Unterhaltung

Partylaune statt Krisenstimmung Die Rückkehr der Popkomm

Nur einer der zahlreichen Popkomm-Acts: Jesse aus Finnland.

Nur einer der zahlreichen Popkomm-Acts: Jesse aus Finnland.

Seit Jahren ist die Musikbranche eigentlich nur am Jammern. Ob gebrannte CDs, Downloads oder Filesharing – die neuen digitalen Möglichkeiten haben ihr in den vergangenen Jahren schwer zugesetzt. So schwer, dass im Krisenjahr 2009 sogar die Popkomm ins Wasser fiel. Nun jedoch wagt der wichtigste Branchentreff der Musikszene den Neuanfang – mit einem deutlich stärker am Publikumsinteresse ausgerichteten Konzept. n-tv.de sprach mit Popkomm-Director Daniel Barkowski, was die Besucher in Berlin erwartet.

Telebörse.de: Vergangenes Jahr ist die Popkomm noch wegen der Krisenstimmung in der Branche ausgefallen. Jetzt ist sie zurück. Ist die Krise also vorbei?

Daniel Barkowski: Nun ja, ich bin Rheinländer. Für Rheinländer gibt es keine Krisen. Nein, im Ernst: Im vergangenen Jahr hätte die Popkomm tatsächlich genau zur Hochphase der Krise stattgefunden. Da sind uns einfach auch Fachbesucher weggebrochen. Jetzt hat sich der Markt überall erholt.

Bei der Musikbranche hat man aber doch eigentlich den Eindruck, dass sie sich in einer Dauerkrise befindet. Jedenfalls beklagt sie seit Jahren ihre Umsatzeinbußen wegen Raubkopien und illegaler Downloads. Wie ist es denn 2010 um die Branche bestellt?

Die Branche ist sicher noch immer im Umbruch. Deswegen ist ja auch die Popkomm so wichtig, damit die Leute hier zusammenkommen und in Kontakt treten. Dem entspricht auch unser radikal geändertes Konzept in diesem Jahr, bei dem wir weggegangen sind von den großen Ständen, an denen jeder mehr oder weniger für sich bleibt, hin zu einer großen Kommunikationsplattform.

Nach dem Motto: Gemeinsam sind wir stark …

Ja, wir wollten einfach weg von diesem typischen Messedenken: Der, der einen größeren Stand hat, ist wichtiger als der andere. Stattdessen geht es darum, ein Zusammengehörigkeitsgefühl zu erzeugen. Und welches Bild könnte schöner sein als das eines Flughafens (das Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof, auf dem die Popkomm stattfindet, Anm. d.Red.), auf dem man wieder gemeinsam durchstartet.

Nicht nur die Stände sind kleiner als früher. Auch die Zahl der Aussteller fällt geringer aus. Dafür ist die Popkomm ausgebucht. Ein Erfolg?

Ja, wir sehen das als Erfolg. Wir mussten am Ende sogar noch Flächen dazu nehmen, die wir eigentlich gar nicht eingeplant hatten.

Erstmals ist die Popkomm eingebettet in die so genannte "Berlin Music Week" – eine Woche mit vielen Konzerten und Clubevents in Berlin. Welche Vorteile bringt dies?

"Für Rheinländer gibt es keine Krisen": Daniel Barkowski.

"Für Rheinländer gibt es keine Krisen": Daniel Barkowski.

Ich glaube, dass das eine super Verbindung ist, die auch eine Zukunft hat. Die Popkomm, die von Mittwoch bis Freitag dauert, geht ja auch direkt in das Berlin Festival am Freitag und Samstag auf dem Flughafengelände über. Für die Fachbesucher bedeutet das: Sie können hier am Mittwoch und Donnerstag Geschäfte machen und am Freitag noch ein super Festival mitnehmen.

Zudem scheint es zum neuen Konzept der Popkomm zu gehören, sich stärker an den Fans und dem allgemeinen Publikum zu orientieren …

Richtig, wir wollen auch wieder eine Nähe vom Musikinteressierten zur Industrie herstellen. Darum haben wir die Eingangshalle ja auch als "Popkomm Music City" konstruiert. Sie steht an allen Tagen allen Musikinteressierten entgeltlos offen. Am Freitag gibt es zudem den Public Day, an dem alle Inhaber eines Berlin-Festival-Tickets auch über die Popkomm laufen können.

Mit dem "New Music Award" ehrt die Popkomm zudem musikalische Newcomer. Und im Rahmen des so genannten "Popkomm Showcase Festivals" treten an zwei Tagen rund 60 eher unbekannte Bands und Künstler in Berlin auf. Haben Sie sich der Nachwuchsförderung verschrieben?

Auf jeden Fall. Der "New Music Award" ist eine tolle Sache, weil er guten, jungen Bands die Chance gibt, bekannter zu werden. Bei unserem "Showcase Festival" spielen 60 Bands aus über 20 Ländern. Diese Bands haben allerdings schon einen gewissen Bekanntheitsgrad in ihren Ländern - das sind also eigentlich keine Newcomer. Man kennt sie eben nur in Europa noch nicht. Da sagen wir ganz bewusst: Wer die richtig coolen Acts von morgen sehen will, soll zu unserem Showcase-Festival kommen.

Ist das noch zeitgemäß? Nicht zuletzt befördert von der Musikindustrie verbindet der Nachwuchs heute doch viele eher DSDS-Castingstars als Bands aus dem Proberaum mit der Popmusik …

Da fragen Sie mit mir den Richtigen – ich betreue nämlich auch die Jugendmesse You. Da bekommt man viel vom Bewusstsein der Jugendlichen mit. Viele von ihnen sind sehr musikalisch, viele rappen oder tanzen. Ein Beispiel: Vor fünf Jahren hatten wir noch eine Bühne, auf der man Playback spielen konnte. Heute interessiert das keinen Jugendlichen mehr, so dass wir umstellen mussten: Playback kommt nicht mehr auf die Bühne. Das Bewusstsein zur guten und qualitativen Musik kommt auch von unten und von den Jugendlichen. Das spiegelt sich dann tatsächlich auch bei unseren Showcases wider: Dass sich die, die ihr Handwerk gelebt haben und können, auch durchsetzen.

Wenn wir schon bei guter Musik sind: Was ist Ihr persönlicher Konzerttipp für die Popkomm?

Da muss ich mich jetzt wohl outen: Eigentlich bin ich eher ein Anhänger von Black Music - also Soul, R&B und Hip Hop. In der Passionskirche gibt es einen Abend, bei dem es um Black Music gehen wird. Ein Super-Act dort ist die Kanadierin Jully Black, die auch schon ein paar Hits hatte. Und mit Gorchitza gibt es dort noch eine ukrainische Band, die ich persönlich sehr gut finde. Darauf freue ich mich.

Im Rahmen der Popkomm wird es auch einen Rekordversuch zum "längsten Straßenkonzert der Welt" geben …

Ja, auch das ist Teil unseres neuen Konzepts. Schon wenn man auf die imposante Eingangshalle zukommt, wird man mit Musik empfangen. Man kommt an der Musik einfach nicht mehr vorbei, und der Künstler wird integriert, erlebbar und spürbar gemacht. In diesem Fall wird ein junger Straßenkünstler mit seiner Band versuchen, zwölf Stunden am Stück zu spielen. Ich bin mal gespannt. Ich könnte das nicht. Mir würden die Hände abfallen.

Andere Musiker sollen jederzeit zum Jammen mit in das Straßenkonzert einsteigen können. Den Startschuss gibt Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit. Aber Herr Wowereit wird doch nicht etwa singen, oder?

Das wird sich zeigen. Aber geplant ist erst einmal nur, dass Herr Wowereit diesen Rekordversuch mit einem Gong eröffnet.

Mit Daniel Barkowski sprach Volker Probst

Quelle: ntv.de

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