Wirtschaft

Formel 1 als Vorbild für Anleger "Mr. Dax" gibt einen Cashkurs

Dirk Müller wurde bekannt als "Mr. Dax", auf dem Frankfurter Parkett arbeitet er allerdings nicht mehr.

Dirk Müller wurde bekannt als "Mr. Dax", auf dem Frankfurter Parkett arbeitet er allerdings nicht mehr.

(Foto: REUTERS)

Geld allein macht nicht glücklich. Er habe aber noch niemanden getroffen, der sich weniger Geld wünschte, gibt Finanzexperte Dirk Müller zu bedenken. Angesichts von Schuldenkrise, Börsenturbulenzen und Konjunktursorgen spricht n-tv.de mit "Mr. Dax" über seinen neuen Ratgeber "Cashkurs" - und damit vor allem über das Spannungsfeld zwischen Hedgefonds und Hedonismus.

n-tv.de: Wenn es um die eigenen Finanzen geht, verlieren viele Menschen den Überblick. Nicht wenige stecken lieber den Kopf in den Sand und ignorieren den Kontostand. Es gebe aber viele Gründe, sich um sein Geld kümmern, bevor es andere tun, empfehlen Sie in Ihrem Buch. Was ist der wichtigste Grund?

Dirk Müller: Ich kann mein Leben viel besser genießen, wenn meine Finanzen in Ordnung sind. Wenn ich mir keine Sorgen machen muss, ob ich morgen die Handwerkerrechnung bezahlen kann, dann kann ich mit meiner Frau einen schönen Urlaub verbringen oder mit meinen Freunden Essen gehen.

Ich weiß nicht ob es Rockefeller oder Rothschild gesagt hat, doch die Aussage ist goldrichtig: "Es hat mehr Sinn, sich eine Stunde im Monat um sein Geld zu kümmern, als einen Monat für sein Geld zu arbeiten."

Sie beobachten, dass sich viele Menschen paradox verhalten, wenn es ums Geld geht. Was meinen Sie damit?

Viele machen Dinge, die sie besser nicht machen sollten. Sie geben Geld für Sachen aus und stellen später fest, dass das eine verrückte Idee war. Andere wissen zwar, dass sie Geld zur Seite legen sollten, lassen es aber dennoch sein und handeln getreu dem Motto: Jetzt kommt es auf den Tausender auch nicht mehr an.

Einverstanden. Ich nehme Ihren Rat an und nehme mir vor, mich künftig um mein Geld zu kümmern. Womit fange ich an?

Da sind wir bei dem, was Peter Zwegat immer wieder macht: Man muss sich darüber im Klaren sein, wie viel Geld reinkommt und wie viel Geld ausgegeben wird. Jedes Unternehmen führt eine Bilanz und leistet sich eine Buchhaltung. Das macht es nicht, weil dort Langeweile herrscht, sondern weil das die Voraussetzung für das wirtschaftliche Überleben ist.

Das gilt auch für Privatpersonen. Jeder muss sich über seine Finanzen einen Überblick verschaffen und wissen, was er einnimmt und was er ausgibt. Dazu gehört ein klassisches Haushaltsbuch.

Es ist verblüffend, im Laufe der Wochen und Monate zu erkennen, wohin das Geld fließt. Oft handelt es sich um kleine Beträge, die man im Alltag gar nicht wahrnimmt. Doch die summieren sich und so kommen nach und nach unglaublich hohe Beträge zusammen.

Ich habe mir einen Überblick verschafft und den guten alten Zettelkasten wieder eingeführt. Was nun?

Wenn mein Girokonto regelmäßig überzogen ist, dann ist das meine erste und einzige Aufgabe, dieses Konto auszugleichen. Wer 15 Prozent Überziehungszinsen zahlt, braucht sich keine Gedanken darüber zu machen, ob er Fondsanteile kaufen sollte, um vier oder fünf Prozent Rendite zu erwirtschaften. Bevor Dispokredite nicht abbezahlt sind, sollte ich mir über alles andere nicht den Kopf zerbrechen.

Und nachdem ich das erledigt habe?

"Cashkurs" ist im Droemer Verlag erschienen und kostet 19,99 Euro.

"Cashkurs" ist im Droemer Verlag erschienen und kostet 19,99 Euro.

Dann geht es darum, sich eine eiserne Reserve aufzubauen. Damit rutsche ich nichts ins Minus, wenn ich plötzlich Geld brauche. Erst dann überlege ich mir, wie ich fürs Alter vorsorge und langfristig Vermögen aufbaue. Ich spreche von einer langfristigen Strategie und nicht vom kurzfristigen Zock. Der kommt erst ganz zum Schluss als Kür, wenn man alles andere im Griff hat, die Finanzen stimmen und noch Geld übrig ist. Aber bis dahin geht es zunächst um einen vernünftigen Vermögensaufbau. Das geht auch mit Aktien.

Dabei muss man nicht unbedingt in Einzelaktien investieren. Für viele ist ein Fonds eine gute Wahl, idealerweise ein so genannter ETF, das ist ein börsengehandelter Fonds, der einen Index abbildet. Doch auch hier heißt es: genau hinschauen! Wichtig ist, dass der Fonds wirklich Aktien kauft und nicht irgendwelche Wettgeschäfte eingeht. Dann kann das gerade für junge Leute langfristig sehr zum Vermögensaufbau beitragen – viel mehr als andere Produkte.

Deutsche gelten dennoch gemeinhin als Aktienmuffel. Beim Blick auf die gegenwärtigen Börsen ist das durchaus verständlich, oder?

Das kann man nachvollziehen. Man darf aber nicht vergessen, dass die Aktie eines der besten Instrumente ist, um langfristig Geld zu verdienen. Natürlich sollte ich mir Unternehmen raussuchen, die langfristig erfolgreich sind. Dafür sollte man auf die Dividende schauen. Eine hohe Dividendenrendite, vor allem wenn sie langfristig über viele Jahre gezahlt wird, ist ein Zeichen für ein stabiles und gesundes Unternehmen.

Schüttet ein Unternehmen fünf Prozent Dividende aus, kommen im Laufe von zehn Jahren 50 Prozent des Kurswertes zusammen. Eine Aktie ohne Dividende muss schon kräftiger steigen, damit ich den gleichen Ertrag habe. Die meisten Deutschen unterschätzen die Dividende.

Eignen sich Aktien für jedermann?

Aktien eignen sich auf jeden Fall für junge Leute. Aber auch hier gilt: Aktien oder Fonds darf man nicht blind kaufen, man muss sich vorher Gedanken machen. Es gibt Zeiten, da kann man diese Dinge kaufen, und es gibt Zeiten, da sind die Märkte so hoch und die Risiken so groß, dass ich lieber die Finger davon lasse.

Außerdem reicht es nicht, zu investieren und sich dann jahrelang nicht mehr um die Anlage zu kümmern. Man muss seine Aktien- und Fondsbestände regelrecht bewirtschaften. Man sollte sich wirklich regelmäßig – zumindest einmal im Vierteljahr – seine Anlagen anschauen und prüfen, ob das noch alles so ist, wie man es haben wollte oder ob man etwas ändern muss.

Kann ich das als Otto-Normal-Anleger leisten oder sollte ich mich doch lieber an einen Bankberater wenden?

Man kann das selbstverständlich selber machen, Geld anlegen ist keine Hexerei. Wenn man die Fachbegriffe weglässt, dann ist es relativ einfach und überschaubar. Es gibt viele Produkte, die kein Mensch braucht – und die habe ich in meinem Buch auch als solche definiert. Ich erkläre, wie sie funktionieren, aber in der Regel braucht man sie nicht. Es sind am Ende wenige Dinge, die wirklich sinnvoll sind. Und mit denen kann sich jeder einfach und schnell vertraut machen.

Wer das trotzdem nicht will und sich denkt, das sei alles zu kompliziert, dem empfehle ich, sich einen Honorarberater zu nehmen – also jemanden, der für ein Stundenlohn berät und keine Produkte verkauft. Dann gibt es keinen Interessenskonflikt und ich bekomme einen Rat, der auf mich zugeschnitten ist.

Dennoch hat es Sinn, die wichtigsten Anlagemöglichkeiten zu kennen und sich selbst damit zu beschäftigen.

Na klar. Es macht außerdem unheimlich viel Spaß, wenn man erst damit angefangen hat. Das ist wie bei der Formel 1. Wer zum ersten Mal ein Formel-1-Rennen sieht, der langweilt sich. Schließlich sieht er ja nur Autos, die im Kreis fahren. Wer sich aber etwas damit beschäftigt und die Fahrer ein bisschen kennt und von der Reifenstrategie gehört hat, für den wird es von Rennen zu Rennen spannender. Und so geht das auch mit der Geldanlage.

Es hat zudem Sinn, sich um sein Geld zu kümmern. Denn je mehr ich auf dem Konto habe, je besser meine Finanzen aussehen, umso mehr kann ich auch ausgeben, umso mehr kann ich mein Leben genießen und mir schöne Dinge leisten.

Also nicht alles auf die hohe Kante legen?

Nein. Ich lebe sehr gerne und gebe auch gerne Geld aus. Aber die Finanzen müssen stimmen, erst dann macht das richtig Spaß.

Es heißt, die Gier sei eine der größten Gefahren für Anleger. Wie vermeide ich, zu gierig zu werden?

Indem Sie sich immer bewusst machen, dass Risiko und Rendite zusammengehören. Je höher die Rendite ist, umso größer ist auch das Risiko. Wenn ich sehe, dass Staatsanleihen von gesunden Staaten keine zwei Prozent Rendite abwerfen und dass es beim Tagesgeld bei normalen Banken um ein Prozent Zinsen gibt, dann weiß ich, dass das momentan die Norm für eine relativ risikolose Anlage ist. Alles was darüber hinausgeht, ist mit höherem Risiko verbunden.

Meine Empfehlung ist derzeit: achten Sie auf reale Werte wie Aktien und Edelmetalle. Und vergessen Sie angesichts der Turbulenzen an den Aktienmärkten nicht, diese Werte gegen Kurseinbrüche zu versichern. Das ist momentan das Allerwichtigste. Denn niemand weiß, wie es weitergeht.

Wie sichere ich mich gegen einen Kursrutsch ab?

In meinem Buch beschreibe ich folgende Strategie: Kaufen Sie Aktien und sichern Sie sich mit Verkaufsoptionen gegen Kurseinbrüche ab. Das ist keine Hexerei. In diesem Falle kommen Sie erfolgreich durch die jetzige Phase durch – egal was passiert.

Brechen die Aktienmärkte ein, dann bekommt man den Schaden durch diese Versicherung komplett ersetzt und kann auf diesem niedrigen Niveau in günstigere Aktien investieren und sich absichern. Irgendwann ist die Krise durch und in meinem Depot steigen nicht zehn Aktien, sondern ein ganzer Korb geht mit nach oben, weil ich mich auf dem Weg nach unten durch die Versicherungen günstig kaufen konnte.

Und wenn Sie sich geirrt haben?

Wenn ich mit meiner Einschätzung falsch liege und die Börse nicht einbricht, sondern der Markt durch die Decke geht, dann lasse ich die Verkaufsoptionsscheine wertlos auslaufen. Das kostet mich nur etwas von meinem angelegten Geld. Aber durch die steigenden Aktien verdiene ich ein Vielfaches davon.

Egal was passiert, ich kann nicht viel verlieren und eigentlich nur gewinnen. Es sei denn, der Markt bewegt sich ein Jahr lang überhaupt nicht. Dann habe ich die Versicherung unnötigerweise bezahlt. Aber wenn ich in gute, dividendenstarke Aktien investiert habe, wird mit der Dividende einen Großteil der Versicherungsprämie überwiesen.

Also sollte der Anleger im Prinzip wie ein Hedgefonds agieren?

Ganz genau. Das macht ein Hedgefonds im ursprünglichen Sinne. Jeder kann seine Anlagen selbst absichern – und das ist in der jetzigen Phase die sinnvollste Variante. Und dann kann es einem zumindest hierbei sogar egal sein, ob eine Währungsreform kommt. Denn die Aktien, die ich besitze, die werden dann eben in dieser neuen Währung berechnet. Außerdem wird es gesunde Unternehmen wie Siemens oder BASF noch lange geben. Sie stellen Qualitätsprodukte her, die weltweit gebraucht werden – egal, was kommt.

Der Anlagetipp, der mir am besten gefällt lautet: "Investieren Sie in Erinnerungen!"

Denken Sie nicht permanent ans Girokonto und nicht nur daran, Geld für irgendwann später anzusammeln. Gönnen Sie sich auch etwa. Aber nicht im Sinne von "Ich kaufe mir einen neuen Plasmabildschirm!" Der ist irgendwann auch kaputt.

Was zählt, sind Erinnerungen. Wenn Sie zurückdenken, dann haben Sie Bilder im Kopf von einem schönen Urlaub oder einer tollen Party mit Freunden, mit denen sie bis in den Morgen feierten. Das sind die Dinge, die das Leben bereichern.

Aber auch in die muss man Geld und Zeit investieren. Für ein Essen am Lagerfeuer müssen Steaks und Bier gekauft werden, die Urlaubsreisen muss man bezahlen, und auch der Abend mit seiner Frau kostet ein paar Euro. Um sich diese schönen Augenblicke zu ermöglichen und diese zu genießen, muss man sich um seine Finanzen kümmern.

Dann füllt sich ein Konto, von dem Sie ewig etwas haben. Ich spreche nicht vom Girokonto, sondern vom Konto der Erinnerungen.

"Cashkurs" im n-tv shop bestellen.

mit Dirk Müller sprach Jan Gänger

Quelle: ntv.de

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