Wirtschaft

Subprime kommt zurück "Auch mit Bremain überwiegen die Risiken"

Selbst wenn die "Remain"-Kampagne Erfolg hat, bleiben die Zeiten für Anleger auf absehbare Zeit unruhig.

Selbst wenn die "Remain"-Kampagne Erfolg hat, bleiben die Zeiten für Anleger auf absehbare Zeit unruhig.

(Foto: dpa)

Im Interview mit der Telebörse erläutert Olivier de Larouzière, Anleihen-Fondsmanager bei Natixis Asset Management und zuständig für einen der größten Anleihenfonds in Europa, die Risiken für Anleger im aktuellen Umfeld. Dazu zählt nicht allein der Brexit.

n-tv.de: Wie wird das Referendum wohl ausgehen, und welche Konsequenzen lassen sich für die Börsen daraus ableiten?

Olivier de Larouzière: Ich habe leider keine zusätzlichen Informationen über die Abstimmung in Großbritannien, die der Öffentlichkeit nicht ohnehin schon bekannt sind, auch wenn wir ein Team von 19 Portfoliomanagern sind. Aktuell stehen die Chancen für einen Verbleib der Briten in der EU gut, und das wäre auch die einfachste Lösung für die Finanzmärkte. Ein Austritt hätte schwierige Verhandlungen zur Folge, die in der Praxis wohl mehr als fünf Jahre dauern würden. Für Unternehmen steigt in dieser Zeit die Unsicherheit, und wer wollte dann in das Land investieren?

Wenn Investitionen fehlen, leidet die britische Wirtschaft, und auch das Pfund wird geschwächt. Steigt dann der Euro gegenüber dem Pfund?

Das Misstrauen zwischen Großbritannien und der EU ist groß. Daher dürfte es ein Abkommen, wie es die EU mit der Schweiz oder Norwegen ausgehandelt hat, nicht geben. Fehlende Investitionen würden das Wirtschaftswachstum und das Pfund belasten, aber die Probleme könnten nach einem Brexit auch auf die EU und den Euro überschwappen. Daher ist der Euro kein Kauf, es würde Flucht in Sicherheit geben, die vor allem einen Anstieg des Schweizer Franken und dem japanischen Yen zur Folge hätte. 

Und einen weiteren Rückgang der Renditen von Staatsanleihen?

Die Zinsen und Renditen dürften ohnehin auf einem niedrigen Niveau bleiben, unabhängig vom Ausgang der Abstimmung in Großbritannien. Dafür sorgen die Notenbanken rund um den Globus, die weiter sehr expansiv sind und Staatsanleihen kaufen. Gleichzeitig bleiben die Risiken hoch und Investoren suchen sichere Häfen wie Staatsanleihen, obwohl sie teilweise keine Renditen abwerfen. Langfristig orientierte institutionelle Investoren kaufen deshalb 30-,40- und 50-jährige Staatsanleihen, um wenigstens noch etwas Rendite zu erzielen.

Welche Risiken meinen Sie noch?

Wenige Tage nach der Abstimmung in Großbritannien wird in Spanien gewählt. In Frankreich wird Anfang 2017 ein neuer Präsident gewählt, und in Deutschland finden im Herbst 2017 Bundestagswahlen statt. Neben diesen politischen Risiken bestehen außerdem noch regulatorische. Dazu zählt auch, dass der Ankauf von Staatsanleihen durch die EZB begrenzt ist und etwa in Portugal diese Obergrenze bald erreicht werden könnte. Aufgrund der Kapitalstruktur der EZB darf diese nur 30 Prozent der ausstehenden portugiesischen Staatsanleihen erwerben. Sie darf dann keine portugiesischen Staatsanleihen kaufen. Diese Obergrenze darf nicht ohne eine Veränderung der Kapitalstruktur der EZB erhöht werden. Und, somit ist der EZB bei Portugal der Pulver ausgegangen.

Kann dieser Umstand zu einer steigenden Nervosität und hohen Kursschwankungen führen?

In diesem Jahr haben wir zahlreiche Risk-off-Trades gesehen, aber auch Chancen in einer Erholung. Diese Tendenz dürfte sich im weiteren Jahresverlauf fortsetzen und die Volatilität hoch halten. Wir aktiven Fondmanager versuchen, hieraus Kapital zu schlagen und die jeweiligen Risiken frühzeitig zu erkennen. Was der Markt aktuell nur wenig beachtet, sind etwa die Wahlen in Spanien. Wir wollen aber im Vorfeld unser Risiko reduzieren und haben Anleihen mit hohen Kupons verkauft und Anleihen mit niedrigen gekauft.

Sie legen aktuell viel Wert auf die Eindämmung des Risikos. Welche Gefahren könnten die Märkte noch überraschen?

Subprime ist zurück. Viele Investoren müssen die hohe Liquidität rentabel anlegen und wenden sich daher dem US-Immobilienmarkt wieder verstärkt zu. Dabei werden auch Anlagen mit niedriger Bonität gekauft. Das birgt die Gefahr einer wiederholten Subprime Krise.  Eine andere Gefahrenquelle ist der Ölpreis. Sollte er über die 60-Dollarmarke hinaus steigen, stehen die Notenbanken vor einem Problem. Das ohnehin schon schwache Wachstum dürfte sich verlangsamen und gleichzeitig dürfte die Inflation anziehen. Den großen Notenbanken, wie etwa der EZB, dürfte es dann noch schwerer fallen, bei Leitzinsen nahe null und ausgedehnten Anleihekaufprogrammen, Impulse für die Wirtschaft zu geben.

Und was macht die Fed? Erwarten Sie aufgrund der genannten Risiken keine Zinserhöhung in den USA?

In diesem Jahr erwarten wir dort maximal eine Zinserhöhung, aber sie könnte auch ausfallen, wenn die US-Wirtschaft Schwächen zeigt. Die US-Notenbankchefin Janet Yellen lässt keine klare Linie erkennen, je nach wirtschaftlicher Entwicklung tendiert sie in einem Monat zu Zinserhöhungen und in einem anderen Monat zum Stillhalten. Das bedeutet, dass derzeit auch ohne einen Brexit die Risiken überwiegen, allerdings sind sie noch beherrschbar, werden aber für starke Schwankungen an den Märkten sorgen. Eine ausgewachsene Krise mit schwerwiegenden Folgen für die Weltwirtschaft ist aktuell jedoch nicht zu erwarten.

Mit Olivier de Larouzière sprach Benjamin Feingold.

Quelle: ntv.de

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