Wirtschaft

Profitieren von der Krise Spanien lockt die Hedgefonds

Hedgefonds wittern Geschäfte.

Hedgefonds wittern Geschäfte.

(Foto: dapd)

Die Turbulenzen in der spanischen Wirtschaft schrecken die Hedgefonds nicht ab, ganz im Gegenteil. Die Investoren wollen sich mit Hilfe der Krise eine goldene Nase verdienen. Wie? Mit Hilfe sogenannter Arbitrage-Strategien.

Während Spanien immer tiefer in die Krise rutscht, hoffen Hedgefonds auf fette Geschäfte. Dabei sind Kreditausfallversicherungen (CDS) auf spanische Anleihen kaum ein Thema mehr - denn die werden inzwischen von vielen Investoren gekauft und sind teuer. Die "Zocker" haben hier längst Gewinne mitgenommen und sind weitergezogen, nach Frankreich zum Beispiel, wo CDS noch vergleichsweise günstig sind. In Spanien setzen Hedgefonds inzwischen auf sogenannte Arbitrage-Strategien: Sie machen Profit, indem sie die Preisdifferenz ("Spread") zwischen gegenläufigen Wertpapieren ausnutzen. "Bei solchen Geschäften ist viel mehr Musik drin", sagt ein Branchenkenner.

Klassisches Beispiel ist der Kauf eines Wertpapiers, das an einem Handelsplatz besonders billig ist, um es zu höheren Kursen an einem anderen Handelsplatz wieder abzustoßen. Damit ist ein quasi risikoloser Gewinn drin. Im Falle Spaniens agieren Hedgefonds noch viel kreativer: Sie setzen auf unterschiedliche Wertpapier-Positionen und koppeln diese so, dass sie relativ gesehen das meiste für den Anleger herausholen.     

Schwächelndes Land, gesunde Firmen

Einer der wenigen Fondsmanager, die ihre Anlagestrategie öffentlich erläutern, ist Louis Gargour vom Londoner Hedgefonds LNG Capital. Er kauft gerade Anleihen spanischer Firmen, die den Löwenanteil ihres Geschäfts im Ausland machen und damit von der Rezession und der Rekord-Arbeitslosenquote auf dem Heimatmarkt ein Stück weit unabhängiger sind, etwa Telefonica. "Das ist ein attraktives Telekom-Unternehmen mit starker Präsenz in den Schwellenländern, steigenden Umsätzen und ordentlichen Margen", erläutert er.

Viele Anleger wüssten nicht zu unterscheiden zwischen dem hochverschuldeten Land und gesunden spanischen Firmen, die relativ günstig bewertet seien. Selbst wenn der spanische Aktienmarkt zusammenbricht, dürfte Telefonica mitsamt seiner Anleihen unterdurchschnittlich verlieren, lautet Gargours Kalkulation. Als Gegenpol hat Gargour Short-Positionen auf spanische Staatsanleihen aufgebaut, wettet also auf ihren Verfall. Das heißt: Wenn sich die spanische Schuldenkrise verschärft, verdient der Hedgefonds-Mann so oder so.           

Gargour versucht auch, an den Spreads zwischen kurzlaufenden und langlaufenden spanischen Staatsanleihen zu verdienen. Er kauft einjährige Bonds und wettet über Leerverkäufe auf fallende Kurse - also höhere Renditen - fünfjähriger Bonds. Je weiter sich die Papiere bei der Rendite auseinander entwickeln, desto besser für ihn. Auf der einen oder anderen Seite fällt immer etwas ab, solange die Papiere nicht in dieselbe Richtung marschieren. In den vergangenen Tagen ging seine Rechnung auf: Die Investoren leihen Spanien am liebsten für einen sehr überschaubaren Zeitraum Geld, die Kurse der Kurzläufer steigen, die Rendite ist deutlich gesunken - ihr Abstand zu den Längerfristigen hat sich vergrößert und somit Gargours Spanne.          

Leichtes Ziel: Spanische Banken

Andere Hedgefonds ticken ähnlich. Kaum einer verlässt sich darauf, dass die südeuropäischen Schuldenstaaten ihre Probleme schnell in den Griff kriegen. Man wettet genau auf das Gegenteil. "Der Ausblick für die Volkswirtschaften in der Peripherie bleibt trostlos", erklärte der Hedgefonds BH Macro unlängst.         

Viele gehen short auf spanische Banken, der Finanzsektor des Landes gilt als marode. Über neue Milliardenspritzen wird seit Wochen spekuliert. Selbst Schwergewicht Santander enttäuschte diese Woche mit seinen Quartalszahlen. Hedgefonds, die zu den heruntergeprügelten Aktienkursen der Institute nicht verkaufen wollen und erst einmal drinbleiben, bauen im Gegenzug Leerverkaufspositionen für andere spanische Aktien auf, um das Risiko zumindest zu begrenzen, berichten Insider.     

"Der Markt ist im Moment sehr unruhig", beschreibt Sandy Rattray vom Hedgefonds MAN Group die Lage. Dabei sei die Nervosität der Anleger eigentlich ein bisschen übertrieben. "Was wissen wir heute über Spanien, was wir vor drei Wochen noch nicht wussten?" MAN leistet sich ein vollautomatisches Computerprogramm, mit dem auffällige Preisentwicklungen und Trades an den Märkten beobachtet werden können. Quasi ein Seismograph. Im vergangenen Jahr konnte sich der Hedgefonds so frühzeitig gegen die Zuspitzung der Schuldenkrise in Griechenland absichern. Bei Spanien bleibt MAN im Moment noch ruhig. "Die Versicherungskosten sind stärker gestiegen, als es nach unseren Berechnungen eigentlich der Fall sein sollte", sagt Rattray, einer der Chefs der Strategie-Sparte.

Andere haben Spanien ohnehin schon abgehakt. Sie nehmen sich Frankreich vor, wo gerade der Präsidentschaftswahlkampf auf Hochtouren läuft. Vieles sieht danach aus, dass sich der konservative Amtsinhaber Nicolas Sarkozy seinem sozialistischen Herausforderer Francois Hollande geschlagen geben muss. Hedgefonds-Star Philippe Gougenheim, der bald mit einem neuen globalen Fonds an den Start gehen will, kauft schon jetzt fleißig CDS auf französische Staatsanleihen. "Frankreich ist ein sehr interessanter Fall", frohlockt er. "Wenn Hollande gewinnt, dann wird er als erstes den Staatshaushalt unter die Lupe nehmen - und der sieht mit Sicherheit nicht gut aus."     

Quelle: ntv.de, Laurence Fletcher, rts

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