Wirtschaft

Ausgeboomt Krise würgt Autobranche ab

Der Tanz ums "Goldene Kalb" ist bald vorbei.

Der Tanz ums "Goldene Kalb" ist bald vorbei.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Die goldenen Zeiten der Autobauer neigen sich dem Ende zu. Experten rechnen für das kommende Jahr mit einer schrumpfenden Pkw-Nachfrage in Europa. Infolge der Überkapazitäten droht eine ruinöse Rabattschlacht. Einziger Lichtblick sind vorerst die USA.

Nach zwei Boom-Jahren geht die Party in der Automobilindustrie zu Ende: Wenn die Autobauer auf der ersten Messe des Jahres Anfang Januar in Detroit ihre leistungsstarken Pick-ups, Geländewagen und batteriebetriebenen Stadtflitzer ins Scheinwerferlicht rollen, werden die Champagnerkorken nicht mehr so laut knallen wie noch 2011. Vor allem die drohenden Staatspleiten in Europa drücken auf die Stimmung. Denn in den Schuldenländern Südeuropas können sich viele Menschen wegen sinkender Einkommen keine Neuwagen leisten. Experten rechnen damit, dass der Pkw-Absatz im nächsten Jahr dort schrumpfen wird und die Autobauer ihre Werke nicht mehr auslasten können.

Anders als in den vergangenen Jahren können die Hersteller diesmal von den Schwellenländern keine Linderung erwarten. Die Pkw-Nachfrage in den bisher boomenden Ländern China, Indien und Brasilien steigt zwar, aber langsamer als zuletzt. In den vergangenen Jahren haben alle größeren Autobauer vom Hunger der Chinesen nach Mobilität und Statussymbolen profitiert und stampfen dort serienweise neue Fabriken aus dem Boden. Damit entstehen auch dort allmählich Überkapazitäten. Doch noch sind die Fabriken ausgelastet.     

Autos satt in Europa

Problematischer ist die Lage in Europa, wo die Märkte ohnehin gesättigt sind und die Hersteller kaum noch neue Nischen finden, um Autos an die Leute zu bringen. "Der größte Kapazitätsdruck ist in Frankreich, Italien und Spanien zu erwarten", schätzt das CAR-Institut an der Uni Duisburg-Essen. Zu leiden haben darunter vor allem Hersteller wie Fiat, PSA Peugeot Citroen, Renault und Opel, die vom Absatz in Südeuropa abhängig sind.

Das nächste Jahr wird hart.

Das nächste Jahr wird hart.

(Foto: picture alliance / dpa)

Institutsleiter Ferdinand Dudenhöffer schätzt, dass in Westeuropa im nächsten Jahr 670.000 Fahrzeuge weniger losgeschlagen werden als 2011. Zwei Fabriken werden damit überflüssig, rechnet der Autoexperte vor. "2012 wird das schlechteste Verkaufsjahr für Pkw in Westeuropa seit 18 Jahren", prognostiziert Dudenhöffer.           

Opel hat seinen Werken in Saragossa und Eisenach Kurzarbeit verordnet. Der amerikanische Mutterkonzern General Motors (GM) nimmt seine chronisch Verluste schreibende Tochter kürzer an die Leine, um das Europageschäft endlich aus den roten Zahlen herauszuführen. Der Detroiter Konzern will neuerliche Einschnitte bei den Rüsselsheimern durchsetzen und schließt weitere Werksschließungen nicht aus. Bei Opel sind in der zurückliegenden Sanierungsrunde bereits 8000 der einst 48.000 Stellen in Europa gestrichen worden, die Produktion in Antwerpen wurde eingestellt. Der französische Autobauer Peugeot Citroen will wegen der schrumpfenden Nachfrage 6000 Arbeitsplätze abbauen.        

Wettbewerb wird härter          

"Die Hersteller müssen sehr genau auf ihre Kapazitäten achten", mahnt der Autoexperte Stefan Bratzel, der das Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach leitet. "Wer so weitermacht wie bisher, geht an der Realität vorbei." Angesichts schrumpfender Verkaufszahlen werde der Wettbewerb zwischen den einzelnen Herstellern schärfer. Bratzel und Dudenhöffer erwarten eine Rabattschlacht mit harten Bandagen. Dadurch werde den Druck auf die Margen vor allem von Renault, Peugeot Citroen und Opel zunehmen.            

Davon können sich auch Europas Platzhirsch Volkswagen und die erfolgsverwöhnten Oberklassehersteller nicht abkoppeln. "Das Jahr 2012 wird auch für das Europageschäft des Volkswagen-Konzerns, von BMW und Daimler Gewinneinbußen bringen", schätzt Dudenhöffer. Auch die Ratingagentur Fitch äußert sich besorgt über die Profitabilität der Branche. Die Kreditexperten gehen allerdings davon aus, dass die Branche die Auswirkungen in Grenzen halten kann, da sie ihre Kosten in der zurückliegenden Krise gesenkt habe.     

Zudem wollen die großen japanischen Hersteller - allen voran der einstige Weltmarktführer Toyota - nach der Naturkatastrophe in ihrer Heimat und der Flut in Thailand nun mit Macht verlorenes Terrain zurückerobern. Da sie dies bei stagnierenden Märkten nur durch Rabatte erreichen können, steigt der Preisdruck weiter.       

Vorläufiger Lichtblick USA

Noch keine Ladenhüter in den USA.

Noch keine Ladenhüter in den USA.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Ihre Hoffnungen richtet die Branche deshalb auf die USA, wo sich die Konsumenten bisher nicht vom staatlich angehäuften Schuldenberg abschrecken lassen und sich weiter neue Autos in ihre Garagen stellen. Die Autobauer setzen darauf, dass das 2012 so bleibt und die US-Regierung ihnen im Wahljahr das Leben versüßt. Daimler und BMW wollen ihre Werke in Nordamerika ausbauen, Volkswagen hat dort gerade eines eröffnet. Sie vertrauen darauf, dass sich der einst weltgrößte Pkw-Markt weiter erholen wird.

Daneben wollen sich die deutschen Hersteller durch eine höhere Produktion in den USA von Währungsschwankungen abkoppeln. Die Frage ist, wie lange sich Amerika von den anderen Regionen abkoppeln kann. Denn auch die Amerikaner sind im Schuldenturm gefangen und müssen - wenn sie da heraus wollen - ihr Staatsdefizit verringern.

Quelle: ntv.de, rts

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