Marktberichte

Inside Wall Street Der große Gehalts-Bluff

Das ganze Leben ist ein Pokerspiel, und an der Wall Street sind die Einsätze am größten. Entsprechend dreist wird hier geblufft – vor allem hinter den Kulissen. Auch wenn es um Managergehälter geht.

Der Sonderbeauftragte für Managervergütung, Kenneth Feinberg, ordnete eine 15-prozentige Gehaltssenkung für 119 Manager im Vergleich zum Vorjahr an.

Der Sonderbeauftragte für Managervergütung, Kenneth Feinberg, ordnete eine 15-prozentige Gehaltssenkung für 119 Manager im Vergleich zum Vorjahr an.

(Foto: AP)

Im Gehaltspoker haben einige US-Unternehmen jetzt die Karten auf den Tisch legen müssen. Sie hatten nicht viel in der Hand.

Wir erinnern uns: Seit vergangenem Jahr gelten für Firmen, die einmal oder mehrfach mit staatlicher Hilfe – also mit Steuermitteln – vor dem sicheren Untergang gerettet werden mussten, drastische Gehaltsauflagen. Manager können nicht mehr einfach so Millionen ausschütten, immerhin verdanken sie ihr Überleben dem kleinen Mann, der auf noch mehr Luxus für eine noch kleinere Elite eine Lust hat.

Die Gehälter und Boni einzuschränken lag also nahe, was für einen Aufschrei an der Wall Street sorgte. Obwohl sich die Bosse bei AIG und Citigroup, bei General Motors und Chrysler sowie bei zahlreichen anderen früheren Schwergewichten nicht gerade eines guten Jobs rühmen konnten, wollten sie von Kürzungen nichts wissen. Greife die Regierung hier ein, so kam schnell die Drohung, ginge es den betroffenen Konzernen bald noch schlechter. Denn die Bosse – die einzigen, die eine Erholung überhaupt koordinieren könnten – würden in Scharen kündigen.

Die Regierung ließ das kalt. Man setzte einen Spezialisten, Kenneth Feinberg, auf die Bosse an, der kürzte die Gehälter – und die Kündigungsflut blieb aus. Von 104 Spitzenmanagern, deren Boni gestutzt wurden, sind 88 noch in ihren Posten. Der Abgang der übrigen rund 15 Prozent entspricht der branchenüblichen Fluktuation.

Feinberg überrascht die aktuelle Studie nicht, und viele Beobachter haben ebenfalls mit solchen Zahlen gerechnet. Angesichts einer Wirtschaftskrise, eines schwachen Arbeitsmarktes und nicht zuletzt der Tatsache, dass sich "CEO eines fast bankrotten Konzerns" auf dem Lebenslauf nicht gut macht, ließ Vorstände und Abteilungsleiter offensichtlich über ihren Schatten springen. Die Ehre zu retten und das Unternehmen zu verlassen, sah man wohl als einen zu riskanten Schritt.

Daran dürften auch weitere Kürzungen nichts ändern. In den nächsten Tagen will Feinberg die Details für die Managergehälter 2010 vorstellen. Sie sollen im Mittel um 11,0 Prozent unter den Sätzen von 2009 liegen. Dank drastischer Kürzungen im Vorjahr sind die Einnahmen der Allerreichsten seit 2008 um 77 Prozent gefallen. Dabei ging nicht nur die Gesamtsumme der Gelder zurück. Immer weniger wird den Chefs bar ausgezahlt, immer mehr ist an Aktien gebunden – und damit direkt an die Leistung der Vorstandschaft. Geht es mit dem Unternehmen weiter bergab, ist der Bonus weg.

Die Cash-Entlohnungen auf oberster Ebene sind unterdessen recht bescheiden geworden. Bei General Motors stimmte Feinberg nur in acht statt der beantragten zwanzig Fällen einem Gehalt von mehr als 500.000 US-Dollar zu. Bei Chrysler Financial verdienen nur noch drei Manager mehr als eine halbe Million. Bei der Muttergesellschaft Chrysler und dem GM-Ableger GMAC sind es… null.

Beim schwer gebeutelten Versicherungsriesen AIG wurden die Chef-Gehälter um 63 Prozent gekürzt und werden weiter beschnitten.

In den Vorstandsetagen der Konzerne ist Feinberg entsprechend nicht gerne gesehen. Bei den amerikanischen Steuerzahlern gilt er als Held, der die Bosse an der Wall Street beim Millionen-Poker ausgetrickst hat.

Quelle: ntv.de

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