Wirtschaft

Als Tiger gestartet... Börsengänge sind kein Selbstläufer

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(Foto: picture alliance / dpa)

Eigentlich ist das Umfeld für Börsengänge derzeit nicht schlecht. Doch wenn der Preis nicht stimmt, dann kann aus ambitionierten Projekten ein veritabler Fehlschlag werden.

Das in letzter Minute abgeblasene Börsendebüt des Wohnimmobilienunternehmens Deutsche Annington zeigt deutlich: Der Sprung aufs Parkett ist trotz Dax-Rekordständen im ersten Halbjahr längst kein Selbstläufer. "Die Investoren schauen genau hin: Das Management, die Story und der Preis müssen passen", sagt Martin Steinbach, Leiter des Bereichs IPO (Initial Public Offering - englisch für Börsengänge) beim Beratungsunternehmen Ernst & Young. Grundsätzlich seien aber die Bedingungen für Börsenaspiranten in Deutschland nach etlichen Dürrejahren derzeit günstig. "Das Vertrauen der Investoren ist zurückgekehrt - und damit die Bereitschaft in Neuemissionen zu investieren", sagt Steinbach.

Bei der Deutschen Annington sieht man das freilich anders. Mit Verweis auf die "anhaltend ungünstigen Marktentwicklungen" sagte Deutschlands größtes Wohnimmobilienunternehmen am Dienstagabend seinen für vergangenen Mittwoch geplanten Börsengang überraschend ab. Händlern zufolge war die Nachfrage zu gering und der Preis überzogen. Das Unternehmen hatte mit dem Verkauf von Aktien eigentlich bis zu 1,2 Mrd. Euro einnehmen wollen  - Geld, das zum Schuldenabbau eingesetzt werden sollte. Aber auch die Eigentümer, die beiden Finanzinvestoren Terra Firma und CPI Capital Partners Europe, wollten kräftig Kasse machen.

Für die Autoren des Bernecker-Börsenbriefs liegt in den aus ihrer Sicht überzogenen Preisvorstellungen das eigentliche Problem. Denn in den letzten Monaten waren einige Emissionen recht holprig verlaufen. Der Spezialchemiekonzern Evonik schaffte im April erst im vierten Anlauf den Sprung auf das Parkett - und dann auch noch durch die Hintertür. Die Eigentümer hatten das Risiko eines klassischen Börsengangs gescheut und die Papiere größtenteils vorab an einige ausgewählte Investoren verkauft - die Aktie verlor seit dem Start an der Börse rund ein Fünftel an Wert.

Osram müht sich an die Börse

Der Gabelstapel-Hersteller Kion hatte Ende Juni seine Mühen. Die Papiere, die nur am unteren Ende der Preisspanne losgeschlagen werden konnten, gaben seitdem knapp zwei Prozent nach. "Deutsche Annington wäre ebenso wie Kion eine Bereicherung des deutschen Kurszettels, aber die Art und Weise, wie die Finanzinvestoren dabei Kasse machen, ist nicht akzeptabel", wettern die Bernecker-Autoren. Mit zu hohen Preisen ruiniere man das Emissionsklima am Markt.

Dabei hatte sich die Stimmung zuletzt wieder aufgehellt. Mit dem Börsengang des Versicherers Talanx im Oktober vergangenen Jahres sah es so aus, als sei das Eis gebrochen. Noch vor Jahresende brachte dann Telefonica Anteile ihrer deutschen Tochter O2 an den Mann. Im Februar folgte das Immobilienunternehmen LEG, das 1,3 Mrd. Euro einnahm und inzwischen im MDax notiert ist.

Das Beratungsunternehmen Price Waterhouse Coopers (PwC) hat errechnet, dass sich die Emissionserlöse in der ersten Jahreshälfte 2013 auf mehr als 5 Mrd. Euro summierten. Im ersten Halbjahr 2012 sei mit 34 Mio. Euro nicht einmal ein Prozent davon verzeichnet worden. Dabei handelte es sich keineswegs immer um eine Emission im klassischen Sinne. "Emittenten wählen mittlerweile durchaus ungewohnte Wege an die Börse", findet PwC-Partner Christoph Gruss.

Auch das für Montag geplante Börsendebüt der Siemens-Lichttochter Osram ist ein Sonderfall - ein normaler IPO hat nicht geklappt. Siemens-Aktionäre bekommen nun für je zehn Siemens-Aktien einen Anteilsschein von Osram ins Depot gebucht. Ernst & Young-Experte Steinbach glaubt, dass ab September wieder einige bemerkenswerte Börsengänge anstehen könnten.

Viele Unternehmen, die jüngst Interesse an einem Gang auf das Parkett bekundet haben - wie der Armaturenhersteller Grohe oder der Verlag Bastei Lübbe - halten sich noch über einen konkreten Termin bedeckt. Grundsätzlich schwer werden es aus Sicht von Steinbach dabei kleinere IPOs haben. "Investoren schauen derzeit vor allem auf Größe und Volumen.

Quelle: ntv.de, dpa

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