Wirtschaft

Griechische Geheimgeschäfte Dubiose Deals eines Bankers

Michalis Sallas: Sein Name ist untrennbar mit der Piraeus Bank verbunden.

Michalis Sallas: Sein Name ist untrennbar mit der Piraeus Bank verbunden.

(Foto: REUTERS)

Um das Image der griechischen Wirtschaft ist es nicht gut bestellt. Da machen auch die Banken keine Ausnahme. In den Fokus rückt dabei die Piraeus Bank - eines der größten Finanzinstitute des Landes - und dessen Chairman Sallas. Er soll dubiose Immobiliengeschäfte mit Hilfe seiner Familie abgewickelt haben. Sallas schweigt zu den Vorwürfen.

Er ist der Chef einer der größten griechischen Banken, in deren Büchern zur Hochphase des Wirtschaftsbooms Kredite von über 35 Mrd. Euro standen. Sie ist eine hingebungsvolle Ehefrau, die über Stiftungen das soziale Engagement seiner Piraeus Bank überwachte. Zusammen sind Michalis Sallas und Sophia Staikou ein Vorzeigepaar - ihr Erfolg steht beispielhaft für den Aufstieg einiger weniger Griechen in den Wachstumsjahren nach dem Beitritt zur Eurozone 2001. Doch wie eine umfangreiche Reuters-Recherche zeigt, scheinen Sallas und Staikou auch ein Symbol für die mangelnde Transparenz und die Missachtung der Regeln guter Unternehmensführung zu sein, die die Schuldenkrise in Griechenland in den vergangenen Jahren verschärft haben.

Die griechischen Banken werden dank der europäischen Steuerzahler und des Internationalen Währungsfonds in Kürze mit schätzungsweise 30 Mrd. bis 50 Mrd. Euro rekapitalisiert. Das Geld ist Teil des zweiten Rettungspakets für Griechenland. Nach Einschätzung von Analysten wird die Piraeus Bank davon bis zu 3,5 Mrd. Euro erhalten.

Der heutige Chairman Sallas übernahm das Ruder bei Piraeus vor 21 Jahren, noch bevor der Staat die Bank privatisierte. Er ist im Besitz von rund 1,5 Prozent der Piraeus-Aktien, deren Börsenwert seit der Hochphase 2007 um 97 Prozent abgestürzt ist. Allerdings hat Sallas mit Hilfe seiner Frau Sophia, seiner beiden Kinder Giorgos und Myrto sowie früherer Piraeus-Manager ein Netz von privaten Investmentunternehmen betrieben, die über dubiose Immobiliengeschäfte mit seiner Bank Millionen Euro Gewinn machten, wie aus öffentlich zugänglichen Dokumenten sowie Grundbucheintragungen hervorgeht.

Investoren tappen im Dunkeln

In ihren Finanzberichten wies die Bank nicht explizit auf die Immobiliengeschäfte und die Eigentümerverhältnisse von Sallas' privaten Investmentunternehmen hin. Doch nach Einschätzung mehrerer Bilanzprüfer hätten diese Details gemäß den Internationalen Richtlinien für Buchhaltung (IFRS), an denen sich auch Piraeus seit 2005 eigentlich orientieren sollte, als sogenannte "related party transactions" eindeutig kenntlich gemacht werden müssen. Schließlich handelt es sich um mögliche Interessenskonflikte.

Auf Anfrage lehnten Piraeus und Sallas eine Stellungnahme zu den offenbar bewusst geheim gehaltenen Informationen ab. Sie verwiesen dabei auf ein laufendes Ermittlungsverfahren gegen eine ehemalige Piraeus-Mitarbeiterin, die im Zusammenhang mit den Immobiliengeschäften von der Bank wegen Untreue und Verbreitung falscher Informationen angezeigt wurde. Die Bankerin weist die Vorwürfe zurück. Nach Angaben eines ranghohen Behördenvertreters wird der Fall nun von der Finanzpolizei und der Stelle für Geldwäschebekämpfung untersucht.

Im Zuge der Recherche konnten elf Investmentunternehmen identifiziert werden, die in Immobiliengeschäfte mit Piraeus verwickelt waren und in deren Aufsichtsgremien enge Familienmitglieder von Sallas vertreten waren. Seine Ehefrau Sophia Staikou war Direktorin bei neun der Firmen, seine Kinder Giorgos und Myrto waren zumindest auf dem Papier bei je vier dieser Firmen im Kontrollgremium engagiert. Sallas selbst wurde in keinem der Investmentunternehmen als Direktor aufgeführt. Doch in der Praxis war das Familienoberhaupt offenbar stärker im Tagesgeschäft der Investmentunternehmen engagiert.

Tochter will nichts gewusst haben

So lehnte Sallas' Tochter Myrto auf Anfrage eine Stellungnahme ab: "Ich kann Ihnen dabei nicht weiterhelfen, vielleicht sprechen Sie besser mit meinem Vater darüber." Nur soviel ließ sie sich noch entlocken: Von den Immobiliengeschäften habe sie nichts gewusst. Ihr Bruder Giorgos Sallas war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Die Piraeus Bank ist eines der größten griechischen Finanzinstitute.

Die Piraeus Bank ist eines der größten griechischen Finanzinstitute.

(Foto: REUTERS)

Das Muster war bei allen Transaktionen gleich: Die Investmentfirmen der Sallas-Familie kauften Immobilien und Grundstücke mit Hilfe von Darlehen der Piraeus Bank. Das Geldhaus mietete dann mindestens sieben Gebäude von den Firmen zurück und nutzte diese unter anderem als Filialen. Zudem kaufte Piraeus zur Hochphase des Immobilienbooms mehrere Anwesen von den Investmentunternehmen des Sallas-Clans über Mittelsmänner zurück. Ferner gewährte Piraeus anderen Käufern Darlehen, damit diese Immobilien von den Investmentunternehmen erwerben konnten.

Von allen Transaktionen zwischen Piraeus und den Unternehmen der Sallas-Familie fallen drei Immobiliengeschäfte besonders auf. Dabei geht es um drei Immobilien in der Innenstadt von Athen, die Piraeus im April 2006 für zusammen 9,4 Mio. Euro kaufte: das Erdgeschoss eines Bürogebäudes sowie zwei Stadtvillen. Die Immobilien gehörten zunächst drei Unternehmen, in denen Sallas Ehefrau das Kontrollgremium leitete oder darin als Direktorin vertreten war: Agallon, Erechtheas und MGS - die Initialien von Michalis G. Sallas.

"Das wurde ohne mein Wissen gemacht"

Wie aus Grundstücksunterlagen hervorgeht, kauften die Mittelsmänner die drei Immobilien zu einem ungewöhnlich niedrigen Preis und verkauften diese dann innerhalb von nur drei Wochen für mehr als das Doppelte an die Piraeus Bank weiter. Auf dem Papier strichen die drei Geschäftsleute fast 6 Mio. Euro Gewinn ein - und das in nicht einmal einem Monat. Fraglich ist, ob das Geld tatsächlich bei ihnen landete. So zeigte sich zumindest einer der drei Geschäftspartner völlig überrascht, als er auf den Deal mit dem Sallas-Clan angesprochen wurde. "Ich habe niemals eine Immobilie in Athen besessen", sagt der in London lebende Geschäftsmann Philip Moufarrige auf Reuters-Anfrage. "Das wurde ohne mein Wissen gemacht." Der Athen lebende Notar bestätigte, dass er Kauf und Verkauf in Abwesenheit von Moufarrige eingefädelt habe.

Nach Aussage Maklern und Juristen in Athen ist der Kauf und Verkauf von Immobilien über mehrere Geschäftspartner innerhalb eines kurzen Zeitraums oft ein Hinweis für Steuerhinterziehung. Solche Geschäfte sind zwar grundsätzlich legal, wenn bei jedem Verkaufsschritt die Abgabe an den griechischen Staat geleistet wird. Doch da zumindest der Geschäftsmann in London nach eigenem Bekunden keinen blassen Schimmer von seinem Millionen-Deal mit dem Sallas-Clan hatte, ist zumindest fraglich, ob bei den Transaktionen alles mit rechten Dingen zuging.

Andere Banken haben auch getrickst

Ein Manager, der bei einem der vielen Investmentunternehmen des Sallas-Clans in der Geschäftsführung arbeitete, räumte ein, dass die verschachtelten Transaktionen wohl nicht immer ganz legal gewesen seien. Zur Hochphase des Immobilienbooms seien in Athen aber noch ganz andere Dinge gelaufen. "Es wäre nicht fair, Ihre Recherche allein auf Sallas und Piraeus zu begrenzen", sagt der Insider. "Jeder in der Branche weiß, dass es noch andere Banken gibt, die ähnliche Tricks nutzten und damit weitaus schlimmerer Dinge anstellten, als Bankfilialen zu kaufen und zu verkaufen."

Ein in London ansässiger Sprecher der Piraeus Bank wollte sich nicht im Detail zu den Immobiliengeschäften äußern. Er versicherte aber, dass die griechischen Geldhäuser mittlerweile zu den "am besten geprüften Banken in der ganzen Welt" zählten. Es gebe keinen Grund daran zu zweifeln, dass sich Piraeus an die Regeln guter Unternehmensführung halte. Der Sprecher  verwies auf eine Untersuchung der vergebenen Kredite aller griechischen Banken, die von der griechischen Zentralbank in Auftrag gegeben und von dem US-Vermögensverwalter Blackrock durchgeführt wurde. Die Ergebnisse sollen in den nächsten Wochen veröffentlich werden.

Die griechische Zentralbank sah sich auch auf wiederholte Nachfrage nicht in der Lage zu erklären, welche Verhaltensregeln für griechische Banken allgemein gelten, um Interessenskonflikte zu vermeiden und Transparenz herzustellen. Auch auf konkrete Fragen zu den Immobiliengeschäften der Piraeus Bank und der Sallas-Familie erhielt Reuters keine Antwort. Die griechische Zentralbank ist für die Regulierung des Bankensektor zuständig.

"Interessenkonflikt suggeriert"

Nach Einschätzung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der Buchpüfer von BDO hätte Piraeus definitiv für mehr Transparenz sorgen müssen. "Die Tatsache, dass Familienmitglieder in Aufsichtsgremien von Unternehmen sitzen, die Geschäfte mit der Bank machen, ist bereits Anlass genug, um einen möglichen Interessenskonflikt zu suggerieren", sagt Grant Kirkpatrick, Vize-Chef der OECD-Abteilung für Unternehmensangelegenheiten. BDO-Direktor Brian Creighton lehnte zwar einen Kommentar zum konkreten Fall ab, fügte aber allgemein hinzu: "Transaktionen wie Immobilienverkäufe, Darlehen, Leasingverträge oder Mietverhältnisse sollten immer öffentlich gemacht werden, wenn sie zwischen verwandten Parteien zustande kommen."

Ob die geheimen Immobiliengeschäfte des griechischen Bankers Sallas und seiner Ehefrau ein juristisches Nachspiel haben, ist offen. Sicher dürfte aber sein, dass dies auch nichts mehr an dem zweiten Rettungspaket und der Milliarden-Finanzspritze für Piraeus und die anderen griechischen Banken ändern dürfte.

Quelle: ntv.de, Stephen Grey, rts

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