Wirtschaft

Notenbanken in der Zwickmühle Inflationsangst nimmt zu

Nicht nur in Deutschland wächst die Furcht vor der Inflation. Doch Volkswirte mahnen zu einer ausgewogenen Sicht.

Gold gilt als "sicherer Hafen"

Gold gilt als "sicherer Hafen"

(Foto: REUTERS)

Die Angst vor der Inflation geht um. In Umfragen äußert jeder zweite Deutsche Sorge, dass sein Geld bald nichts mehr wert ist. In der Tat: Die Summen, die Staaten und Zentralbanken rund um den Globus seit Monaten locker machen, um erst Banken und nun klamme Staaten vor dem Zusammenbruch zu bewahren, sind atemberaubend. Langfristig wird diese Geldschwemme die Inflation anheizen, da sind sich Ökonomen einig. Doch auch diese Medaille hat zwei Seiten: Während Sparer Rendite einbüßen, profitieren Schuldner. Volkswirte mahnen daher zu einer ausgewogenen Sicht.

"Für dieses und das nächste Jahr muss man sich keine Sorgen machen", beschwichtigt die Chefvolkswirtin der Landesbank Hessen- Thüringen (Helaba), Gertrud Traud. Zwar mag mancher Autofahrer an der Zapfsäule über Preissprünge stöhnen: Die Kerninflation ohne Energie und Nahrungsmittel im Euro-Raum wird nach Einschätzung von Ökonomen bis Ende 2011 auf moderatem Niveau von ein bis zwei Prozent bleiben.

Angst vor dem "Monster"

Notenbanken wie die Europäische Zentralbank (EZB) versuchen, die Inflation in engem Rahmen zu halten. Die EZB sieht Preisstabilität bei Inflationsraten von "unter, aber nahe bei 2,0 Prozent" gewahrt. Höhere Raten sind für die Notenbank ein Argument, die Zinsen zu erhöhen. In der Folge gelangt weniger Geld - etwa über Kredite - in Umlauf, was die Geldentwertung bremst, aber Schulden verteuert.

Das Problem: In der Finanzkrise ist der Kampf gegen das "Inflationsmonster" - von der EZB in einem Trickfilm für Schüler als hässliche blaue Kröte mit zugekniffenen Augen präsentiert, das mit Scheinen und Münzen um sich wirft - alles andere als spielerisch. Immer wieder warfen Zentralbanken weltweit die Notenpresse an, um einen Kollaps des Finanzsystems zu verhindern. Die Politik schnürte milliardenschwere Rettungspakete. In der Summe geht es um Billionen.

"Es wird den westlichen Notenbank nicht gelingen, alles Geld wieder einzusammeln, wir werden mit einem gewissen Geldüberhang aus dieser Krise herauskommen", analysiert Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. "Langfristig werden wir ein Inflationsproblem bekommen." Zunächst wird sich die Teuerung nach seiner Einschätzung im Rahmen halten, unter anderem weil nach der Rezession in vielen Ländern die Arbeitslosigkeit steigt und die Arbeits- und Lohnkosten sinken. Im Durchschnitt der nächsten 10 bis 15 Jahren erwartet Krämer für den Euro-Raum durchschnittliche Teuerungsraten von drei bis vier Prozent.

Ob das Zentralbankgeld zu Inflation führt, hängt davon ab, wie weit das Geld aus dem Geschäft der Banken untereinander in die reale Wirtschaft entweicht. Das passiert bislang kaum. Viele der Gelder stecken in den Bilanzen der Geschäftsbanken oder sind bei der Notenbank geparkt. Die Geldmenge M3, die Bargeld, Spareinlagen und Schuldverschreibungen mit kurzen Laufzeiten umfasst, also Geld, das tatsächlich im Umlauf ist, wurde in der Krise zum Teil sogar kleiner.

Notenbanken in der Zwickmühle

Die Notenbanken stecken im Dilemma: Fahren sie ihr Engagement zu früh zurück, würgen sie die Konjunktur ab, die sich gerade mühsam erholt. Tun sie es zu spät, heizen sie die Inflation an. "Niemand will den Geldhahn zu früh zudrehen", sagt Commerzbank-Ökonom Krämer. Klar ist: "Jeder Prozentpunkt Inflation tut dem Sparer weh", sagt der Ökonom. Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) wetterte öffentlichkeitswirksam in der jüngsten "Bild am Sonntag": "Inflation ist die größte soziale Ungerechtigkeit, denn unter ihr leiden Rentner und die Menschen, die wenig verdienen am meisten."

Die Angst vor Inflation hat sich tief ins kollektive Gedächtnis der Deutschen eingebrannt. Die Hyperinflation von 1923 vernichtete die Ersparnisse der kleinen Leute und unterhöhlte das Vertrauen in die Republik. Banknoten wurden zum wertlosen Papierfetzen. So weit, auch da herrscht Einigkeit unter den Fachleuten, wird es dieses Mal nicht kommen. Doch was tun, wenn die Sorge ums Ersparte zu groß wird? "Für Anleger gilt ganz klar: Sachwert ­ also Gold, Immobilien und Aktien ­ schlägt Geldwert", riet der Wirtschaftsprofessor Max Otte kürzlich in einem Interview.

Quelle: ntv.de, dpa

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