Ratgeber

Finanzsteuer verzögert sich Anleger bekommen Atempause

Aus dem Starttermin der Finanztransaktionssteuer im kommenden Jahr wird wohl nichts. Das Vorhaben könnte die deutschen Steuerzahler im schlimmsten Fall bis zu 44 Milliarden Euro kosten.

Die Folgen einer Finanzsteuer wären für den Privatanleger wohl eher überschaubar.

Die Folgen einer Finanzsteuer wären für den Privatanleger wohl eher überschaubar.

(Foto: imago/CHROMORANGE)

"2016 werden wir es nicht schaffen." Mit diesen Worten hat Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble vor kurzem eingestanden, dass die sogenannte Finanztransaktionssteuer frühestens im übernächsten Jahr eingeführt wird - wenn überhaupt. Denn die Hürden für die geplante Börsensteuer sind hoch.

Richtig Sinn würde eine Steuer auf Finanztransaktionen wie der Kauf und Verkauf von Aktien nur dann machen, wenn es keine Ausweichmöglichkeiten gäbe. Die Steuer müsste weltweit und möglichst für alle Finanzprodukte gelten. Ansonsten würden Anleger, insbesondere institutionelle Investoren, der neuen Abgabe ausweichen. Die Finanzbranche hat sich im Auffinden von Schlupflöchern seit jeher als überaus findig erwiesen. Die USA, das größte Finanzzentrum der Welt, ist aber schon einmal definitiv nicht mit dabei. Selbst Europa konnte sich bislang nicht auf die Einführung einer Finanzsteuer einigen. Die Briten sorgen sich um ihre Banken und Broker in London, Luxemburg bangt ebenfalls um seinen Finanzplatz und die Niederländer befürchten Belastungen für ihre Pensionsfonds.

Dr. Michael Bormann, Steuerexperte und Gründungspartner bei bdp Bormann Demant & Partner – www.bdp-team.de

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Unter dem Strich konnten sich selbst in der Europäischen Union von den insgesamt 28 Mitgliedsstaaten nur elf Länder grundsätzlich darauf einigen, Finanzgeschäfte künftig zu besteuern - unter anderen Deutschland, Frankreich und Italien. Und das, obwohl die Idee auf den ersten Blick einleuchtet: Die Finanzbranche soll an den Kosten der Lehman-Pleite und der anschließenden Schuldenkrise beteiligt werden. Gleichzeitig gilt es, riskante Finanzgeschäfte wie den Hochfrequenzhandel einzuschränken. Angenehmer  Nebeneffekt: Die Staatshaushalte könnten sich über einen warmen Geldregen freuen.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) rechnet bei einer Einführung der Finanztransaktionssteuer alleine für die Bundesrepublik mit Mehreinnahmen von bis zu 44 Milliarden Euro pro Jahr. Was für den Fiskus eine umfangreiche zusätzliche Einnahmequelle wäre, bedeutete jedoch nichts anderes als eine weitere Belastung der deutschen Steuerzahler. Selbst wenn sie nicht selbst Aktien, Anleihen oder Derivate handeln, würden sie bei Fonds, Sparplänen oder Lebensversicherungen  zur Kasse gebeten. Banken, Versicherungen  und Fondsgesellschaften reichen Kosten wie eine mögliche Finanzsteuer in aller Regel weiter - direkt oder indirekt.

Hohe Einnahmen unwahrscheinlich

Die Prognoserechnung des DIW unterstellt, dass beim Kauf und Verkauf von Aktien sowie von Anleihen 0,1 Prozent für den Fiskus fällig würden. Für den Handel mit Derivaten sollen voraussichtlich 0,01 Prozent gelten. Der Haken ist, dass selbst Brüssel nicht glaubt, dass sich der Derivatehandel wirksam besteuern lässt. Der für indirekte Steuern und Steuerverwaltung zuständige EU-Direktor, Manfred Bergmann, glaubt, dass durch die Finanzsteuer der Derivatehandel um bis zu 75 Prozent zurückgehen könnte. Das deckt sich mit den Erfahrungen Schwedens.

Das skandinavische Land hatte von 1985 bis 1992 eine Finanztransaktionssteuer erhoben. Innerhalb einer Woche nach Einführung der Abgabe brach der Handel mit Anleihen um 85 Prozent ein. Der Markt für Futures und Optionen trocknete sogar fast vollständig aus. Die zusätzlichen Steuereinnahmen sollten sich ursprünglich auf 1,5 Milliarden Kronen belaufen. Tatsächlich brachten sie es lediglich auf 50 Millionen Kronen,  also fast 97 Prozent wenig als erwartet. Angesichts dieser Zahlen darf bezweifelt werden, dass sich der bürokratische Aufwand bei der neuen Steuer rechnen würde.

Auch wenn es sich wieder einmal um eine Erhöhung und nicht um eine der ständig versprochenen Entlastungen handelt, sind die Folgen für den Privatanleger wohl eher überschaubar. Schließlich geht es um Steuersätze von 0,1 bzw. 0,01 Prozent je Transaktion. Der Fondssparer, der einmal im Monat Anteile kauft, dürfte von der Finanztransaktionssteuer nur wenig spüren. Schädlich wäre eine Finanztransaktionssteuer dennoch. Der Staat sollte - wie regelmäßig versprochen – die private Altersversorgung unterstützen und nicht durch eine weitere Abgabe behindern. Schon heute muss der Anleger von den Gewinnen aus Finanzgeschäften 25 Prozent Abgeltungsteuer plus Solidaritätszuschlag und etwaige Kirchensteuer ans Finanzamt abführen.

Quelle: ntv.de

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