Wirtschaft

Krisenmodus dauert an EZB kümmert sich um Transparenz

EZB-Chef Mario Draghi sieht eine Stabilisierunng der Wirtschaft - allerdings auf niedrigem Niveau.

EZB-Chef Mario Draghi sieht eine Stabilisierunng der Wirtschaft - allerdings auf niedrigem Niveau.

(Foto: REUTERS)

Die Wirtschaft der Euro-Zone wird noch bis ins nächste Jahr mit billigem Zentralbankgeld gepäppelt. Die Konjunktur stabilisiere sich nur auf niedrigem Niveau, hieß es. Zugeknöpft gibt sich Notenbankchef Draghi erneut bei der Dauer der Niedrigzinspolitik. Man müsse flexibel bleiben. Etwas konkreter wird es indes beim Thema Protokoll-Veröffentlichung.

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Die Europäische Zentralbank (EZB) flutet die Märkte weiter mit Geld und verspricht mehr Transparenz. EZB-Präsident Mario Draghi bekräftigte, die Leitzinsen im Euroraum würden "für längere Zeit auf dem aktuellen oder einem niedrigeren Niveau" gehalten. Die Politik des billigen Geldes werde "die schrittweise Erholung der Konjunktur im Rest des Jahres und 2014" anschieben. Vorerst verharrt der wichtigste Zins zur Versorgung der Finanzbranche mit Zentralbankgeld auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent. Konkretisieren wollte Draghi den vor einem Monat erstmals genannten Ausblick erneut nicht. Die EZB müsse flexibel bleiben und könne nicht vorab "ein klares Ende" für die Niedrigzins-Ära in Stein meißeln.

Laut dem Zentralbank-Chef hat sich der EZB-Rat bei seiner jüngsten Sitzung einstimmig für unveränderte Leitzinsen ausgesprochen. "Wir haben die Guidance diskutiert und diese Entscheidung fiel einstimmig", sagte er. In seinen Einleitenden Bemerkungen bekräftigte Draghi die Aussage, dass die Leitzinsen für längere Zeit auf dem aktuellen Niveau oder darunter liegen dürften. Das wiederum sei abhängig von einem anhaltend niedrigen Inflationsausblick. "Der Rat hat über diese Orientierung entschieden und diese Guidance schließt die aktuelle Zinsentscheidung ein."

Seine Beurteilung von Wachstums- und Inflationsaussichten ließ der EZB-Rat weitgehend unverändert. Ungeachtet der zuletzt ermutigenden Einkaufsmanagerdaten rechnet er Draghis zufolge weiterhin damit, dass die Konjunkturerholung erst am Ende des Jahres oder sogar erst Anfang 2014 einsetzen wird. Die Wirtschaft habe sich zuletzt zwar stabilisiert, "allerdings auf niedrigem Niveau", sagte er. Zudem sei die Inflationsgefahr auch "auf mittlere Sicht" gering.

Der von Markit erhobene Einkaufsmanagerindex für den Euroraum deutet darauf hin, dass die Wirtschaft des Währungsgebiets schon am Beginn des dritten Quartals wieder gewachsen ist.

Bis Herbst Vorschläge für Protokoll-Veröffentlichungen

Unterdessen stellte die Zentralbank mehr Einblick in ihre Entscheidungen in Aussicht. Dazu werde das sechsköpfige Direktorium bis zum Herbst Vorschläge erarbeiten, in welcher Form die Protokolle der Ratssitzungen veröffentlicht werden könnten, sagte Draghi. Bislang liegen die EZB-Protokolle 30 Jahre unter Verschluss. Fast alle anderen bedeutenden Notenbanken veröffentlichen solche Mitschriften, um Anlegern mehr Orientierung zu bieten.

Der EZB-Rat sei sich einig, dass es bessere Informationen darüber geben sollte, wie seine Entscheidungen zustande kommen, sagte Draghi. Er warnte allerdings: "Jede Änderung der Kommunikation darf nicht die Unabhängigkeit der Mitglieder des EZB-Rates gefährden." Die Vertreter im obersten Entscheidungsgremium der Notenbank handelten im Interesse des Euro und nicht als Repräsentanten ihres jeweiligen Heimatlandes. "Wenn die Unabhängigkeit der Mitglieder gefährdet wird, haben wir eindeutig versagt. Diese Säule der Glaubwürdigkeit darf nicht bedroht werden", sagte er.

Eine noch offenere Kommunikation der EZB würde die Zentralbank für die Akteure an den Finanzmärkten noch berechenbarer machen - ein wichtiger Schritt gerade in Krisenzeiten. Bundesbank-Präsident Jens Weidmann sagte dem "Handelsblatt", er würde es begrüßen, wenn die Protokolle zeitnah nach den geldpolitischen Sitzungen des EZB-Rats veröffentlicht würden. Damit würden die wesentlichen Argumentationsstränge der Diskussion und die Beweggründe der Entscheidungen im Rat nachvollziehbar.

Gegner eines solchen Schritts sehen nicht nur die Gefahr, dass Notenbanker dann von ihren nationalen Regierungen unter Druck gesetzt werden. Wenn die Märkte erfahren, dass der EZB-Rat zerstritten ist, dürfte dies zudem eher für Nervosität als für Beruhigung sorgen, argumentieren sie.

Bei Fed und BoE sitzt das Geld ebenfalls weiter locker

Auch die US-Notenbank Fed und die Bank of England halten an ihrer lockeren Geldpolitik fest. Die Fed setzt ihre milliardenschweren Anleihenkäufe unvermindert fort, obwohl die weltgrößte Volkswirtschaft langsam in Schwung kommt, wie sie nach ihrer Sitzung am Mittwoch mitteilte. Auch am Leitzins soll vorerst nicht gedreht werden. Seit Ende 2008 verharrt er auf dem extrem niedrigen Niveau von 0 bis 0,25 Prozent.

Der neue Chef der britischen Notenbank lässt sich vorerst nicht in die Karten schauen: Bei ihrer Zinsentscheidung äußerten sich die Währungshüter um Mark Carney noch nicht dazu, wie lange die Zinsen auf dem Rekordtief von 0,5 Prozent bleiben sollen und ob das Anleihen-Kaufprogramm angetastet wird. Die Investoren können sich aber auf mehr Klarheit ab der kommenden Woche einstellen. Denn am Mittwoch werden die vierteljährlich erscheinenden Konjunkturprognosen vorgestellt, und dann sollen sich die Währungshüter vor Finanzminister George Osborne äußern. Fachleute gehen davon aus, dass die Notenbank sich dann in die Bücher schauen lässt und im Voraus ihre Strategie festlegt.

Derzeit mehren sich die Anzeichen dafür, dass die britische Wirtschaft das Schlimmste hinter sich haben könnte. Die Fachleute der NordLB gehen daher nicht mehr davon aus, dass das Staatsanleihen-Kaufprogramm von derzeit 375 Milliarden Pfund weiter aufgestockt wird.

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/dpa

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