, sie wolle bei der Sitzung am 15. März zur Tat schreiten, ist eine Leitzinserhöhung für viele Investoren ausgemachte Sache. Gleichzeitig erwarten die Anleger im Gegensatz zu früher, dass die Fed im Gesamtjahr die Zinsen tatsächlich drei Mal anheben könnte, womit sich die Geldpolitik deutlich verschärfen würde, nachdem es in den Vorjahren nur jeweils einen Zinsschritt am Jahresende gegeben hatte.

Trump lässt zu wünschen übrig

Das Problem ist, dass Yellen die Zinsen just in einer Phase anheben will, in der sich die Perspektiven für das Wirtschaftswachstum der USA nicht etwa aufhellen, sondern eintrüben. Nachdem US-Präsident Donald Trump bislang keinerlei Details für die angekündigte "phänomenale" Steuerreform angekündigt hat, dämmert es vielen Investoren zusehends, dass die Reform frühestens im August oder September vom Kongress verabschiedet werden dürfte, weshalb das Wirtschaftswachstum im Gesamtjahr deutlich schwächer sein dürfte als viele Investoren bislang erwartet hatten.

Die ersten Ökonomen rudern bereits zurück. So hat die US-Notenbank Atlanta zuletzt die Prognose für das Wirtschaftswachstum der USA im ersten Quartal auf nur mehr 1,2 Prozent annualisiert eingedampft. Damit hat sich die Prognose gegenüber Anfang Februar mehr als halbiert. Sollte die Fed in dem Umfeld die Zinsen erhöhen, belastet das die hoch verschuldete US-Wirtschaft deutlich. Immerhin sind die Schulden der Privatwirtschaft, also von privaten Haushalten und Unternehmen außerhalb des Finanzsektors auf den Rekord von 47 Billionen Dollar gestiegen – das sind 253 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung. Sollte die US-Wirtschaft im Gesamtjahr schwächer als erwartet wachsen, beeinträchtigt das die Perspektiven vieler exportabhängiger Dax-Unternehmen.

Dax ist nicht günstig

Dennoch notiert der Dax nur knapp unter dem 52-Wochen-Hoch, auch weil die Analysten weiterhin optimistisch sind. So stiegen die 2017er-Gewinnschätzungen für den Index in den vergangenen Monaten leicht an. Für das Gesamtjahr wird daher ein Gewinnplus von 8,5 Prozent auf knapp 870 Indexpunkte vorhergesagt. Dabei haben sich gerade die Gewinnschätzungen für etliche Zykliker, also konjunkturabhängige Werte, wie Daimler, BMW, SAP oder Siemens in den vergangenen Monaten deutlich stabilisiert. Das haben Investoren stark honoriert, wodurch das KGV (Kurs-Gewinnverhältnis) des Dax auf Basis der Gewinnschätzungen der nächsten zwölf Monate - eine für Investoren und Analysten sehr wichtige Kennzahl - auf 13,6 geklettert ist. Es liegt damit deutlich über dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre von 11,6 und zeigt damit an, dass der Dax nicht mehr günstig ist. Zur Erklärung: Die Schätzungen für die nächsten zwölf Monate werden berechnet, indem man derzeit das Jahr 2017 mit zehn Monaten und 2018 mit zwei Monaten gewichtet.

Hinzu kommt, dass die Bewertung des Index durch die "preiswerten" Autoaktien Daimler, BMW, Volkswagen und Continental stark nach unten verzerrt ist. So liegt das 2017er-KGV von Daimler und BMW bei jeweils rund acht, während jenes von Volkswagen bei 6,4 und jenes von Continental bei zwölf liegt. Bereinigt um die Autoaktien liegt das KGV des Dax ohne Autos laut einer Studie von Andreas Hürkamp, Aktienstratege bei der Commerzbank, bei 15,8 und damit deutlich über dem Zehnjahresschnitt von 12,2. Die Zahlen zeigen, dass der Dax ohne Autos sehr hoch bewertet ist. Sollte es in dem Umfeld zu weiter steigenden Zinsen kommen, wird der Dax von dieser Seite spürbar weniger attraktiv. Dann wären Aktien nicht mehr alternativlos und bekämen von Anleihen oder anderen Zinspapieren allmählich Konkurrenz.

Quelle: ntv.de

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