Wirtschaft

Im Visier der Finanzmärkte Portugal taumelt

Die Unruhe ist wieder da. Die Spekulationen, ob Portugal demnächst unter dem Euro-Rettungsschirm Schutz sucht, werden lauter. Noch sträubt sich die Regierung in Lissabon. Doch selbst wenn das Land die Hilfe annimmt - geholfen wäre Portugal damit noch lange nicht.

(Foto: dpa)

Die Schuldenkrise beherrscht wieder die Schlagzeilen. Denn am Mittwoch will Portugal frisches Kapital aufnehmen, einen Tag später folgen mit Spanien und Italien zwei weitere Sorgenfälle der Eurozone.

Das unter seiner Schuldenlast stöhnende Portugal emittiert zwei Staatsanleihen. Im Angebot sind Bonds im Volumen von 1,25 Mrd. Euro. Das ist noch vergleichsweise harmlos, die Nagelprobe kommt erst noch: Dieses Jahr will das Land insgesamt mehr als 20 Mrd. Euro aufnehmen. Portugal muss seinen Gläubigern 9,5 Mrd. Euro zurückzahlen, knapp die Hälfte davon wird bereits im April fällig. Gleichzeitig gilt es, ein Haushaltsloch von 10,7 Mrd. Euro durch neue Schulden zu stopfen.

Der Druck nimmt zu

Das Problem für die Regierung in Lissabon ist, dass sie immer höhere Zinsen zahlen muss. Für zehnjährige Anleihen verlangten Investoren in der vergangenen Woche 7,1 Prozent Zinsen – ein Niveau, dass Portugal sich nicht leisten kann und trotzdem akzeptieren muss.

Auch die Anleihen mit kurzen Laufzeiten verteuern sich rasant. Kürzlich borgte sich Portugal über Anleihen mit einer Laufzeit von 6 Monaten eine halbe Mrd. Euro. Dafür kassieren die Investoren 3,7 Prozent. Anfang des vergangenen Jahres musste Lissabon lediglich 0,6 Prozent zahlen.

Der Druck der Finanzmärkte steigt. Die Europäische Union winkt deshalb mit dem Rettungsschirm, doch auch er wird die Probleme Portugals nicht lösen. Denn der Rettungsschirm ist nichts anderes als ein milliardenschweres Instrument, bei dem sich ein hochverschuldetes Land Geld leihen kann – zu vergleichsweise niedrigen Zinsen. Das verschafft zwar eine Atempause – mehr aber auch nicht.

Schulden wachsen weiter

Portugal hat vor allem ein Problem: Die Staatsschulden lagen Ende 2009 bei rund 76 Prozent des Bruttoinlandsprodukts, die Neuverschuldung erreichte den Rekord von 9,4 Prozent. Im vergangenen Jahr wurde sie auf 7,4 Prozent gedrückt, 2011 soll sie auf 4,6 Prozent fallen. Das verkauft Ministerpräsident José Socratés zwar als Erfolg, lässt dabei aber eine Sache unerwähnt: Die Schulden wachsen zwar etwas langsamer, aber sie wachsen weiter. Daran ändert auch ein Rettungsschirm nichts.

Außerdem ist Portugals Wirtschaft in keinem guten Zustand. Die Konjunktur schwächelte selbst nach der Euro-Einführung, als die Regierung Defizite billig finanzieren konnte und sich die Banken an den europäischen Kapitalmärkten Geld zu außergewöhnlich niedrigen Zinsen besorgen konnten – in den letzten zehn Jahren erreichte Portugal im Schnitt ein Wachstum von lediglich 0,6 Prozent.

Die Probleme bleiben

Bessere Zeiten sind nicht in Sicht, die Aussichten bleiben düster. Die EU-Kommission rechnet damit, dass die Wirtschaft 2011 angesichts des Sparkurses um ein Prozent sinkt. Und dann? Portugal fehlt eine starke Industrie, die Arbeitslosigkeit ist hoch. Da Portugal den Euro hat, kann das Land die Konjunktur nicht mit einer Währungsabwertung ankurbeln. Einen Austritt aus der Eurozone kann sich Lissabon nicht leisten - schließlich ist es jetzt schon schwierig genug, sich Geld zu leihen.

Portugal steckt in großen Schwierigkeiten. Die Aufgaben sind gewaltig. Das Land muss sein Haushaltsdefizit reduzieren und irgendwann damit beginnen, seine Schulden abzubauen. Zugleich verschärft der Sparkurs die wirtschaftlichen Schwierigkeiten, das Land steht vor einer Rezession. Und selbst wenn über Nacht plötzlich alle Schulden Portugals verschwinden würden, gäbe es die grundsätzlichen Probleme noch immer: ein schwaches Wirtschaftswachstum, Rekordarbeitslosigkeit, geringe Wettbewerbsfähigkeit - und hohe Defizite. Das sind keine guten Aussichten für das ärmste Land Westeuropas. Das wissen auch die Finanzmärkte.

Quelle: ntv.de

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