Wirtschaft

Die Nervosität wächst Anleger fürchten Mario Draghi

Führt die EZB: Mario Draghi

Führt die EZB: Mario Draghi

(Foto: AP)

Etliche Investoren befürchten, dass die EZB schon bald beginnt, ihr Anleihenkaufprogramm allmählich zurückzufahren. Ist das realistisch? Und welche Auswirkungen hätte das?

Von einem goldenen Oktober ist beim Dax nichts zu sehen. Unter geringen Schwankungen tendiert der Leitindex um die Marke von 10.500 Punkten seitwärts. Gebremst wird er vor allem von den steigenden Zinsen in den USA und der Eurozone. Für Aufwärtsdruck bei den Zinsen sorgen nicht zuletzt die Ängste der Investoren, dass EZB-Chef Mario Draghi das bis März 2017 laufende Programm zwar verlängern, aber allmählich zurückfahren könnte.

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Damit würde Draghi dem Vorbild des ehemaligen Chefs der US-Notenbank Ben Bernanke folgen, der ab Januar 2014 begonnen hatte, das Programm der Fed zu reduzieren, ehe es im Oktober 2014 ausgelaufen war.

Derzeit kaufen die Zentralbanken des Euroraums monatlich Anleihen für 80 Milliarden Euro. Die Analysten der Citigroup gehen davon aus, dass die EZB ihr Programm ab April 2017 auf 60 Milliarden Euro reduzieren könnte und ab Oktober auf 40 Milliarden Euro, ehe es in den folgenden Quartalen weiter abwärts geht.

"Sollte Draghi tatsächlich allmählich auf die Bremse treten, hätte das erhebliche Auswirkungen, nicht nur für den Anleihen-, sondern auch für den Aktien- und den Währungsmarkt", sagt Jochen Stanzl, Chef-Marktanalyst bei CMC Markets. Jahrelang hatten die immer weiter sinkenden Zinsen den Aktienmarkt der Euro-Zone beflügelt. Steigende Zinsen würden daher kräftigen Gegenwind bedeuten.

Gewinner und Verlierer

Die Analysten der Société Générale haben daher in einer Studie untersucht, welche Auswirkungen ein Zurückfahren der Anleihekäufe auf den Aktienmarkt hätte. Demnach würde die Finanzbranche von steigenden Zinsen profitieren, gerade die Versicherungen. Hingegen würden Unternehmen aus hoch verschuldeten Sektoren, wie Telekommunikation und Versorger und aus dem Bereich "nicht zyklischer" Konsum, zu den Underperformern gehören, also schlechter laufen als der Gesamtmarkt. Zu dem Sektor gehören beispielsweise Nahrungsmittel- und Getränkehersteller sowie Tabak- und Konsumgüterhersteller.

Gleichzeitig könne es bei den Investoren zu einem Favoritenwechsel kommen, was die Aktienmärkte einzelner Länder angeht, heißt es. So seien die Märkte in Spanien und Italien etliche Jahre stark davon gestützt worden, dass die Zinsen noch stärker gesunken seien als in Deutschland - woraufhin der Zinsaufschlag gegenüber deutschen Anleihen immer kleiner wurde. Allerdings seien die dortigen Unternehmen hoch verschuldet im Vergleich zu jenen aus Deutschland und Frankreich. Daher sollten laut der Empfehlung der Analysten der Société Générale Investoren wieder verstärkt auf die Kernmärkte Deutschland und Frankreich setzen.

Wird es tatsächlich dazu kommen, dass die EZB ihr Programm zurückfährt? Das erscheint äußerst unwahrscheinlich. Sollte Draghi tatsächlich auf die Bremse treten, würde sich der Zinsanstieg beschleunigen. Das kann die EZB keinesfalls wollen, nicht zuletzt, weil der kräftige Kursrückgang bei den Anleihen gerade die angeschlagenen Banken der Eurozone schwer belasten würde. So haben die italienischen Institute mehr als 400 Milliarden Euro an heimischen Staatsanleihen im Portfolio – das ist der mit weitem Abstand höchste Wert in der Eurozone. Ein Zinsanstieg würde die dortigen Banken daher noch mehr in die Bredouille bringen, als sie es - aufgrund der faulen Kredite von rund 350 Milliarden Euro – ohnehin bereits sind. Besonders anfällig für Zinserhöhungen wären auch spanische Banken. Sie besitzen deutlich mehr als 200 Milliarden Euro an heimischen Anleihen – das ist der zweithöchste Wert in der Eurozone. Sollten sich die Banken, vor allem aus Italien und Spanien, wegen der möglichen Verluste aus ihrem Anleihenbestand bei der Kreditvergabe zurückhalten, würde das die Volkswirtschaften deutlich belasten.

Risiko Aktienmarkt

Ein weiterer Grund spricht ebenfalls klar dafür, warum Draghi über eine Verlängerung und Veränderung des Kaufprogramms ohne Reduzierung des Volumens nachdenken dürfte: das Kursrisiko am Aktienmarkt. Denn bei steigenden Zinsen lässt der Druck nach, händeringend Rendite bei Dividendenwerten zu suchen. Ein Kursrückgang am Anleihen- und am Aktienmarkt könnte für eine deutliche Stimmungseintrübung bei Verbrauchern sorgen, woraufhin sie sich beim Konsum zurückhalten könnten. Das würde die Wirtschaft deutlich bremsen.

Dass es nicht zu einem Zurückfahren der Anleihekäufe kommen dürfte, darauf deutet auch der Währungsmarkt hin. Denn der Euro ist im Rückwärtsgang und könnte weiter in Richtung des Jahrestiefs von 1,06 Dollar je Euro laufen. Wenn die EZB und die US-Notenbank die Geldpolitik im Gleichklang verschärfen würden, würde sich der Euro robuster zeigen.

Die Sorgen der Investoren scheinen deshalb unbegründet. Vielmehr dürfte Draghi bei der Pressekonferenz nach der Sitzung am Donnerstag Investoren darauf vorbereiten, dass er bei der darauffolgenden Sitzung am 8. Dezember nähere Details zur Verlängerung und Veränderung des Programms vorlegen wird. Dann kann die von vielen Anlegern erhoffte Jahresendrally starten.

Quelle: ntv.de

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