Wirtschaft

Russen sorgen für Schock am Kali-Markt K+S-Papier rauscht in die Tiefe

Der Abraum aus dem Kalibergbau Rande des Ortes Neuhof bei Fulda: Die etwa 120 Meter hohe Halde, im Volksmund auch "Monte Kali" genannt, besteht vorwiegend aus Natriumchlorid und Calciumsulfat.

Der Abraum aus dem Kalibergbau Rande des Ortes Neuhof bei Fulda: Die etwa 120 Meter hohe Halde, im Volksmund auch "Monte Kali" genannt, besteht vorwiegend aus Natriumchlorid und Calciumsulfat.

(Foto: picture alliance / dpa)

Ein russische Kali-Produzent beendet eine Kooperation - und der Markt bebt. Denn das zu den größten der Branche zählende Unternehmen spekuliert zugleich über einen Einbruch des Marktpreises und sorgt für hektische Verkäufe von Titeln der Mitbewerber. Die K+S-Papiere verlieren zeitweise ein Viertel ihres Wertes - und werden als Schnäppchen wieder interessant. Das Kasseler Unternehmen beschwichtigt.

Der russischen Kali-Produzenten Uralkali schockt mit dem überraschenden Rückzug aus dem Gemeinschaftsunternehmen mit dem bisherigen Partner Belaruskali die Märkte. In Deutschland und den USA brachen daraufhin die Aktien der Konkurrenten ein. Die Papiere des deutschen Mitbewerbers K+S verlieren bis zu einem Viertel ihres Wertes. Dabei wird eine Milliarde Marktkapitalisierung vernichtet, wie ein Händler sagte. Am Nachmittag stand immer noch ein Minus von 20 Prozent zu Buche - ebenso ergeht es dem Uralkali-Titel in Moskau. An der Wall Street sacken Mosaic im frühen Handel um mehr als 21 Prozent und Intrepid Potash um 26,5 Prozent ab

Uralkali und Belaruskali waren acht Jahre lang Partner im Joint Venture BPC, das für 43 Prozent der weltweiten Kali-Exporte steht. Die Kali-Ausfuhr soll künftig über die in der Schweiz ansässige eigene Tochter Uralkali Trading abgewickelt werden. Grund für den Rückzug ist, dass die weißrussische Produktionsvereinigung Belaruskali bereits mehrfach auf eigene Faust Kalidünger exportiert hat, seit das Monopol von BPC abgeschafft wurde. Dieses Ausscheren ist aber nicht akzeptabel, erklärten die Russen, hieß es.

Russen erwarten Einbruch des Kali-Preises

Beobachter fürchten nun, dass Uralkali einen Preiskrieg anzetteln könnte. Die dürren Aussagen der Russen lassen diesen Schluss zumindest zu. "In der nächsten Zeit rechnen wir damit, dass der Wettbewerb stärker wird, das wird die Preise nach unten treiben", sagte Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner. Das zu den weltgrößten Kali-Produzenten zählende Unternehmen teilte weiter mit, der Kali-Preis könne durch die Entscheidung im zweiten Halbjahr 2013 unter die Marke von 300 Dollar je Tonne fallen. Der Markt habe bislang mit einem Kalipreis von weit über 370 Dollar gerechnet, sagte ein Händler. Momentan liegt der Preis bei rund 400 Dollar pro Tonne.

Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner (Archivbild) rechnet mit deutlich geringeren Kalipreisen.

Uralkali-Chef Wladislaw Baumgertner (Archivbild) rechnet mit deutlich geringeren Kalipreisen.

(Foto: REUTERS)

Bei BPC war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten. Zudem schloss Uralkali nach eigenen Angaben einen Vertrag mit China zur Lieferung von 500.000 Tonnen Kali. Der Preis soll Branchenbeobachtern zufolge bei etwa 350 Dollar je Tonne, dem derzeitigen Spotmarktpreis, gelegen haben.

Für den Kasseler Düngemittel- und Salzkonzern K+S wäre das verheerend. Die Gewinne des Dax-Konzerns sind stark abhängig vom Kalipreis. Laut Commerzbank-Analyst Lutz Grüten führt ein Rückgang des Kali-Preises um ein Prozent zu einer Verringerung des operativen K+S-Ergebnisses um rund zwei Prozent. "Für K+S ist das eine Katastrophe, die Aktien will jetzt erst einmal keiner mehr haben", fasste ein Händler zusammen. Die Kasseler seien wesentlich stärker vom Kalipreis abhängig, als Wettbewerber. Zur Begründung verweisen Analysten darauf, dass der Konzern an seiner Kapazitätsgrenze arbeite und rückläufige Preise nicht mit mehr Absatz ausgleichen könne.

Für K + S haben Trends weiter Bestand

K+S hält die Erwartungen eines massiven Preisverfalls bei Kali nach dem Austritt des Rivalen Uralkali aus einem wichtigen Handelskonsortium indes für übertrieben. "Die in der Presse kolportierten Preise für Kalidüngemittel sind für uns nicht nachvollziehbar und entsprechen aus unserer Sicht in keiner Weise der aktuellen Angebots- und Nachfragesituation", teilte das Unternehmen mit. Die positiven mittel- und langfristigen Trends im Kalidüngemittelgeschäft hätten nach wie vor Bestand. K+S gestand zugleich ein, dass eine umfassende Bewertung der aktuellen Situation derzeit nicht möglich sei. "Wir beobachten die weitere Entwicklung sehr genau", erklärte der Konzern.  Für das Gesamtjahr hat K+S bislang einen leicht steigenden Umsatz und ein etwas höheres operatives Ergebnis (EBIT I) in Aussicht gestellt.

K + S-Chef Norbert Steiner (Archivbild) will Entwicklung beobachten.

K + S-Chef Norbert Steiner (Archivbild) will Entwicklung beobachten.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für Kopfschütteln sorgt der Kursrutsch bei den Händlern. "Der Hebel ist schon enorm", sagt Analyst Ulle Wörner von der LBBW. Die Kostenstruktur im Kaligeschäft sei zudem relativ fixkostenlastig. "Da wirkt sich jede Preisänderung massiv aus." Auch für den Kalimarkt insgesamt sei es äußerst ungut, dass jetzt einer der großen Produzenten offenbar ausschere und eine Preis-vor-Menge-Strategie fahren wolle. In seinen Prognosen hat Wörner, ebenso wie andere Analysten, einen derartigen Preisverfall für Kali nicht berücksichtigt.

Auch die die NordLB-Analysten halten die Kursreaktion für stark übertrieben und nicht mehr nachvollziehbar. Allerdings tauchten erste Großkunden mit Kauflimits auf. "Wer rechnen kann, dem ist klar, dass er die Aktie jetzt zum Schnäppchenpreis bekommt", sagte ein anderer Händler. Auffallend sei daneben, dass nun Händler selbst privat auf die Käuferseite in K+S gingen. Die Aktie notiere schließlich fast auf Buchwert. Die deutlichen Abschläge zeigten aber auch, wie verunsichert die Anleger derzeit seien. Längerfristig blieben die Trends, die für die Aktie sprächen, wie vermehrte Nachfrage nach höherwertigen Nahrungsmitteln, die sich nur durch verstärkten Düngemitteleinsatz erzeugen lassen, aber erhalten. Die NordLB bestätigt daher auch ihre Kaufempfehlung für das Papier - reduzierten aber das Kursziel.

Analysten überprüfen Kursziele

Weiter sagten die Analysten der Bank, Uralkali-Verhalten mache strategisch auf den ersten Blick keinen Sinn, da sich das Unternehmen durch die beabsichtigte Steigerung der Absatzmengen die Preise verderbe und dabei sogar noch einen Preisrückgang um mehr als 25 Prozent selbst ankündige.

Auch die die DZ-Bank überprüft ihr zuletzt auf 41 Euro lautendes Kursziel wie auch die Kaufempfehlung für die Aktie. Die WGZ hält zwar am Kursziel 35 Euro fest, ebenso an der Kaufempfehlung. Die Analysten wollen nach einer Stellungnahme von K+S gegebenenfalls nachbessern.

Analyst Lars Hettche von Metzler hält es für möglich, dass Uralkali mit seinem Handeln versucht, künftige Konkurrenten vom Markt fern zu halten. Minenkonzern wie BHP Billiton überlegen derzeit, mit großen Projekten in das Kali-Geschäft einzusteigen. Diese Pläne befinden sich in der Entscheidungsphase mit der Möglichkeit, die Produktion ungefähr bis zum Jahr 2020 aufzunehmen, sagte der Analyst.

Wenn jetzt ein Unternehmen wie Uralkali den Kali-Preis für ein Jahr in den Keller schicke, dann könne dies mögliche künftige Konkurrenten abschrecken, in den Markt einzusteigen, sagte er weiter. Die Projekte großer Minenbetreiber würden dann nicht mehr die Kapitalkosten liefern, die damit erreicht werden sollten, sagte Hettche. Allerdings seien das bisher nur Spekulationen, da aus den wenigen aus dem russischen übersetzten Aussagen des Uralkali-Chefs nur wenige Details hervorgingen.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ

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