Wirtschaft

Kursraketen und Rohrkrepierer MDax in Rekordlaune

Welche Kursraketen glühen noch weiter? Und zündet der eine oder andere Blindgänger doch noch?

Welche Kursraketen glühen noch weiter? Und zündet der eine oder andere Blindgänger doch noch?

(Foto: picture alliance / dpa)

Der MDax hat den Dax schon lange überholt. Mit kleinen Pausen springt der Index der mittelgroßen Werte von Rekord zu Rekord. Unterstützt wird er dabei von einigen wahren Kursraketen – da lassen sich die Underperformer einfach mitziehen.

MDAX
MDAX 26.290,44

Dass in der zweiten Reihe jede Menge attraktive Titel zu finden sind, ist eigentlich kein Geheimnis. Der deutsche Mittelstand gilt nicht nur seit Jahren als Rückgrat der deutschen Wirtschaft, die Unternehmen haben auch schon lange den Ruch des Provinziellen hinter sich gelassen und präsentieren sich größtenteils schlank, effizient und innovativ. Dennoch rutscht der MDax, der 50 mittelgroße deutsche oder überwiegend in Deutschland tätige Unternehmen umfasst, in der Wahrnehmung immer wieder hinter den Dax.

Dabei hat er einiges zu bieten: Gegenüber dem Rekordhoch aus dem Jahr 2000 hat er um mehr als 150 Prozent zugelegt, selbst die im Sommer 2007 erreichten Spitzenwerte liegen mittlerweile hinter ihm. Nun hat das Börsenbarometer aus der zweiten Reihe den Sprung über die Marke von 14.000 Zählern geschafft - Allzeithoch. Seit Ende vergangenen Jahres fragen sich die Börsenbeobachter zwar, wann die Rekordlaune wieder verfliegt, einstweilen scheint aber trotz einiger Rücksetzer noch Luft nach oben zu sein. Es gibt Analystenschätzungen, die den MDax bei bis zu 14.300 Punkten sehen.

Die MDax-Knaller

Seit Jahresbeginn verbucht der MDax ein Kursplus von rund 18 Prozent. Doch welche Aktien treiben den MDax so stark nach oben? Die stärksten Aktien des Index sind im selben Zeitraum mehr als doppelt so stark gestiegen. Ein klarer Branchentrend lässt sich nicht ausmachen - Maschinenbauer sind unter den Spitzentiteln ebenso zu finden wie Aktien aus der Medien- oder Pharmabranche.

Dürr
Dürr 22,28

Absoluter Spitzenreiter der Nebenwerte seit Jahresbeginn ist Dürr. Die guten Nachrichten für das Unternehmen scheinen nicht abzureißen. Der Maschinen- und Anlagenbauer profitiert etwa mit seinen Lackieranlagen oder der Automatisierungstechnik von einer guten Nachfrage aus der Automobilindustrie. Die Auftragsbücher sind gut gefüllt, ein starkes Standbein in China macht das Unternehmen unabhängiger von der europäischen Automobilflaute. Auch in Brasilien investiert die Automobilindustrie mit Hilfe von Dürr in größere Produktionskapazitäten. Im ersten Quartal sank der Umsatz zwar leicht, doch unterm Strich blieb trotzdem mehr Geld übrig als im Vorjahreszeitraum. Die jüngste Dividendenzahlung fiel fast doppelt so groß aus wie im Vorjahr, dazu kommt reihenweise Analystenlob.

EADS flogen im ersten Quartal von einem Allzeithoch zum nächsten. Der europäische Konzern startet derzeit in eine neue Ära und schwimmt sich mit milliardenschwerem Aktienrückkauf, umfangreichen Umschichtungen und einem neuen Verwaltungsrat von seinen staatlichen Aktionären frei. Nachdem vor kurzem Spanien einen Aktienanteil von 1,15 Prozent am Markt verkauft hat, zog zuletzt Großaktionär Lagardère mit einem Anteil von 7,4 Prozent nach. Das hohe Angebot an EADS-Aktien drückte den Kurs zeitweise, Investoren setzen jedoch darauf, dass EADS-Chef Tom Enderse seine Ankündigungen wahr macht und die Umsatzrendite bis 2015 auf zehn Prozent treibt. Zuversichtlich stimmt dabei auch der hohe Auftragsbestand und als Sahnehäubchen die Tatsache, dass EADS-Tochter Airbus nun mit einem eigenen US-Werk den Erzrivalen Boeing angreifen will.

Einen regelrechten Lauf hatten auch die Papiere von ProSiebenSat.1, die seit Mitte 2012 kräftig zulegten. Die im MDax notierten Vorzugsaktien kümmerte dabei auch der Verkauf eines großen Aktienpakets durch KKR und Permira im Februar 2013 nicht, mit dem die Finanzinvestoren die Gunst der Stunde nutzen wollten, um ihre Beteiligung zu einem guten Preis zu veräußern. Flankiert wurde der positive Kurstrend von Quartalszahlen und positiven Analystenkommentaren. Noch Anfang Apri hoben etwa die Marktexperten von HSBC die Papiere von "Neutral" auf "Overweight", andere große Häuser wie die Credit Suisse, Barclays Capital oder die Deutsche Bank bekräftigten ihre positive Einschätzung zur Aktie. Anders als bei Dürr oder EADS, die jeweils auf Allzeithochs notieren, haben die Papiere von ProSiebenSat.1 noch Luft bis zum Rekordstand von 46,70 Euro. So hoch notierten die Papiere zuletzt im Februar 2000 - kurz vor dem Platzen der New-Economy-Blase.

Kräftiges Wachstum in Osteuropa lockte nach langem Dornröschenschlaf wieder Anleger in Papiere von Stada. Der Generikahersteller erlöste in der Region zuletzt sogar einen größeren Umsatz als im Heimatmarkt Deutschland. Analysten der Deutschen Bank lobten jüngst neben einem beschleunigten Umsatzwachstum auch Fortschritte bei den Margen und dem schnelleren Erreichen der Entschuldungsziele. Es gibt jedoch auch kritische Stimmen, etwa von der HSBC. Hier weisen Analysten darauf hin, dass der Pharmasektor zuletzt wegen staatlicher Kürzungen im Gesundheitswesen belasten worden ist.

Auch Aktien des MDax-Neulings Norma macht den Anlegern Freude. Vor allem, weil sich der Automobil- und Industriezulieferer für dieses Jahr viel vorgenommen hat und rund um den Erdball nach Zukäufen Ausschau hält. Doch selbst wenn sich nichts Passendes finden sollte, erwartet Norma 2013 ein moderates Umsatzplus. Gut kommt bei Anlegern auch eine etwas höher als erwartete Dividende für 2012 an.

Die Spielverderber

Salzgitter
Salzgitter 23,02

Ganz und gar keine Freude machte den Anlegern Salzgitter. Keine andere Aktie lastete in den vergangenen Jahren so schwer auf dem MDax wie die des Stahlkonzerns. Das niedersächsische Unternehmen konnte sich nicht gegen die Branchenschwäche stemmen und litt mit der restlichen Schwerindustrie unter der schwächelnden Nachfrage. Nicht nur Branchenkollege ThyssenKrupp geht da auf Sparkurs und streicht Tausende Stellen, auch Salzgitter-Chef Heinz Jörg Fuhrmann hat seinem Unternehmen eine "Rosskur" verordnet, ohne bislang den Stellenabbau konkret zu beziffern. Analysten bleiben jedoch skeptisch: Die Erwartungen an das Restrukturierungsprogramm dürften nicht zu hoch gesteckt werden, heißt es bei der HSBC. Der vollständige Effekt dürfte nicht vor 2016 spürbar werden. Trotz der Warnung lassen die Anleger die Aktie derzeit wieder etwas hochkommen.

Auch Aurubis hat in dem Dreimonats-Zeitraum zweistellige Verluste angehäuft. Europas größte Kupferhütte hat zuletzt bei sinkenden Erlösen kaum noch verdient. Schuld sind daran die anhaltend schwache Nachfrage in Europa und niedrigere Preise für Schwefelsäure. Entsprechend zurückhaltend sind Analysten. Independent Research etwa weist darauf hin, dass das Unternehmen im zweiten Quartal hinter den Erwartungen zurückgeblieben ist und rät zum Halten. Den größten Teil seiner Gewinne verdient Aurubis durch die Preise, die es für das Schmelzen und Raffinieren von Kupfer bekommt, sowie durch den Verkauf von Edelmetallen und Schwefelsäure, die bei der Kupfererzeugung anfallen.

Ebenfalls eng mit Rohstoffen verbunden ist ein weiterer Spielverderber, nämlich SGL Carbon. Der Spezialchemiker stellt Produkte aus Kohlenstoff her, die in der Industrie verwendet werden. Spätestens nach einer Gewinnwarnung ist bei der Aktie jedoch die Luft raus. Kein einziges Analystenhaus empfiehlt die Papiere zum Kauf, stattdessen greif Pessimismus um sich.

Phantasie vermissen Anleger auch bei Südzucker. Zwar hat das Unternehmen im abgelaufenen Geschäftsjahr 2012/2013 seinen Umsatz um 12 Prozent gesteigert und auch operativ mehr verdient als im Vorjahr. Der Ausblick ist manchem Investor allerdings zu dürftig. Seit Mitte April ist das Unternehmen aus seinem bis dahin intakten Aufwärtstrend herausgefallen und rutscht seitdem gegen den Gesamtmarkttrend ab. Goldman Sachs stuften die Papiere zuletzt auf "Verkaufen" herab, auch Analysten von Hauck & Aufhäuser raten dazu, sich von den Papieren zu trennen. Schuld seien die begrenzten Wachstumsperspektiven.

Von seinem zwischenzeitlichen Jahrestief hat sich Gerry Weber zwar erholt, dennoch gehören die Papiere des Modeunternehmens zu den schwächsten Titeln im MDax. Noch Mitte März lockten Geschäftszahlen im Rahmen der Erwartungen niemanden hinter dem Ofen hervor, doch schon damals kommentierten Börsianer, dass die Wachstumsstory von Gerry Weber intakt sei. Seit Ende April spiegelt sich das auch wieder im Aktienverlauf wider. Dazu tun positive Analystenkommentare der DZ-Bank oder der LBBW ihr übriges.

Im MDax finden sich also nicht nur am oberen, sondern auch am unteren Ende noch ein paar Bonbons.  Auch wenn der Dax mit seinem Allzeithoch besonders im Fokus steht, lohnt es sich für Anleger, die zweite Reihe mit ins Visier zu nehmen.

Quelle: ntv.de

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